Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.wenn er allen Eingebornen und Fremden den voll- kom- Mittel diesen Zweck -- das allgemein größtmöglich-
ste Wohl -- zu erreichen, aber auch dieses nur hy- pothetisch, weil doch der Fall sich denken läßt, da ein Land gerade so viel Menschen hat, als es nach allen seinen physischen und politischen Verhältnissen ernähren kann. Alle unsere größere Staaten sind von der Wirklichkeit dieses Falls noch unendlich weit entfernt, und vielleicht erreichen sie ihn nie; aber da er möglich ist, erfordert doch die philosophische Genau- igkeit der Begriffe ihn nicht zu übersehn, und die un- auf hörliche Zunahme der Bevölkerung ist also nicht absolut, sondern nur unter einer Bedingung, die aber in allen unsern grössern Staaten eintritt, das zweckmäßigste Mittel zu Beförderung der Wohl- fahrt des Staats. Dieses Raisonnement scheint mir noch itzt sehr richtig, aber auch eben so sehr, was Hr. Moses bemerkt, "daß der Regent durchaus hier- auf keine Rücksicht nehmen, die zunehmende Be- völkerung nie verhindern, sondern der Natur ganz ihren Lauf und das Gefäß sich anfüllen lassen müsse, bis es überläuft." Diese Meynung ist um so mehr auch die meinige, da ich sehr zweifle, ob vielleicht einer unserer Staaten das ihm erreichbare Maaß von Bevölkerung je erreichen werde, weil eben die Vermehrung immer neue Beschäftigungsmittel, also neue Quellen einer fortgehenden Zunahme eröfnet. wenn er allen Eingebornen und Fremden den voll- kom- Mittel dieſen Zweck — das allgemein groͤßtmoͤglich-
ſte Wohl — zu erreichen, aber auch dieſes nur hy- pothetiſch, weil doch der Fall ſich denken laͤßt, da ein Land gerade ſo viel Menſchen hat, als es nach allen ſeinen phyſiſchen und politiſchen Verhaͤltniſſen ernaͤhren kann. Alle unſere groͤßere Staaten ſind von der Wirklichkeit dieſes Falls noch unendlich weit entfernt, und vielleicht erreichen ſie ihn nie; aber da er moͤglich iſt, erfordert doch die philoſophiſche Genau- igkeit der Begriffe ihn nicht zu uͤberſehn, und die un- auf hoͤrliche Zunahme der Bevoͤlkerung iſt alſo nicht abſolut, ſondern nur unter einer Bedingung, die aber in allen unſern groͤſſern Staaten eintritt, das zweckmaͤßigſte Mittel zu Befoͤrderung der Wohl- fahrt des Staats. Dieſes Raiſonnement ſcheint mir noch itzt ſehr richtig, aber auch eben ſo ſehr, was Hr. Moſes bemerkt, „daß der Regent durchaus hier- auf keine Ruͤckſicht nehmen, die zunehmende Be- voͤlkerung nie verhindern, ſondern der Natur ganz ihren Lauf und das Gefaͤß ſich anfuͤllen laſſen muͤſſe, bis es uͤberlaͤuft.“ Dieſe Meynung iſt um ſo mehr auch die meinige, da ich ſehr zweifle, ob vielleicht einer unſerer Staaten das ihm erreichbare Maaß von Bevoͤlkerung je erreichen werde, weil eben die Vermehrung immer neue Beſchaͤftigungsmittel, alſo neue Quellen einer fortgehenden Zunahme eroͤfnet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0168" n="160"/> wenn er allen Eingebornen und Fremden den voll-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">kom-</fw><lb/><note xml:id="note-0168" prev="#note-0167" place="foot" n="*)"><hi rendition="#fr">Mittel</hi> dieſen