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Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482.

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gründlich gezeigt worden, dass sie diesem ästhetischen Princip pdi_382.002
entspricht, und es ist in dem so untechnischen Bau des Faust pdi_382.003
doch ein einziger Vortheil, dass er ganz und voll diesem Schema pdi_382.004
des Gefühlsvorgangs entsprechend verläuft. Auch die epische pdi_382.005
Dichtung grosser Form, als welche in irgend einer Art die pdi_382.006
ganze Welt und deren Ordnung erblicken lässt, muss einer Sinfonie pdi_382.007
gleichen, in welcher eine Disharmonie nach der anderen pdi_382.008
sich auflöst und schliesslich in mächtigen harmonischen Accorden pdi_382.009
das Ganze ausklingt1).

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In diesem Verhältniss ist zugleich das wichtige ästhetische pdi_382.011
Princip der Spannung mitbegründet. Freilich ist die Spannung pdi_382.012
etwas sehr Mannichfaches. In ihr ist auch die innere Nachbildung pdi_382.013
vorandrängender Antriebe, der Angst, der Erwartung pdi_382.014
etc. wirksam. Ebenso kann ein Denkvorgang, in welchem eine pdi_382.015
gestellte Frage zur Antwort strebt, Spannung bewirken, besonders pdi_382.016
in demjenigen Roman, dessen Knoten in einer Thatsache pdi_382.017
vor seinem Beginn liegt, wo dann die Erkenntniss dieser Thatsache pdi_382.018
die Auflösung herbeiführt. Wie von dem Motiv eines pdi_382.019
solchen Fortgangs die Erfindung ausgehen kann, zeigt eine pdi_382.020
Aeusserung Goethes, Manzoni führe durch Angst zur Rührung; pdi_382.021
wäre er jünger, so würde er Etwas schreiben, wobei er den pdi_382.022
Affect der Angst in Bewegung setzen, durch die vortreffliche pdi_382.023
Art, wie der Held sich benehme, Bewunderung damit verbinden pdi_382.024
und die Angst in Bewunderung sich auflösen liesse2). Uebrigens pdi_382.025
wäre das Motiv manchen Ritterromans dann von Goethe wieder pdi_382.026
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6. Die Gesetze, nach denen sich unter dem Einfluss pdi_382.028
des Gefühlslebens die Vorstellungen frei über die pdi_382.029
Grenzen des Wirklichen hinaus umwandeln. Das pdi_382.030
Schaffen des Dichters. Die Hilfsmittel der poetischen pdi_382.031
Technik.
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So entstehen elementare Gefühle, verbinden, verstärken und pdi_382.033
erneuern sich, die Unlust ruft Antriebe hervor, in die Gleichgewichtslage

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Auch dieses ästhetische Princip ist von Fechner erwähnt worden, pdi_382.035
als Princip der ästhetischen Versöhnung II 238.
2) pdi_382.036
Goethe bei Eckermann I 377.

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gründlich gezeigt worden, dass sie diesem ästhetischen Princip pdi_382.002
entspricht, und es ist in dem so untechnischen Bau des Faust pdi_382.003
doch ein einziger Vortheil, dass er ganz und voll diesem Schema pdi_382.004
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Dichtung grosser Form, als welche in irgend einer Art die pdi_382.006
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sich auflöst und schliesslich in mächtigen harmonischen Accorden pdi_382.009
das Ganze ausklingt1).

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  In diesem Verhältniss ist zugleich das wichtige ästhetische pdi_382.011
Princip der Spannung mitbegründet. Freilich ist die Spannung pdi_382.012
etwas sehr Mannichfaches. In ihr ist auch die innere Nachbildung pdi_382.013
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des Gefühlslebens die Vorstellungen frei über die pdi_382.029
Grenzen des Wirklichen hinaus umwandeln. Das pdi_382.030
Schaffen des Dichters. Die Hilfsmittel der poetischen pdi_382.031
Technik.
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  So entstehen elementare Gefühle, verbinden, verstärken und pdi_382.033
erneuern sich, die Unlust ruft Antriebe hervor, in die Gleichgewichtslage

1) pdi_382.034
Auch dieses ästhetische Princip ist von Fechner erwähnt worden, pdi_382.035
als Princip der ästhetischen Versöhnung II 238.
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Goethe bei Eckermann I 377.
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Zitationshilfe: Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482, hier S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dilthey_poetik_1887/84>, abgerufen am 27.11.2024.