Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

überhaupt seyn dürfte. Die Lehrer der auf eine
unmittelbare Mittheilung der Gottheit gegründeten
Systeme könnten hiebey immer fortfahren, die Un-
zuläuglichkeit der Vernunftwahrheiten und die Noth-
wendigkeit einer höhern Bestätigung oder Vermeh-
rung derselben mit der Vernunft unerreichbaren

Wahr-
nen, die in Böhmen keine gute Bürger sind, sollen es
doch in Siebenbürgen seyn, sollen sogar hier die Gränze
des Staats gegen einen Nachbar, der vielleicht nicht
immer ein freundschaftlicher ist, vertheidigen? Und
diese Vertheidigung soll Menschen anvertrauet wer-
den, die von Haus und Hof verjag: sind, denen man
ankündigt, daß man ihre Weiber und Kinder in dieser
und jener Welt unglücklich machen wolle, und denen
man nach verlaufnen acht Tagen nicht einmal den
Uebergang zu einer begünstigtern Lehre und die
Rückkehr in ihr Vaterland gestatten will? -- Vereini-
ge wer da kann, diese Widersprüche; ich werde mich,
ohne die unwiderlegbarsten Beweise, nie überzeu-
gen, daß eine von jedem Freunde der Menschheit so
gepriesene Duldung sich außer dem alleinseeligma-
chenden Glauben
(ein Ausdruck, der des Canzleystils
einer aufgeklärten Regierung ganz unwürdig ist)
nur auf wenige besonders autorisirte Religionspar-
theyen einschränke, und dann -- bedauern, daß
auch

uͤberhaupt ſeyn duͤrfte. Die Lehrer der auf eine
unmittelbare Mittheilung der Gottheit gegruͤndeten
Syſteme koͤnnten hiebey immer fortfahren, die Un-
zulaͤuglichkeit der Vernunftwahrheiten und die Noth-
wendigkeit einer hoͤhern Beſtaͤtigung oder Vermeh-
rung derſelben mit der Vernunft unerreichbaren

