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Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693.

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des Schwäbischen Bundes Obrister/ starck unter Augen/ zertrennete ihren Hauffen / erschlug ihrer etliche tausend/ fieng gar viel/ die er strengiglich abstraffete/ ließ unter andern etliche/ so an den Graffen von Helfenstein Hand angeleget hatteen/ an lange Ketten schmieden/ und ein Feuer von weiten üm sie her machen/ daß sie also am Pfahl herum lauffen konten/ und doch gebraten wurden/ und hatten die von Adel kein Bedencken/ Holtz zu diesen Feuer herbey zu tragen/ so gar waren sie verbittert auf die unbarmhertzigen Schelme die Bauren.

Conf. D. Just. Georg. Schottel. in tr. de singul. quibusdam & antiq. in German. Jur. c. 27.

add.

Leonhard. Fronsperger, Krieges-Recht lib. 1. fol. 21. usque 24.

CCCLVII. [LIV.] Vehm-Gericht/ Vehm-Recht/ Vein-Recht/ welche auch mit einem F geschrieben werden/ deriviren etliche von dem Wort Venia, quasi dicas Jus Veniae, welche aber Schottelius in seinem gedachten Tr. de siing. & antiq. in German. Jur. c. 29. pag. 561. 562. 574. & 575. refutiret/ und zeiget / daß es von dem alten Teutschen Wort Vehm oder Vehm/ quod separationem ad certum aliquem actum denotat, herstamme. Vide supra Fehm-Gericht.

CCCLVIII. Wenn nun dieses Gericht vor Alters angestellt wurde/ musten in einem Ambt oder Gericht alle Einwohner/ so über 12. Jahr alt waren/ auf einer Heiden / oder auf einen grossen Platze unausbleiblich erscheinen/ und sich auf die Erde nieder setzen. Da wurden dann in der Mitte etliche Tische gesetzet/ dabey saß der Landes-Fürst/ seine Räthe und Voigte/ und musten dann die heimlichen Richter die Delinquenten und Delicta anmelden/ die giengen mit einen weissen Stocke rings herum/ und schlugen die Verbrecher auf die Beine/ wer in dem ein böses Gewissen hatte/ und sich einer Leibes-strafbahren Missethat schuldig wuste/ dem war vergönnet aufzustehen/ und in Tag und Nacht das Land zu räumen / und mochte auch wohl den andern Schlag aushalten. Wenn er aber zum drittenmahl getroffen ward/ so war der Nach- oder Scharff-Richter darbey/ und ein Pastor, reichte ihm das Sacrament/ und zum nechsten Baum mit ihm zu. Wer aber nur ein oder zweymahl getroffen ward/ das war eine väterliche Warnung/ sich hinfort zu bessern. Daher etliche es Jus Veniae, daß noch Gnade dabey were/ genennet. Hertzog Wilhelm zu Lüneburg soll in Persohn solches Vein-Recht zum letzten mahl bey Zelle geheget und gehalten haben.

des Schwäbischen Bundes Obrister/ starck unter Augen/ zertrennete ihren Hauffen / erschlug ihrer etliche tausend/ fieng gar viel/ die er strengiglich abstraffete/ ließ unter andern etliche/ so an den Graffen von Helfenstein Hand angeleget hatteen/ an lange Ketten schmieden/ und ein Feuer von weiten üm sie her machen/ daß sie also am Pfahl herum lauffen konten/ und doch gebraten wurden/ und hatten die von Adel kein Bedencken/ Holtz zu diesen Feuer herbey zu tragen/ so gar waren sie verbittert auf die unbarmhertzigen Schelme die Bauren.

Conf. D. Just. Georg. Schottel. in tr. de singul. quibusdam & antiq. in German. Jur. c. 27.

add.

Leonhard. Fronsperger, Krieges-Recht lib. 1. fol. 21. usque 24.

CCCLVII. [LIV.] Vehm-Gericht/ Vehm-Recht/ Vein-Recht/ welche auch mit einem F geschrieben werden/ deriviren etliche von dem Wort Venia, quasi dicas Jus Veniae, welche aber Schottelius in seinem gedachten Tr. de siing. & antiq. in German. Jur. c. 29. pag. 561. 562. 574. & 575. refutiret/ und zeiget / daß es von dem alten Teutschen Wort Vehm oder Vehm/ quod separationem ad certum aliquem actum denotat, herstamme. Vide supra Fehm-Gericht.

CCCLVIII. Wenn nun dieses Gericht vor Alters angestellt wurde/ musten in einem Ambt oder Gericht alle Einwohner/ so über 12. Jahr alt waren/ auf einer Heiden / oder auf einen grossen Platze unausbleiblich erscheinen/ und sich auf die Erde nieder setzen. Da wurden dann in der Mitte etliche Tische gesetzet/ dabey saß der Landes-Fürst/ seine Räthe und Voigte/ und musten dann die heimlichen Richter die Delinquenten und Delicta anmelden/ die giengen mit einen weissen Stocke rings herum/ und schlugen die Verbrecher auf die Beine/ wer in dem ein böses Gewissen hatte/ und sich einer Leibes-strafbahren Missethat schuldig wuste/ dem war vergönnet aufzustehen/ und in Tag und Nacht das Land zu räumen / und mochte auch wohl den andern Schlag aushalten. Wenn er aber zum drittenmahl getroffen ward/ so war der Nach- oder Scharff-Richter darbey/ und ein Pastor, reichte ihm das Sacrament/ und zum nechsten Baum mit ihm zu. Wer aber nur ein oder zweymahl getroffen ward/ das war eine väterliche Warnung/ sich hinfort zu bessern. Daher etliche es Jus Veniae, daß noch Gnade dabey were/ genennet. Hertzog Wilhelm zu Lüneburg soll in Persohn solches Vein-Recht zum letzten mahl bey Zelle geheget und gehalten haben.

