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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Jch aber erlaube mir zu meinen, daß dieses Verschluß-
system eine unwürdige und unzweckmäßige Einrichtung
ist, für deren Abschaffung ich plaidire.

Jn den meisten Haushaltungen wird die Köchin mit
den nöthigen Zuthaten zu den Speisen in folgender
Weise versorgt:

Nach dem Frühstück pflegt die Hausfrau mit einem
großen Schlüssel das Allerheiligste des Hauses, die Speise-
kammer, zu öffnen, um in zweckentsprechenden Gefäßen
häufchenweise Zucker, Butter, Mehl, Eier u. s. w. auf-
zuschichten. Nachdem dieses Werk vollbracht, verläßt sie
die Küche.

Welche Mittel stehen nun der Hausfrau zu Gebot,
diese Zuthaten vor dem Diebssinn der Köchin sicher zu
stellen?

So sehr ich meinen Verstand anstrenge, kann ich
nur etwa folgende entdecken.

Madame läßt sich ihr Nähtischchen in die Küche
bringen, faßt dort Posto und verwendet kein Auge von
der Köchin, bis nach und nach die kostbaren Zuthaten
ihre Bestimmung erfüllt, d. h. zerflossen, verdampft,
zerschlagen, zerrührt, zerquirlt sind.

Wie ein Wachtposten im Kriege darf sie sich nicht
einen Augenblick entfernen.

Das Mittel, wie sie sehen, meine Damen, ist etwas

5*

Jch aber erlaube mir zu meinen, daß dieses Verschluß-
system eine unwürdige und unzweckmäßige Einrichtung
ist, für deren Abschaffung ich plaidire.

Jn den meisten Haushaltungen wird die Köchin mit
den nöthigen Zuthaten zu den Speisen in folgender
Weise versorgt:

Nach dem Frühstück pflegt die Hausfrau mit einem
großen Schlüssel das Allerheiligste des Hauses, die Speise-
kammer, zu öffnen, um in zweckentsprechenden Gefäßen
häufchenweise Zucker, Butter, Mehl, Eier u. s. w. auf-
zuschichten. Nachdem dieses Werk vollbracht, verläßt sie
die Küche.

Welche Mittel stehen nun der Hausfrau zu Gebot,
diese Zuthaten vor dem Diebssinn der Köchin sicher zu
stellen?

So sehr ich meinen Verstand anstrenge, kann ich
nur etwa folgende entdecken.

Madame läßt sich ihr Nähtischchen in die Küche
bringen, faßt dort Posto und verwendet kein Auge von
der Köchin, bis nach und nach die kostbaren Zuthaten
ihre Bestimmung erfüllt, d. h. zerflossen, verdampft,
zerschlagen, zerrührt, zerquirlt sind.

Wie ein Wachtposten im Kriege darf sie sich nicht
einen Augenblick entfernen.

Das Mittel, wie sie sehen, meine Damen, ist etwas

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[67/0075] Jch aber erlaube mir zu meinen, daß dieses Verschluß- system eine unwürdige und unzweckmäßige Einrichtung ist, für deren Abschaffung ich plaidire. Jn den meisten Haushaltungen wird die Köchin mit den nöthigen Zuthaten zu den Speisen in folgender Weise versorgt: Nach dem Frühstück pflegt die Hausfrau mit einem großen Schlüssel das Allerheiligste des Hauses, die Speise- kammer, zu öffnen, um in zweckentsprechenden Gefäßen häufchenweise Zucker, Butter, Mehl, Eier u. s. w. auf- zuschichten. Nachdem dieses Werk vollbracht, verläßt sie die Küche. Welche Mittel stehen nun der Hausfrau zu Gebot, diese Zuthaten vor dem Diebssinn der Köchin sicher zu stellen? So sehr ich meinen Verstand anstrenge, kann ich nur etwa folgende entdecken. Madame läßt sich ihr Nähtischchen in die Küche bringen, faßt dort Posto und verwendet kein Auge von der Köchin, bis nach und nach die kostbaren Zuthaten ihre Bestimmung erfüllt, d. h. zerflossen, verdampft, zerschlagen, zerrührt, zerquirlt sind. Wie ein Wachtposten im Kriege darf sie sich nicht einen Augenblick entfernen. Das Mittel, wie sie sehen, meine Damen, ist etwas 5*

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/75>, abgerufen am 27.04.2024.