Zweck — das allgemein groͤßtmoͤglich-<lb/> ſte Wohl — zu erreichen, aber auch dieſes nur hy-<lb/> pothetiſch, weil doch der Fall ſich denken laͤßt, da<lb/> ein Land gerade ſo viel Menſchen hat, als es nach<lb/> allen ſeinen phyſiſchen und politiſchen Verhaͤltniſſen<lb/> ernaͤhren kann. Alle unſere groͤßere Staaten ſind<lb/> von der Wirklichkeit dieſes Falls noch unendlich weit<lb/> entfernt, und vielleicht erreichen ſie ihn nie; aber da<lb/> er moͤglich iſt, erfordert doch die philoſophiſche Genau-<lb/> igkeit der Begriffe ihn nicht zu uͤberſehn, und die un-<lb/> auf hoͤrliche Zunahme der Bevoͤlkerung iſt alſo nicht<lb/><hi rendition="#fr">abſolut</hi>, ſondern nur unter einer <hi rendition="#fr">Bedingung, die<lb/> aber in allen unſern groͤſſern Staaten eintritt</hi>,<lb/> das zweckmaͤßigſte Mittel zu Befoͤrderung der Wohl-<lb/> fahrt des Staats. Dieſes Raiſonnement ſcheint mir<lb/> noch itzt ſehr richtig, aber auch eben ſo ſehr, was<lb/> Hr. <hi rendition="#fr">Moſes</hi> bemerkt, „daß der Regent durchaus hier-<lb/> auf keine Ruͤckſicht nehmen, die zunehmende Be-<lb/> voͤlkerung nie verhindern, ſondern der Natur ganz<lb/> ihren Lauf und das Gefaͤß ſich anfuͤllen laſſen muͤſſe,<lb/> bis es uͤberlaͤuft.“ Dieſe Meynung iſt um ſo mehr<lb/> auch die meinige, da ich ſehr zweifle, ob vielleicht<lb/> einer unſerer Staaten das ihm erreichbare Maaß<lb/> von Bevoͤlkerung je erreichen werde, weil eben die<lb/> Vermehrung immer neue Beſchaͤftigungsmittel, alſo<lb/> neue Quellen einer fortgehenden Zunahme eroͤfnet.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [160/0168]
wenn er allen Eingebornen und Fremden den voll-
kom-
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*) Mittel dieſen Zweck — das allgemein groͤßtmoͤglich-
ſte Wohl — zu erreichen, aber auch dieſes nur hy-
pothetiſch, weil doch der Fall ſich denken laͤßt, da
ein Land gerade ſo viel Menſchen hat, als es nach
allen ſeinen phyſiſchen und politiſchen Verhaͤltniſſen
ernaͤhren kann. Alle unſere groͤßere Staaten ſind
von der Wirklichkeit dieſes Falls noch unendlich weit
entfernt, und vielleicht erreichen ſie ihn nie; aber da
er moͤglich iſt, erfordert doch die philoſophiſche Genau-
igkeit der Begriffe ihn nicht zu uͤberſehn, und die un-
auf hoͤrliche Zunahme der Bevoͤlkerung iſt alſo nicht
abſolut, ſondern nur unter einer Bedingung, die
aber in allen unſern groͤſſern Staaten eintritt,
das zweckmaͤßigſte Mittel zu Befoͤrderung der Wohl-
fahrt des Staats. Dieſes Raiſonnement ſcheint mir
noch itzt ſehr richtig, aber auch eben ſo ſehr, was
Hr. Moſes bemerkt, „daß der Regent durchaus hier-
auf keine Ruͤckſicht nehmen, die zunehmende Be-
voͤlkerung nie verhindern, ſondern der Natur ganz
ihren Lauf und das Gefaͤß ſich anfuͤllen laſſen muͤſſe,
bis es uͤberlaͤuft.“ Dieſe Meynung iſt um ſo mehr
auch die meinige, da ich ſehr zweifle, ob vielleicht
einer unſerer Staaten das ihm erreichbare Maaß
von Bevoͤlkerung je erreichen werde, weil eben die
Vermehrung immer neue Beſchaͤftigungsmittel, alſo
neue Quellen einer fortgehenden Zunahme eroͤfnet.
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