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        <p>CCCLVII. [LIV.] Vehm-Gericht/ Vehm-Recht/ Vein-Recht/ welche auch mit einem F                      geschrieben werden/ deriviren etliche von dem Wort Venia, quasi dicas Jus                      Veniae, welche aber Schottelius in seinem gedachten Tr. de siing. &amp; antiq.                      in German. Jur. c. 29. pag. 561. 562. 574. &amp; 575. refutiret/ und zeiget /                      daß es von dem alten Teutschen Wort Vehm oder Vehm/ quod separationem ad certum                      aliquem actum denotat, herstamme. Vide supra Fehm-Gericht.</p>
        <p>CCCLVIII. Wenn nun dieses Gericht vor Alters angestellt wurde/ musten in einem                      Ambt oder Gericht alle Einwohner/ so über 12. Jahr alt waren/ auf einer Heiden                     / oder auf einen grossen Platze unausbleiblich erscheinen/ und sich auf die                      Erde nieder setzen. Da wurden dann in der Mitte etliche Tische gesetzet/ dabey                      saß der Landes-Fürst/ seine Räthe und Voigte/ und musten dann die heimlichen                      Richter die Delinquenten und Delicta anmelden/ die giengen mit einen weissen                      Stocke rings herum/ und schlugen die Verbrecher auf die Beine/ wer in dem ein                      böses Gewissen hatte/ und sich einer Leibes-strafbahren Missethat schuldig                      wuste/ dem war vergönnet aufzustehen/ und in Tag und Nacht das Land zu räumen                     / und mochte auch wohl den andern Schlag aushalten. Wenn er aber zum drittenmahl                      getroffen ward/ so war der Nach- oder Scharff-Richter darbey/ und ein Pastor,                      reichte ihm das Sacrament/ und zum nechsten Baum mit ihm zu. Wer aber nur ein                      oder zweymahl getroffen ward/ das war eine väterliche Warnung/ sich hinfort zu                      bessern. Daher etliche es Jus Veniae, daß noch Gnade dabey were/ genennet.                      Hertzog Wilhelm zu Lüneburg soll in Persohn solches Vein-Recht zum letzten mahl                      bey Zelle geheget und gehalten haben.</p>
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[139/0155] des Schwäbischen Bundes Obrister/ starck unter Augen/ zertrennete ihren Hauffen / erschlug ihrer etliche tausend/ fieng gar viel/ die er strengiglich abstraffete/ ließ unter andern etliche/ so an den Graffen von Helfenstein Hand angeleget hatteen/ an lange Ketten schmieden/ und ein Feuer von weiten üm sie her machen/ daß sie also am Pfahl herum lauffen konten/ und doch gebraten wurden/ und hatten die von Adel kein Bedencken/ Holtz zu diesen Feuer herbey zu tragen/ so gar waren sie verbittert auf die unbarmhertzigen Schelme die Bauren. Conf. D. Just. Georg. Schottel. in tr. de singul. quibusdam & antiq. in German. Jur. c. 27. add. Leonhard. Fronsperger, Krieges-Recht lib. 1. fol. 21. usque 24. CCCLVII. [LIV.] Vehm-Gericht/ Vehm-Recht/ Vein-Recht/ welche auch mit einem F geschrieben werden/ deriviren etliche von dem Wort Venia, quasi dicas Jus Veniae, welche aber Schottelius in seinem gedachten Tr. de siing. & antiq. in German. Jur. c. 29. pag. 561. 562. 574. & 575. refutiret/ und zeiget / daß es von dem alten Teutschen Wort Vehm oder Vehm/ quod separationem ad certum aliquem actum denotat, herstamme. Vide supra Fehm-Gericht. CCCLVIII. Wenn nun dieses Gericht vor Alters angestellt wurde/ musten in einem Ambt oder Gericht alle Einwohner/ so über 12. Jahr alt waren/ auf einer Heiden / oder auf einen grossen Platze unausbleiblich erscheinen/ und sich auf die Erde nieder setzen. Da wurden dann in der Mitte etliche Tische gesetzet/ dabey saß der Landes-Fürst/ seine Räthe und Voigte/ und musten dann die heimlichen Richter die Delinquenten und Delicta anmelden/ die giengen mit einen weissen Stocke rings herum/ und schlugen die Verbrecher auf die Beine/ wer in dem ein böses Gewissen hatte/ und sich einer Leibes-strafbahren Missethat schuldig wuste/ dem war vergönnet aufzustehen/ und in Tag und Nacht das Land zu räumen / und mochte auch wohl den andern Schlag aushalten. Wenn er aber zum drittenmahl getroffen ward/ so war der Nach- oder Scharff-Richter darbey/ und ein Pastor, reichte ihm das Sacrament/ und zum nechsten Baum mit ihm zu. Wer aber nur ein oder zweymahl getroffen ward/ das war eine väterliche Warnung/ sich hinfort zu bessern. Daher etliche es Jus Veniae, daß noch Gnade dabey were/ genennet. Hertzog Wilhelm zu Lüneburg soll in Persohn solches Vein-Recht zum letzten mahl bey Zelle geheget und gehalten haben.

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Zitationshilfe: Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693/155>, abgerufen am 06.05.2024.