Wahr-
nen, die in Boͤhmen keine gute Buͤrger ſind, ſollen es
doch in Siebenbuͤrgen ſeyn, ſollen ſogar hier die Graͤnze
des Staats gegen einen Nachbar, der vielleicht nicht
immer ein freundſchaftlicher iſt, vertheidigen? Und
dieſe Vertheidigung ſoll Menſchen anvertrauet wer-
den, die von Haus und Hof verjag: ſind, denen man
ankuͤndigt, daß man ihre Weiber und Kinder in dieſer
und jener Welt ungluͤcklich machen wolle, und denen
man nach verlaufnen acht Tagen nicht einmal den
Uebergang zu einer beguͤnſtigtern Lehre und die
Ruͤckkehr in ihr Vaterland geſtatten will? — Vereini-
ge wer da kann, dieſe Widerſpruͤche; ich werde mich,
ohne die unwiderlegbarſten Beweiſe, nie uͤberzeu-
gen, daß eine von jedem Freunde der Menſchheit ſo
geprieſene Duldung ſich außer dem alleinſeeligma-
chenden Glauben
(ein Ausdruck, der des Canzleyſtils
einer aufgeklaͤrten Regierung ganz unwuͤrdig iſt)
nur auf wenige beſonders autoriſirte Religionspar-
theyen einſchraͤnke, und dann — bedauern, daß
auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0192" n="184"/>
u&#x0364;berhaupt &#x017F;eyn du&#x0364;rfte. Die Lehrer der auf eine<lb/>
unmittelbare Mittheilung der Gottheit gegru&#x0364;ndeten<lb/>
Sy&#x017F;teme ko&#x0364;nnten hiebey immer fortfahren, die Un-<lb/>
zula&#x0364;uglichkeit der Vernunftwahrheiten und die Noth-<lb/>
wendigkeit einer ho&#x0364;hern Be&#x017F;ta&#x0364;tigung oder Vermeh-<lb/>
rung der&#x017F;elben mit der Vernunft unerreichbaren<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wahr-</fw><lb/><note next="#note-0193" xml:id="note-0192" prev="#note-0191" place="foot" n="*)">nen, die in Bo&#x0364;hmen keine gute Bu&#x0364;rger &#x017F;ind, &#x017F;ollen es<lb/>
doch in Siebenbu&#x0364;rgen &#x017F;eyn, &#x017F;ollen &#x017F;ogar hier die Gra&#x0364;nze<lb/>
des Staats gegen einen Nachbar, der vielleicht nicht<lb/>
immer ein freund&#x017F;chaftlicher i&#x017F;t, vertheidigen? Und<lb/>
die&#x017F;e Vertheidigung &#x017F;oll Men&#x017F;chen anvertrauet wer-<lb/>
den, die von Haus und Hof verjag: &#x017F;ind, denen man<lb/>
anku&#x0364;ndigt, daß man ihre Weiber und Kinder in die&#x017F;er<lb/>
und jener Welt unglu&#x0364;cklich machen wolle, und denen<lb/>
man nach verlaufnen acht Tagen nicht einmal den<lb/>
Uebergang zu einer begu&#x0364;n&#x017F;tigtern Lehre und die<lb/>
Ru&#x0364;ckkehr in ihr Vaterland ge&#x017F;tatten will? &#x2014; Vereini-<lb/>
ge wer da kann, die&#x017F;e Wider&#x017F;pru&#x0364;che; ich werde mich,<lb/>
ohne die unwiderlegbar&#x017F;ten Bewei&#x017F;e, nie u&#x0364;berzeu-<lb/>
gen, daß eine von jedem Freunde der Men&#x017F;chheit &#x017F;o<lb/>
geprie&#x017F;ene Duldung &#x017F;ich außer dem <hi rendition="#fr">allein&#x017F;eeligma-<lb/>
chenden Glauben</hi> (ein Ausdruck, der des Canzley&#x017F;tils<lb/>
einer aufgekla&#x0364;rten Regierung ganz unwu&#x0364;rdig i&#x017F;t)<lb/>
nur auf wenige be&#x017F;onders autori&#x017F;irte Religionspar-<lb/>
theyen ein&#x017F;chra&#x0364;nke, und dann &#x2014; bedauern, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auch</fw></note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0192] uͤberhaupt ſeyn duͤrfte. Die Lehrer der auf eine unmittelbare Mittheilung der Gottheit gegruͤndeten Syſteme koͤnnten hiebey immer fortfahren, die Un- zulaͤuglichkeit der Vernunftwahrheiten und die Noth- wendigkeit einer hoͤhern Beſtaͤtigung oder Vermeh- rung derſelben mit der Vernunft unerreichbaren Wahr- *) *) nen, die in Boͤhmen keine gute Buͤrger ſind, ſollen es doch in Siebenbuͤrgen ſeyn, ſollen ſogar hier die Graͤnze des Staats gegen einen Nachbar, der vielleicht nicht immer ein freundſchaftlicher iſt, vertheidigen? Und dieſe Vertheidigung ſoll Menſchen anvertrauet wer- den, die von Haus und Hof verjag: ſind, denen man ankuͤndigt, daß man ihre Weiber und Kinder in dieſer und jener Welt ungluͤcklich machen wolle, und denen man nach verlaufnen acht Tagen nicht einmal den Uebergang zu einer beguͤnſtigtern Lehre und die Ruͤckkehr in ihr Vaterland geſtatten will? — Vereini- ge wer da kann, dieſe Widerſpruͤche; ich werde mich, ohne die unwiderlegbarſten Beweiſe, nie uͤberzeu- gen, daß eine von jedem Freunde der Menſchheit ſo geprieſene Duldung ſich außer dem alleinſeeligma- chenden Glauben (ein Ausdruck, der des Canzleyſtils einer aufgeklaͤrten Regierung ganz unwuͤrdig iſt) nur auf wenige beſonders autoriſirte Religionspar- theyen einſchraͤnke, und dann — bedauern, daß auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/192
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/192>, abgerufen am 21.11.2024.