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Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

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gerichtig die furchtsamen Frauen den Männern
besser gefallen, als die muthigen. Jst dem so?

Jch stelle Jhnen zwei Damen vor, meine Herren.
Welche gefällt Jhnen besser (natürlich angenommen,
daß beide gleich hübsch und gleich jung sind) diejenige,
die z.B. auf einer Gebirgsreise entschlossen, elastischen
Schrittes ihnen zur Seite schreitet, muthig, unermüd-
lich, der Abgründe und der Steilheit nicht achtend, oder
diejenige, die auf einem Eselchen hinterherreitet, und
bei jedem kleinen Stolperversuch ihres Grauchens ver-
zweiflungsvoll aufquitscht?

Gegen eine kühne Amazone zu Pferde tragen nur
etwa diejenigen Männer Groll im Herzen, die selber
des Reitens unkundig sind, oder in einzelnen Fällen
derjenige Mann, der als Gatte der Dame das Reit-
pferd nebst Zubehör zu leisten hat. Alle andern pflegen
sie zu bewundern.

Kommt Zeit und Gelegenheit, wo ein thatkräf-
tiges Eingreifen der Frau, wo ihr Muth, ihre Ent-
schlossenheit, ihr scharfer Verstand ihnen, den Männern,
Vortheil zu bringen verspricht, so tadeln sie den Man-
gel dieser Eigenschaften ebenso bitter, als sie ihn vorher
enthusiastisch lobten.

Niemals können Eigenschaften, die man im Allge-
meinen für menschliche Schwächen hält, wie Furcht-

gerichtig die furchtsamen Frauen den Männern
besser gefallen, als die muthigen. Jst dem so?

Jch stelle Jhnen zwei Damen vor, meine Herren.
Welche gefällt Jhnen besser (natürlich angenommen,
daß beide gleich hübsch und gleich jung sind) diejenige,
die z.B. auf einer Gebirgsreise entschlossen, elastischen
Schrittes ihnen zur Seite schreitet, muthig, unermüd-
lich, der Abgründe und der Steilheit nicht achtend, oder
diejenige, die auf einem Eselchen hinterherreitet, und
bei jedem kleinen Stolperversuch ihres Grauchens ver-
zweiflungsvoll aufquitscht?

Gegen eine kühne Amazone zu Pferde tragen nur
etwa diejenigen Männer Groll im Herzen, die selber
des Reitens unkundig sind, oder in einzelnen Fällen
derjenige Mann, der als Gatte der Dame das Reit-
pferd nebst Zubehör zu leisten hat. Alle andern pflegen
sie zu bewundern.

Kommt Zeit und Gelegenheit, wo ein thatkräf-
tiges Eingreifen der Frau, wo ihr Muth, ihre Ent-
schlossenheit, ihr scharfer Verstand ihnen, den Männern,
Vortheil zu bringen verspricht, so tadeln sie den Man-
gel dieser Eigenschaften ebenso bitter, als sie ihn vorher
enthusiastisch lobten.

Niemals können Eigenschaften, die man im Allge-
meinen für menschliche Schwächen hält, wie Furcht-

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[21/0029] gerichtig die furchtsamen Frauen den Männern besser gefallen, als die muthigen. Jst dem so? Jch stelle Jhnen zwei Damen vor, meine Herren. Welche gefällt Jhnen besser (natürlich angenommen, daß beide gleich hübsch und gleich jung sind) diejenige, die z.B. auf einer Gebirgsreise entschlossen, elastischen Schrittes ihnen zur Seite schreitet, muthig, unermüd- lich, der Abgründe und der Steilheit nicht achtend, oder diejenige, die auf einem Eselchen hinterherreitet, und bei jedem kleinen Stolperversuch ihres Grauchens ver- zweiflungsvoll aufquitscht? Gegen eine kühne Amazone zu Pferde tragen nur etwa diejenigen Männer Groll im Herzen, die selber des Reitens unkundig sind, oder in einzelnen Fällen derjenige Mann, der als Gatte der Dame das Reit- pferd nebst Zubehör zu leisten hat. Alle andern pflegen sie zu bewundern. Kommt Zeit und Gelegenheit, wo ein thatkräf- tiges Eingreifen der Frau, wo ihr Muth, ihre Ent- schlossenheit, ihr scharfer Verstand ihnen, den Männern, Vortheil zu bringen verspricht, so tadeln sie den Man- gel dieser Eigenschaften ebenso bitter, als sie ihn vorher enthusiastisch lobten. Niemals können Eigenschaften, die man im Allge- meinen für menschliche Schwächen hält, wie Furcht-  

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/29>, abgerufen am 19.04.2024.