Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.verborgene in der Stadt hernach mit sambt Kirchen und Gebäuden aufgingen. Wann unsere Leut vermeineten, einen okkupierten Platz zu bestehen, flohen sie unversehns in die Luft. Wie das erbärmlich anzusehen, da etliche gar verschüttet und verfallen, etliche mit einem Arm oder Bein, bei etlichen nur die Haare rausguckten! Und muß ich dies an unsern Brandenburgern sonders rühmen, daß, da die andern in denen Stürmen und Attacken bereitest repussieret, die brandenburgischen Soldaten dennoch oben, auf der Bresche zwischen den Mauren gestanden, mit den Hüten gewinket und geschrieen: "Avancieret, avancieret wieder, Brüder!" Es ist nicht ohne, daß bei solcher Courage mancher tapferer Soldat und Offizier ins Gras beißen müssen; wie den beiden Gebrüderen, Herrn Grafen von Dohna, von uns ergangen; da einer des andern Tod zu rächen, auch totgeschossen wurde. Welches alles ich vom Berge mit meinen Augen gesehen. Mittlerweile wurde ich abermals krank und bekam die rote Ruhr, so heftig, daß jedermann, ich selbst, meinete: ich müßte an dieser schmerzhaften Krankheit sterben. Ich lag im Zelt mit alten Lumpen und Säcken bedecket. Keine Arznei wollte helfen. Konnte gar nichts essen, obwohl sonst Schmal-Hans unter vielen regierete. Ich hatte aber aus Vorsorge auf das Künftige von allerhand Viktualien, welche wir auf dem Marsch überflüssig hatten und die von den andern weggeworfen wurden, fleißig in unserm Rüstkarrn - da die Feldkiste in geführet wurde NB. - fleißig aufgehoben und den Vorrat bisher gar nicht angegriffen. Es wollte mir aber kein Essen zu Leibe. (Es kame mir aber hernach zustatten, als die Not größer ward.) Nun, ich lag so da in meinem Zelt und erwartet mein verborgene in der Stadt hernach mit sambt Kirchen und Gebäuden aufgingen. Wann unsere Leut vermeineten, einen okkupierten Platz zu bestehen, flohen sie unversehns in die Luft. Wie das erbärmlich anzusehen, da etliche gar verschüttet und verfallen, etliche mit einem Arm oder Bein, bei etlichen nur die Haare rausguckten! Und muß ich dies an unsern Brandenburgern sonders rühmen, daß, da die andern in denen Stürmen und Attacken bereitest repussieret, die brandenburgischen Soldaten dennoch oben, auf der Bresche zwischen den Mauren gestanden, mit den Hüten gewinket und geschrieen: „Avancieret, avancieret wieder, Brüder!“ Es ist nicht ohne, daß bei solcher Courage mancher tapferer Soldat und Offizier ins Gras beißen müssen; wie den beiden Gebrüderen, Herrn Grafen von Dohna, von uns ergangen; da einer des andern Tod zu rächen, auch totgeschossen wurde. Welches alles ich vom Berge mit meinen Augen gesehen. Mittlerweile wurde ich abermals krank und bekam die rote Ruhr, so heftig, daß jedermann, ich selbst, meinete: ich müßte an dieser schmerzhaften Krankheit sterben. Ich lag im Zelt mit alten Lumpen und Säcken bedecket. Keine Arznei wollte helfen. Konnte gar nichts essen, obwohl sonst Schmal-Hans unter vielen regierete. Ich hatte aber aus Vorsorge auf das Künftige von allerhand Viktualien, welche wir auf dem Marsch überflüssig hatten und die von den andern weggeworfen wurden, fleißig in unserm Rüstkarrn – da die Feldkiste in geführet wurde NB. – fleißig aufgehoben und den Vorrat bisher gar nicht angegriffen. Es wollte mir aber kein Essen zu Leibe. (Es kame mir aber hernach zustatten, als die Not größer ward.) Nun, ich lag so da in meinem Zelt und erwartet mein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0062"/> verborgene in der Stadt hernach mit sambt Kirchen und Gebäuden aufgingen. Wann unsere Leut vermeineten, einen okkupierten Platz zu bestehen, flohen sie unversehns in die Luft. Wie das erbärmlich anzusehen, da etliche gar verschüttet und verfallen, etliche mit einem Arm oder Bein, bei etlichen nur die Haare rausguckten!</p> <p>Und muß ich dies an unsern Brandenburgern sonders rühmen, daß, da die andern in denen Stürmen und Attacken bereitest repussieret, die brandenburgischen Soldaten dennoch oben, auf der Bresche zwischen den Mauren gestanden, mit den Hüten gewinket und geschrieen: „Avancieret, avancieret wieder, Brüder!“</p> <p>Es ist nicht ohne, daß bei solcher Courage mancher tapferer Soldat und Offizier ins Gras beißen müssen; wie den beiden Gebrüderen, Herrn Grafen von Dohna, von uns ergangen; da einer des andern Tod zu rächen, auch totgeschossen wurde. 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verborgene in der Stadt hernach mit sambt Kirchen und Gebäuden aufgingen. Wann unsere Leut vermeineten, einen okkupierten Platz zu bestehen, flohen sie unversehns in die Luft. Wie das erbärmlich anzusehen, da etliche gar verschüttet und verfallen, etliche mit einem Arm oder Bein, bei etlichen nur die Haare rausguckten!
Und muß ich dies an unsern Brandenburgern sonders rühmen, daß, da die andern in denen Stürmen und Attacken bereitest repussieret, die brandenburgischen Soldaten dennoch oben, auf der Bresche zwischen den Mauren gestanden, mit den Hüten gewinket und geschrieen: „Avancieret, avancieret wieder, Brüder!“
Es ist nicht ohne, daß bei solcher Courage mancher tapferer Soldat und Offizier ins Gras beißen müssen; wie den beiden Gebrüderen, Herrn Grafen von Dohna, von uns ergangen; da einer des andern Tod zu rächen, auch totgeschossen wurde. Welches alles ich vom Berge mit meinen Augen gesehen.
Mittlerweile wurde ich abermals krank und bekam die rote Ruhr, so heftig, daß jedermann, ich selbst, meinete: ich müßte an dieser schmerzhaften Krankheit sterben. Ich lag im Zelt mit alten Lumpen und Säcken bedecket. Keine Arznei wollte helfen. Konnte gar nichts essen, obwohl sonst Schmal-Hans unter vielen regierete.
Ich hatte aber aus Vorsorge auf das Künftige von allerhand Viktualien, welche wir auf dem Marsch überflüssig hatten und die von den andern weggeworfen wurden, fleißig in unserm Rüstkarrn – da die Feldkiste in geführet wurde NB. – fleißig aufgehoben und den Vorrat bisher gar nicht angegriffen. Es wollte mir aber kein Essen zu Leibe. (Es kame mir aber hernach zustatten, als die Not größer ward.)
Nun, ich lag so da in meinem Zelt und erwartet mein
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/62>, abgerufen am 25.07.2024. |