Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

frage schroff sich entgegenstemmen, sie werden von Jahr-
zehnt zu Jahrzehnt zusammenschmelzen, bis schließlich
auch in dieser Frage ein letzter einsamer Knak ungeheure
Heiterkeit erregen wird.

Meiner Meinung nach läßt sich die ganze com-
plicirte Angelegenheit auf eine einzige einfache Frage
zurückführen:

Gab Gott uns Frauen eine Seele?

Antwortet Jhr ja, so ergiebt sich daraus von selbst
das Recht freier Selbstbestimmung für die Frau.

Hätte Gott gewollt, daß die Frau dem Manne
Unterthan sei, so würde sich der Allweise den Luxus,
ihr eine besondere Seele zu schenken, erspart haben.

Mensch bleibt Mensch, und die Verfügung über die
eigene Person ist das jedem Menschen angeborene Recht.

Eine Landesvertretung, die die Hälfte des mensch-
lichen Geschlechts von der Regierung ausschließt, ist eine
Farce.

Die Männer der strengsten Wissenschaft lehren uns,
daß das Lebensprincip aller Geschichte nichts anderes
sei als die Entwickelung zur Freiheit, und darum ist die
Sache der Frauen die Sache der gesammten Menschheit,
und so wahr es einen Fortschritt giebt, so gewiß müssen
wir siegen.

Daß in diesen Uebergangsstadien, wie bei allen Ueber-

frage schroff sich entgegenstemmen, sie werden von Jahr-
zehnt zu Jahrzehnt zusammenschmelzen, bis schließlich
auch in dieser Frage ein letzter einsamer Knak ungeheure
Heiterkeit erregen wird.

Meiner Meinung nach läßt sich die ganze com-
plicirte Angelegenheit auf eine einzige einfache Frage
zurückführen:

Gab Gott uns Frauen eine Seele?

Antwortet Jhr ja, so ergiebt sich daraus von selbst
das Recht freier Selbstbestimmung für die Frau.

Hätte Gott gewollt, daß die Frau dem Manne
Unterthan sei, so würde sich der Allweise den Luxus,
ihr eine besondere Seele zu schenken, erspart haben.

Mensch bleibt Mensch, und die Verfügung über die
eigene Person ist das jedem Menschen angeborene Recht.

Eine Landesvertretung, die die Hälfte des mensch-
lichen Geschlechts von der Regierung ausschließt, ist eine
Farce.

Die Männer der strengsten Wissenschaft lehren uns,
daß das Lebensprincip aller Geschichte nichts anderes
sei als die Entwickelung zur Freiheit, und darum ist die
Sache der Frauen die Sache der gesammten Menschheit,
und so wahr es einen Fortschritt giebt, so gewiß müssen
wir siegen.

Daß in diesen Uebergangsstadien, wie bei allen Ueber-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0234" n="226"/>
frage schroff sich entgegenstemmen, sie werden von Jahr-<lb/>
zehnt zu Jahrzehnt zusammenschmelzen, bis schließlich<lb/>
auch in dieser Frage ein letzter einsamer Knak ungeheure<lb/>
Heiterkeit erregen wird.</p><lb/>
          <p>Meiner Meinung nach läßt sich die ganze com-<lb/>
plicirte Angelegenheit auf eine einzige einfache Frage<lb/>
zurückführen:</p><lb/>
          <p>Gab Gott uns Frauen eine Seele?</p><lb/>
          <p>Antwortet Jhr ja, so ergiebt sich daraus von selbst<lb/>
das Recht freier Selbstbestimmung für die Frau.</p><lb/>
          <p>Hätte Gott gewollt, daß die Frau dem Manne<lb/>
Unterthan sei, so würde sich der Allweise den Luxus,<lb/>
ihr eine besondere Seele zu schenken, erspart haben.</p><lb/>
          <p>Mensch bleibt Mensch, und die Verfügung über die<lb/>
eigene Person ist das jedem Menschen angeborene Recht.</p><lb/>
          <p>Eine Landesvertretung, die die Hälfte des mensch-<lb/>
lichen Geschlechts von der Regierung ausschließt, ist eine<lb/>
Farce.</p><lb/>
          <p>Die Männer der strengsten Wissenschaft lehren uns,<lb/>
daß das Lebensprincip aller Geschichte nichts anderes<lb/>
sei als die Entwickelung zur Freiheit, und darum ist die<lb/>
Sache der Frauen die Sache der gesammten Menschheit,<lb/>
und so wahr es einen Fortschritt giebt, so gewiß müssen<lb/>
wir siegen.</p><lb/>
          <p>Daß in diesen Uebergangsstadien, wie bei allen Ueber-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0234] frage schroff sich entgegenstemmen, sie werden von Jahr- zehnt zu Jahrzehnt zusammenschmelzen, bis schließlich auch in dieser Frage ein letzter einsamer Knak ungeheure Heiterkeit erregen wird. Meiner Meinung nach läßt sich die ganze com- plicirte Angelegenheit auf eine einzige einfache Frage zurückführen: Gab Gott uns Frauen eine Seele? Antwortet Jhr ja, so ergiebt sich daraus von selbst das Recht freier Selbstbestimmung für die Frau. Hätte Gott gewollt, daß die Frau dem Manne Unterthan sei, so würde sich der Allweise den Luxus, ihr eine besondere Seele zu schenken, erspart haben. Mensch bleibt Mensch, und die Verfügung über die eigene Person ist das jedem Menschen angeborene Recht. Eine Landesvertretung, die die Hälfte des mensch- lichen Geschlechts von der Regierung ausschließt, ist eine Farce. Die Männer der strengsten Wissenschaft lehren uns, daß das Lebensprincip aller Geschichte nichts anderes sei als die Entwickelung zur Freiheit, und darum ist die Sache der Frauen die Sache der gesammten Menschheit, und so wahr es einen Fortschritt giebt, so gewiß müssen wir siegen. Daß in diesen Uebergangsstadien, wie bei allen Ueber-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/234
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/234>, abgerufen am 28.04.2024.