den würden meiner Meynung nach, angenommen und zu gleichen Freyheiten, wie die übrigen zugelas- sen, aber auf keine Weise würden sie geruffen und angelockt werden müssen. Da die Juden durch die lange Herabwürdigung, in der sie Jahrhunderte gelebt, nun einmal politisch verderbter sind und erst in einigen Generationen ganz brauchbare Glieder der Gesellschaft werden können, so würde es unpolitisch seyn, gerade mit diesen noch zu bildenden und erst in ihren Nachkommen die Mühe eigentlich belohnenden Fremdlingen, die Zahl der alten Einwohner vermeh- ren zu wollen, die allerdings über eine solche Be- günstigung noch nicht so tauglicher und durch ihre Fehler ihnen nachtheiliger Menschen (so wie anderer Herumläufer auch) sich zu beschweren gerechte Ursa- che hätten. Ich hoffe man wird mich hier unpar- theyisch und von aller mir gewiß mit Unrecht beyge- legten Vorliebe für die Juden, frey finden. So sehr ich die bessere Behandlung derselben wünsche, so glaube ich doch, daß, so lange sie noch immer die sind, zu denen freylich wir sie gemacht haben, ein Staat der sich veranlaßt findet, Fremde durch Vor- theile und Wohlthaten anzuziehen, besser thue jede andere Colonisten zu wählen, als jüdische. Ich gehe noch einen Schritt weiter. Wenn nur ein Staat
die
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den wuͤrden meiner Meynung nach, angenommen und zu gleichen Freyheiten, wie die uͤbrigen zugelaſ- ſen, aber auf keine Weiſe wuͤrden ſie geruffen und angelockt werden muͤſſen. Da die Juden durch die lange Herabwuͤrdigung, in der ſie Jahrhunderte gelebt, nun einmal politiſch verderbter ſind und erſt in einigen Generationen ganz brauchbare Glieder der Geſellſchaft werden koͤnnen, ſo wuͤrde es unpolitiſch ſeyn, gerade mit dieſen noch zu bildenden und erſt in ihren Nachkommen die Muͤhe eigentlich belohnenden Fremdlingen, die Zahl der alten Einwohner vermeh- ren zu wollen, die allerdings uͤber eine ſolche Be- guͤnſtigung noch nicht ſo tauglicher und durch ihre Fehler ihnen nachtheiliger Menſchen (ſo wie anderer Herumlaͤufer auch) ſich zu beſchweren gerechte Urſa- che haͤtten. Ich hoffe man wird mich hier unpar- theyiſch und von aller mir gewiß mit Unrecht beyge- legten Vorliebe fuͤr die Juden, frey finden. So ſehr ich die beſſere Behandlung derſelben wuͤnſche, ſo glaube ich doch, daß, ſo lange ſie noch immer die ſind, zu denen freylich wir ſie gemacht haben, ein Staat der ſich veranlaßt findet, Fremde durch Vor- theile und Wohlthaten anzuziehen, beſſer thue jede andere Coloniſten zu waͤhlen, als juͤdiſche. Ich gehe noch einen Schritt weiter. Wenn nur ein Staat
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den wuͤrden meiner Meynung nach, angenommen
und zu gleichen Freyheiten, wie die uͤbrigen zugelaſ-
ſen, aber auf keine Weiſe wuͤrden ſie geruffen und
angelockt werden muͤſſen. Da die Juden durch
die lange Herabwuͤrdigung, in der ſie Jahrhunderte
gelebt, nun einmal politiſch verderbter ſind und erſt
in einigen Generationen ganz brauchbare Glieder der
Geſellſchaft werden koͤnnen, ſo wuͤrde es unpolitiſch
ſeyn, gerade mit dieſen noch zu bildenden und erſt in
ihren Nachkommen die Muͤhe eigentlich belohnenden
Fremdlingen, die Zahl der alten Einwohner vermeh-
ren zu wollen, die allerdings uͤber eine ſolche Be-
guͤnſtigung noch nicht ſo tauglicher und durch ihre
Fehler ihnen nachtheiliger Menſchen (ſo wie anderer
Herumlaͤufer auch) ſich zu beſchweren gerechte Urſa-
che haͤtten. Ich hoffe man wird mich hier unpar-
theyiſch und von aller mir gewiß mit Unrecht beyge-
legten Vorliebe fuͤr die Juden, frey finden. So
ſehr ich die beſſere Behandlung derſelben wuͤnſche,
ſo glaube ich doch, daß, ſo lange ſie noch immer die
ſind, zu denen freylich wir ſie gemacht haben, ein
Staat der ſich veranlaßt findet, Fremde durch Vor-
theile und Wohlthaten anzuziehen, beſſer thue jede
andere Coloniſten zu waͤhlen, als juͤdiſche. Ich
gehe noch einen Schritt weiter. Wenn nur ein Staat
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/177>, abgerufen am 16.02.2025.
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