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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Eine Schriftstellerin, die uns die Geschichte der
Klöppelkunst erzählt, bemerkt dabei, daß seltsamerweise
die Knaben im sächsischen Erzgebirge mehr Anlage für
diese Kunst bewiesen, als die Mädchen, und wenn diese
später geschickter klöppelten, so verdankten sie es nur der
unausgesetzten Uebung.

Jch will mit diesen Beispielen nur beweisen, daß
von einer Fingerüberlegenheit, die die Frauen vor
den Männern voraus haben sollen, nicht die Rede sein kann.

Bleibt die Liebe.

Mir ist noch kaum ein Buch über Frauenfrage und
Frauenbewegung in die Hände gefallen, in dem nicht
der Beruf der Liebe, in dieser oder jener Wendung, ein-
fach und entschieden, oder in blumiger Umschreibung,
als der den Frauen ausschließlich zukommende, gepriesen
worden wäre.

Die Liebe als Beruf! klingt das nicht wie der Titel
zu einer Posse?

Was ist Beruf?

Doch wohl die planmäßige, andauernde Anwendung
der mechanischen, intellektuellen oder Gemüthskräfte eines
Menschen auf einen bestimmten Gegenstand zu einem
bestimmten Zweck. Jeder Beruf setzt ein bestimmtes
Können voraus.

Obgleich sich diese Kräfte selten ganz trennen lassen,

Dohm, Der Jesuitismus im Hausstande. 10

Eine Schriftstellerin, die uns die Geschichte der
Klöppelkunst erzählt, bemerkt dabei, daß seltsamerweise
die Knaben im sächsischen Erzgebirge mehr Anlage für
diese Kunst bewiesen, als die Mädchen, und wenn diese
später geschickter klöppelten, so verdankten sie es nur der
unausgesetzten Uebung.

Jch will mit diesen Beispielen nur beweisen, daß
von einer Fingerüberlegenheit, die die Frauen vor
den Männern voraus haben sollen, nicht die Rede sein kann.

Bleibt die Liebe.

Mir ist noch kaum ein Buch über Frauenfrage und
Frauenbewegung in die Hände gefallen, in dem nicht
der Beruf der Liebe, in dieser oder jener Wendung, ein-
fach und entschieden, oder in blumiger Umschreibung,
als der den Frauen ausschließlich zukommende, gepriesen
worden wäre.

Die Liebe als Beruf! klingt das nicht wie der Titel
zu einer Posse?

Was ist Beruf?

Doch wohl die planmäßige, andauernde Anwendung
der mechanischen, intellektuellen oder Gemüthskräfte eines
Menschen auf einen bestimmten Gegenstand zu einem
bestimmten Zweck. Jeder Beruf setzt ein bestimmtes
Können voraus.

Obgleich sich diese Kräfte selten ganz trennen lassen,

Dohm, Der Jesuitismus im Hausstande. 10
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[145/0153] Eine Schriftstellerin, die uns die Geschichte der Klöppelkunst erzählt, bemerkt dabei, daß seltsamerweise die Knaben im sächsischen Erzgebirge mehr Anlage für diese Kunst bewiesen, als die Mädchen, und wenn diese später geschickter klöppelten, so verdankten sie es nur der unausgesetzten Uebung. Jch will mit diesen Beispielen nur beweisen, daß von einer Fingerüberlegenheit, die die Frauen vor den Männern voraus haben sollen, nicht die Rede sein kann. Bleibt die Liebe. Mir ist noch kaum ein Buch über Frauenfrage und Frauenbewegung in die Hände gefallen, in dem nicht der Beruf der Liebe, in dieser oder jener Wendung, ein- fach und entschieden, oder in blumiger Umschreibung, als der den Frauen ausschließlich zukommende, gepriesen worden wäre. Die Liebe als Beruf! klingt das nicht wie der Titel zu einer Posse? Was ist Beruf? Doch wohl die planmäßige, andauernde Anwendung der mechanischen, intellektuellen oder Gemüthskräfte eines Menschen auf einen bestimmten Gegenstand zu einem bestimmten Zweck. Jeder Beruf setzt ein bestimmtes Können voraus. Obgleich sich diese Kräfte selten ganz trennen lassen, Dohm, Der Jesuitismus im Hausstande. 10

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/153>, abgerufen am 04.05.2024.