Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

über das Eigenthum verheiratheter Frauen) sechs Mal
ausgesetzt werden, weil von 656 Mitgliedern nicht 40
ihre Gegenwart bei der Diskussion für werth erachtet
hatten, ein Beweis von der zarten Fürsorge der Männer
für das Jnteresse der Frauen.

Ernest Legonve, durchaus kein Anhänger der
Frauenemancipation, sagt, nachdem er von der ehe-
maligen traurigen Lage der Frauen gesprochen hat:
"Und was sollen wir von der Gegenwart sagen? von
gestern, von heut? Für das Mädchen giebt es keine
öffentliche Erziehung, keinen professionellen Unterricht;
für sie ist keine Existenz möglich ohne Ehe und keine
Ehe ohne Mitgift. Als Gattin hat die Frau keine
Verfügung über ihr Eigenthum, keine über ihre Person,
sie kann nicht geben, sie kann nicht empfangen - ewige
Unmündigkeit ist ihr Loos. Als Mutter hat sie nicht
das legale Recht, die Erziehung ihrer Kinder zu leiten.

Sie kann sie weder verheirathen, noch sie ver-
hindern sich zu verheirathen, noch sie aus dem elter-
lichen Hause entfernen, noch sie darin festhalten. Als
Mitglied der Bürgerschaft kann sie weder Vormünderin
einer Waise sein, noch Theilnehmerin eines Familien-
rathes, noch Zeuge bei einem Testament. -

Welche Klasse unter den Arbeitern ist die elendeste?
Die Frauen. Wer verdient 16 oder 18 Sous für

über das Eigenthum verheiratheter Frauen) sechs Mal
ausgesetzt werden, weil von 656 Mitgliedern nicht 40
ihre Gegenwart bei der Diskussion für werth erachtet
hatten, ein Beweis von der zarten Fürsorge der Männer
für das Jnteresse der Frauen.

Ernest Legonvé, durchaus kein Anhänger der
Frauenemancipation, sagt, nachdem er von der ehe-
maligen traurigen Lage der Frauen gesprochen hat:
„Und was sollen wir von der Gegenwart sagen? von
gestern, von heut? Für das Mädchen giebt es keine
öffentliche Erziehung, keinen professionellen Unterricht;
für sie ist keine Existenz möglich ohne Ehe und keine
Ehe ohne Mitgift. Als Gattin hat die Frau keine
Verfügung über ihr Eigenthum, keine über ihre Person,
sie kann nicht geben, sie kann nicht empfangen – ewige
Unmündigkeit ist ihr Loos. Als Mutter hat sie nicht
das legale Recht, die Erziehung ihrer Kinder zu leiten.

Sie kann sie weder verheirathen, noch sie ver-
hindern sich zu verheirathen, noch sie aus dem elter-
lichen Hause entfernen, noch sie darin festhalten. Als
Mitglied der Bürgerschaft kann sie weder Vormünderin
einer Waise sein, noch Theilnehmerin eines Familien-
rathes, noch Zeuge bei einem Testament. –

Welche Klasse unter den Arbeitern ist die elendeste?
Die Frauen. Wer verdient 16 oder 18 Sous für

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0110" n="102"/>
über das Eigenthum verheiratheter Frauen) sechs Mal<lb/>
ausgesetzt werden, weil von 656 Mitgliedern nicht 40<lb/>
ihre Gegenwart bei der Diskussion für werth erachtet<lb/>
hatten, ein Beweis von der zarten Fürsorge der Männer<lb/>
für das Jnteresse der Frauen.</p><lb/>
        <p>Ernest Legonvé, durchaus kein Anhänger der<lb/>
Frauenemancipation, sagt, nachdem er von der ehe-<lb/>
maligen traurigen Lage der Frauen gesprochen hat:<lb/>
&#x201E;Und was sollen wir von der Gegenwart sagen? von<lb/>
gestern, von heut? Für das Mädchen giebt es keine<lb/>
öffentliche Erziehung, keinen professionellen Unterricht;<lb/>
für sie ist keine Existenz möglich ohne Ehe und keine<lb/>
Ehe ohne Mitgift. Als Gattin hat die Frau keine<lb/>
Verfügung über ihr Eigenthum, keine über ihre Person,<lb/>
sie kann nicht geben, sie kann nicht empfangen &#x2013; ewige<lb/>
Unmündigkeit ist ihr Loos. Als Mutter hat sie nicht<lb/>
das legale Recht, die Erziehung ihrer Kinder zu leiten.</p><lb/>
        <p>Sie kann sie weder verheirathen, noch sie ver-<lb/>
hindern sich zu verheirathen, noch sie aus dem elter-<lb/>
lichen Hause entfernen, noch sie darin festhalten. Als<lb/>
Mitglied der Bürgerschaft kann sie weder Vormünderin<lb/>
einer Waise sein, noch Theilnehmerin eines Familien-<lb/>
rathes, noch Zeuge bei einem Testament. &#x2013;</p><lb/>
        <p>Welche Klasse unter den Arbeitern ist die elendeste?<lb/>
Die Frauen. Wer verdient 16 oder 18 Sous für<lb/>
&#x2003;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0110] über das Eigenthum verheiratheter Frauen) sechs Mal ausgesetzt werden, weil von 656 Mitgliedern nicht 40 ihre Gegenwart bei der Diskussion für werth erachtet hatten, ein Beweis von der zarten Fürsorge der Männer für das Jnteresse der Frauen. Ernest Legonvé, durchaus kein Anhänger der Frauenemancipation, sagt, nachdem er von der ehe- maligen traurigen Lage der Frauen gesprochen hat: „Und was sollen wir von der Gegenwart sagen? von gestern, von heut? Für das Mädchen giebt es keine öffentliche Erziehung, keinen professionellen Unterricht; für sie ist keine Existenz möglich ohne Ehe und keine Ehe ohne Mitgift. Als Gattin hat die Frau keine Verfügung über ihr Eigenthum, keine über ihre Person, sie kann nicht geben, sie kann nicht empfangen – ewige Unmündigkeit ist ihr Loos. Als Mutter hat sie nicht das legale Recht, die Erziehung ihrer Kinder zu leiten. Sie kann sie weder verheirathen, noch sie ver- hindern sich zu verheirathen, noch sie aus dem elter- lichen Hause entfernen, noch sie darin festhalten. Als Mitglied der Bürgerschaft kann sie weder Vormünderin einer Waise sein, noch Theilnehmerin eines Familien- rathes, noch Zeuge bei einem Testament. – Welche Klasse unter den Arbeitern ist die elendeste? Die Frauen. Wer verdient 16 oder 18 Sous für  

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-07T16:13:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-07T16:13:32Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/110
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/110>, abgerufen am 04.10.2024.