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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

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zu beygetragen: er hält die drey Religionspartheyen
gleich, und nimmt den Pfaffen das Objectum litis --
das Gold. Worüber sollten sie also mehr streiten?

Mit einem Wort! der Unterschied, den man im
bürgerlichen Leben zwischen den verschiedenen Reli-
gionspartheyen macht, ist seiner Folgen wegen der
größte Grad der Intoleranz.

Man sagt: der Jude ist von Natur ganz Wu-
cher. Dieses kommt mir vor als wenn man sagte:
der Advocat ist ganz Prozeß, der Kaufmann ist ganz
Handel. Womit soll sich denn der arme Israelit er-
nähren? Ich habe selten einen schelmischen
Judenhandel gesehen, hinter dem nicht ein
schurkischer Christ gestecket
*).

Und diese ist eine der Hauptursachen warum sich
diese Haupteigenheit der Juden in christlichen Städ-
ten erhält, in ihren Mauern aber gröstentheils weg-
fallen würde.

Es ist richtig, daß das Halten der Gesellen, Jun-
gen und Dienstboten aus der jüdischen Nation selbst,
sie zu einer ruhigern Lebensart gewöhnen würde,
weil es sie noch mehr nöthigte sich auf Handwerker

und
*) Ich muß hiebey bemerken, daß dieses ein angese-
hener Geschäftsmann sagt, der gewiß viele Gelegen-
heit gehabt hat, hierüber Erfahrungen zu machen. D.

zu beygetragen: er haͤlt die drey Religionspartheyen
gleich, und nimmt den Pfaffen das Objectum litis
das Gold. Woruͤber ſollten ſie alſo mehr ſtreiten?

Mit einem Wort! der Unterſchied, den man im
buͤrgerlichen Leben zwiſchen den verſchiedenen Reli-
gionspartheyen macht, iſt ſeiner Folgen wegen der
groͤßte Grad der Intoleranz.

Man ſagt: der Jude iſt von Natur ganz Wu-
cher. Dieſes kommt mir vor als wenn man ſagte:
der Advocat iſt ganz Prozeß, der Kaufmann iſt ganz
Handel. Womit ſoll ſich denn der arme Iſraelit er-
naͤhren? Ich habe ſelten einen ſchelmiſchen
Judenhandel geſehen, hinter dem nicht ein
ſchurkiſcher Chriſt geſtecket
*).

Und dieſe iſt eine der Haupturſachen warum ſich
dieſe Haupteigenheit der Juden in chriſtlichen Staͤd-
ten erhaͤlt, in ihren Mauern aber groͤſtentheils weg-
fallen wuͤrde.

Es iſt richtig, daß das Halten der Geſellen, Jun-
gen und Dienſtboten aus der juͤdiſchen Nation ſelbſt,
ſie zu einer ruhigern Lebensart gewoͤhnen wuͤrde,
weil es ſie noch mehr noͤthigte ſich auf Handwerker

und
*) Ich muß hiebey bemerken, daß dieſes ein angeſe-
hener Geſchaͤftsmann ſagt, der gewiß viele Gelegen-
heit gehabt hat, hieruͤber Erfahrungen zu machen. D.
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[124/0132] zu beygetragen: er haͤlt die drey Religionspartheyen gleich, und nimmt den Pfaffen das Objectum litis — das Gold. Woruͤber ſollten ſie alſo mehr ſtreiten? Mit einem Wort! der Unterſchied, den man im buͤrgerlichen Leben zwiſchen den verſchiedenen Reli- gionspartheyen macht, iſt ſeiner Folgen wegen der groͤßte Grad der Intoleranz. Man ſagt: der Jude iſt von Natur ganz Wu- cher. Dieſes kommt mir vor als wenn man ſagte: der Advocat iſt ganz Prozeß, der Kaufmann iſt ganz Handel. Womit ſoll ſich denn der arme Iſraelit er- naͤhren? Ich habe ſelten einen ſchelmiſchen Judenhandel geſehen, hinter dem nicht ein ſchurkiſcher Chriſt geſtecket *). Und dieſe iſt eine der Haupturſachen warum ſich dieſe Haupteigenheit der Juden in chriſtlichen Staͤd- ten erhaͤlt, in ihren Mauern aber groͤſtentheils weg- fallen wuͤrde. Es iſt richtig, daß das Halten der Geſellen, Jun- gen und Dienſtboten aus der juͤdiſchen Nation ſelbſt, ſie zu einer ruhigern Lebensart gewoͤhnen wuͤrde, weil es ſie noch mehr noͤthigte ſich auf Handwerker und *) Ich muß hiebey bemerken, daß dieſes ein angeſe- hener Geſchaͤftsmann ſagt, der gewiß viele Gelegen- heit gehabt hat, hieruͤber Erfahrungen zu machen. D.

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Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/132>, abgerufen am 23.11.2024.