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Dincklage, Emmy von: Der Striethast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [180]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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und so tugendhaft, daß sie die Ausübung des Guten am liebsten mit der "Schwepe", hochdeutsch: Peitsche, gefördert hätte; ihre herbe Jungfräulichkeit ging hier und da in eine gleißnerische Grausamkeit über, besonders wenn ihre Eifersucht rege gemacht worden war. Denn eifersüchtig war diese alte, dürre, ewig fröstelnde Mumie, als ob diese letzte Leidenschaft eigens dazu weiter kröche und fräße, um den erkaltenden Lebensfunken immer von Neuem wieder anzufachen! Eifersüchtig war Sanne Möhe auf ihren Rang, ihren Reichthum, vorzüglich aber: ihren Einfluß! Bei alledem machte Sanne einen so vollkommen gelassenen, gehaltenen Eindruck, wie es nur immer der Tochter und Erbin einer Familie, gleich der von Twistbrink, zukam; ihre Leidenschaften waren von Jung auf "tigerfüßig" und dem Opfer am nächsten, wo dasselbe am wenigsten davon ahnte. Es war ein Ehrenpunkt für Sanne Möhe, zu jeder Zeit der Nacht zu wachen und -- wie sie behauptete -- zu beten! Das Letztere weiß Gott allein, das Erstere erfuhren zu ihrem Schrecken auch häufig die Menschen, welche sie unter allerlei Vorwänden der süßen, aber gänzlich nutzlosen Gewohnheit des Schlafes entriß. Früher, als sie noch weniger fror, hatte die würdige Jungfrau den größten Theil der Nacht spinnend -- und betend, wie sie behauptete! -- am Feuer gesessen; auch jetzt hielt sie vorzugsweise in der Nacht ihr Lever unter Assistenz sämmtlicher Hausbewohnerinnen, aber sie konnte die Nachtluft nicht lange

und so tugendhaft, daß sie die Ausübung des Guten am liebsten mit der „Schwepe“, hochdeutsch: Peitsche, gefördert hätte; ihre herbe Jungfräulichkeit ging hier und da in eine gleißnerische Grausamkeit über, besonders wenn ihre Eifersucht rege gemacht worden war. Denn eifersüchtig war diese alte, dürre, ewig fröstelnde Mumie, als ob diese letzte Leidenschaft eigens dazu weiter kröche und fräße, um den erkaltenden Lebensfunken immer von Neuem wieder anzufachen! Eifersüchtig war Sanne Möhe auf ihren Rang, ihren Reichthum, vorzüglich aber: ihren Einfluß! Bei alledem machte Sanne einen so vollkommen gelassenen, gehaltenen Eindruck, wie es nur immer der Tochter und Erbin einer Familie, gleich der von Twistbrink, zukam; ihre Leidenschaften waren von Jung auf „tigerfüßig“ und dem Opfer am nächsten, wo dasselbe am wenigsten davon ahnte. Es war ein Ehrenpunkt für Sanne Möhe, zu jeder Zeit der Nacht zu wachen und — wie sie behauptete — zu beten! Das Letztere weiß Gott allein, das Erstere erfuhren zu ihrem Schrecken auch häufig die Menschen, welche sie unter allerlei Vorwänden der süßen, aber gänzlich nutzlosen Gewohnheit des Schlafes entriß. Früher, als sie noch weniger fror, hatte die würdige Jungfrau den größten Theil der Nacht spinnend — und betend, wie sie behauptete! — am Feuer gesessen; auch jetzt hielt sie vorzugsweise in der Nacht ihr Lever unter Assistenz sämmtlicher Hausbewohnerinnen, aber sie konnte die Nachtluft nicht lange

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[0017] und so tugendhaft, daß sie die Ausübung des Guten am liebsten mit der „Schwepe“, hochdeutsch: Peitsche, gefördert hätte; ihre herbe Jungfräulichkeit ging hier und da in eine gleißnerische Grausamkeit über, besonders wenn ihre Eifersucht rege gemacht worden war. Denn eifersüchtig war diese alte, dürre, ewig fröstelnde Mumie, als ob diese letzte Leidenschaft eigens dazu weiter kröche und fräße, um den erkaltenden Lebensfunken immer von Neuem wieder anzufachen! Eifersüchtig war Sanne Möhe auf ihren Rang, ihren Reichthum, vorzüglich aber: ihren Einfluß! Bei alledem machte Sanne einen so vollkommen gelassenen, gehaltenen Eindruck, wie es nur immer der Tochter und Erbin einer Familie, gleich der von Twistbrink, zukam; ihre Leidenschaften waren von Jung auf „tigerfüßig“ und dem Opfer am nächsten, wo dasselbe am wenigsten davon ahnte. Es war ein Ehrenpunkt für Sanne Möhe, zu jeder Zeit der Nacht zu wachen und — wie sie behauptete — zu beten! Das Letztere weiß Gott allein, das Erstere erfuhren zu ihrem Schrecken auch häufig die Menschen, welche sie unter allerlei Vorwänden der süßen, aber gänzlich nutzlosen Gewohnheit des Schlafes entriß. Früher, als sie noch weniger fror, hatte die würdige Jungfrau den größten Theil der Nacht spinnend — und betend, wie sie behauptete! — am Feuer gesessen; auch jetzt hielt sie vorzugsweise in der Nacht ihr Lever unter Assistenz sämmtlicher Hausbewohnerinnen, aber sie konnte die Nachtluft nicht lange

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:59:48Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:59:48Z)

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Zitationshilfe: Dincklage, Emmy von: Der Striethast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [180]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dincklage_striethast_1910/17>, abgerufen am 27.11.2024.