Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.die Mahlzeit noch herrlicher war. Endlich wieder Musik und Tanz bis gegen Abend. Da trieb ich mit Gewalt zum abreisen, welches sie sehr wunderte, und uns lieber länger dabehalten. - Die Freude war aus, und wir fuhren selbigen Abend wiedrum heim. Ich erfuhr sodann das ganze Absehen, wie es lauter Fallen gewesen. Darum ein junger Mensch sich wohl vor dem Frauenvolk zu hüten und in acht zu nehmen hat, daß er nicht bestricket wird, welches ich auch darum beschreibe zur Warnung. Ich war in meiner Kondition sieben Vierteljahr mit mehr dergleichen Aventüren, so ich nicht erzählen will, beschäftigt; jedoch sehr glücklich im Kurieren, und wurde öfters, als ein junger Mensch, zu Kranken geholet, wann niemand helfen konnte. Sonderlich fiel damals die ungerische Haupt-Krankheit ein, da die Herrn Doctores die Aderlaß' verordneten und dann Wein und Trinken verboten. Ich aber ließ keinen zur Ader, ließ ein Gläschen guten Wein trinken, brauchte confortantia und alexipharmaca. Meine Patienten wurden besser. Die andern starben weg. - Daher ich auch einsmals bei eine honette Jungfer, sie in ihrer Krankheit zu bedienen, geholet wurde, welche, wann sie sterben sollte, mir ein gut Stück Geld vermachen, blieb sie aber leben, mich gnung beschenken wollte; versprach sie. Aber sie blieb leben und beschenkte mich gut. Nach Verfließung der Zeit wurde ich als Feldscher, mit nach Ungern zu gehen, angenommen bei der Artillerie unterm Herrn Obrist Weilern, dessen Herr Vater, Generalmajor Weiler, selbiger Zeit Kommandant auf der Veste Spandau war und alles zu regulieren hatte. Denn die Mahlzeit noch herrlicher war. Endlich wieder Musik und Tanz bis gegen Abend. Da trieb ich mit Gewalt zum abreisen, welches sie sehr wunderte, und uns lieber länger dabehalten. – Die Freude war aus, und wir fuhren selbigen Abend wiedrum heim. Ich erfuhr sodann das ganze Absehen, wie es lauter Fallen gewesen. Darum ein junger Mensch sich wohl vor dem Frauenvolk zu hüten und in acht zu nehmen hat, daß er nicht bestricket wird, welches ich auch darum beschreibe zur Warnung. Ich war in meiner Kondition sieben Vierteljahr mit mehr dergleichen Aventüren, so ich nicht erzählen will, beschäftigt; jedoch sehr glücklich im Kurieren, und wurde öfters, als ein junger Mensch, zu Kranken geholet, wann niemand helfen konnte. Sonderlich fiel damals die ungerische Haupt-Krankheit ein, da die Herrn Doctores die Aderlaß’ verordneten und dann Wein und Trinken verboten. Ich aber ließ keinen zur Ader, ließ ein Gläschen guten Wein trinken, brauchte confortantia und alexipharmaca. Meine Patienten wurden besser. Die andern starben weg. – Daher ich auch einsmals bei eine honette Jungfer, sie in ihrer Krankheit zu bedienen, geholet wurde, welche, wann sie sterben sollte, mir ein gut Stück Geld vermachen, blieb sie aber leben, mich gnung beschenken wollte; versprach sie. Aber sie blieb leben und beschenkte mich gut. Nach Verfließung der Zeit wurde ich als Feldscher, mit nach Ungern zu gehen, angenommen bei der Artillerie unterm Herrn Obrist Weilern, dessen Herr Vater, Generalmajor Weiler, selbiger Zeit Kommandant auf der Veste Spandau war und alles zu regulieren hatte. Denn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0043"/> die Mahlzeit noch herrlicher war. Endlich wieder Musik und Tanz bis gegen Abend. Da trieb ich mit Gewalt zum abreisen, welches sie sehr wunderte, und uns lieber länger dabehalten. – Die Freude war aus, und wir fuhren selbigen Abend wiedrum heim.</p> <p>Ich erfuhr sodann das ganze Absehen, wie es lauter Fallen gewesen. Darum ein junger Mensch sich wohl vor dem Frauenvolk zu hüten und in acht zu nehmen hat, daß er nicht bestricket wird, welches ich auch darum beschreibe zur Warnung.</p> <p><hi rendition="#in">I</hi>ch war in meiner Kondition sieben Vierteljahr mit mehr dergleichen Aventüren, so ich nicht erzählen will, beschäftigt; jedoch sehr glücklich im Kurieren, und wurde öfters, als ein junger Mensch, zu Kranken geholet, wann niemand helfen konnte.</p> <p>Sonderlich fiel damals die ungerische Haupt-Krankheit ein, da die Herrn <hi rendition="#aq">Doctores</hi> die Aderlaß’ verordneten und dann Wein und Trinken verboten. Ich aber ließ keinen zur Ader, ließ ein Gläschen guten Wein trinken, brauchte <hi rendition="#aq">confortantia</hi> und <hi rendition="#aq">alexipharmaca</hi>. Meine Patienten wurden besser. Die andern starben weg. – Daher ich auch einsmals bei eine honette Jungfer, sie in ihrer Krankheit zu bedienen, geholet wurde, welche, wann sie sterben sollte, mir ein gut Stück Geld vermachen, blieb sie aber leben, mich gnung beschenken wollte; versprach sie. Aber sie blieb leben und beschenkte mich gut.</p> <p><hi rendition="#in">N</hi>ach Verfließung der Zeit wurde ich als Feldscher, mit nach Ungern zu gehen, angenommen bei der Artillerie unterm Herrn Obrist Weilern, dessen Herr Vater, Generalmajor Weiler, selbiger Zeit Kommandant auf der Veste Spandau war und alles zu regulieren hatte. Denn </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0043]
die Mahlzeit noch herrlicher war. Endlich wieder Musik und Tanz bis gegen Abend. Da trieb ich mit Gewalt zum abreisen, welches sie sehr wunderte, und uns lieber länger dabehalten. – Die Freude war aus, und wir fuhren selbigen Abend wiedrum heim.
Ich erfuhr sodann das ganze Absehen, wie es lauter Fallen gewesen. Darum ein junger Mensch sich wohl vor dem Frauenvolk zu hüten und in acht zu nehmen hat, daß er nicht bestricket wird, welches ich auch darum beschreibe zur Warnung.
Ich war in meiner Kondition sieben Vierteljahr mit mehr dergleichen Aventüren, so ich nicht erzählen will, beschäftigt; jedoch sehr glücklich im Kurieren, und wurde öfters, als ein junger Mensch, zu Kranken geholet, wann niemand helfen konnte.
Sonderlich fiel damals die ungerische Haupt-Krankheit ein, da die Herrn Doctores die Aderlaß’ verordneten und dann Wein und Trinken verboten. Ich aber ließ keinen zur Ader, ließ ein Gläschen guten Wein trinken, brauchte confortantia und alexipharmaca. Meine Patienten wurden besser. Die andern starben weg. – Daher ich auch einsmals bei eine honette Jungfer, sie in ihrer Krankheit zu bedienen, geholet wurde, welche, wann sie sterben sollte, mir ein gut Stück Geld vermachen, blieb sie aber leben, mich gnung beschenken wollte; versprach sie. Aber sie blieb leben und beschenkte mich gut.
Nach Verfließung der Zeit wurde ich als Feldscher, mit nach Ungern zu gehen, angenommen bei der Artillerie unterm Herrn Obrist Weilern, dessen Herr Vater, Generalmajor Weiler, selbiger Zeit Kommandant auf der Veste Spandau war und alles zu regulieren hatte. Denn
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/43>, abgerufen am 25.07.2024. |