Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.berühmte und wacker gereiste Feldscher im Schelmuffsky sei. Denn auch andere Barbiere sind nach Handwerksbrauch gereist. Aber ich behaupte erst recht nicht: daß Dietz der im Schelmuffsky verewigte Barbier etwa nicht sei. Denn freilich ist er ein ganz klein wenig mehr in der Welt herumgekommen, als seine meisten Zunftkollegen. Es ist ein Wagnis, die Autobiographie des Barbiers in die gefährliche Nähe von Reuters großartiger Lügendichtung zu rücken. Aber: Reuters Roman und Dietzens Lebensbeschreibung sind beide aus der gleichen bürgerlichen Sphäre geflossen, wenn Reuter auch mehr den Ton der Kneipe festgehalten, wenn Reuter auch die Wirklichkeit hinter satirischen Zutaten, hinter grotesken Übertreibungen mit seinen faustdicken Lügen versteckte. Der Chirurgus Dietz hat sich des langen Messers, das sein gleichaltriger Landsmann meisterlich zu handhaben verstand, nicht bedient. Akten und Urkunden sind vorhanden, um wichtige Abschnitte aus dem Leben des Barbiers einer genauen Nachprüfung zu unterziehen. Im Geheimen Staatsarchiv zu Berlin finden sich die Verfügungen des Geheimen Rats, was die unteren Instanzen, die Dietz sehr häufig bemühte, verordneten, wird in den Archiven von Halle und Magdeburg zu suchen sein. Mir kam es nicht darauf an, die Akten auszuschöpfen. Der Leser, der sich für die wirtschaftlichen Fragen jener Zeit interessiert, sei schließlich noch auf mein Buch - Ernst Consentius "Alt-Berlin Anno 1740" 2. Auflage, Berlin 1911 - verwiesen; das ihn über die ökonomischen Zustände etwa im Todesjahre des Meister Dietz eingehender unterrichtet. Die Handschrift, die ich ihrem ganzen Umfange nach zum Abdruck gebracht habe, kann nicht für die eigenhändige Niederschrift des Meister Dietz gelten, vielmehr handelt es sich um eine gleichzeitige Abschrift, der das Titelblatt fortgerissen ist. Dies Manuskript stellt einen schlechten Quartband von 173 beschriebenen Blättern dar. Der Schreiber hat manches berühmte und wacker gereiste Feldscher im Schelmuffsky sei. Denn auch andere Barbiere sind nach Handwerksbrauch gereist. Aber ich behaupte erst recht nicht: daß Dietz der im Schelmuffsky verewigte Barbier etwa nicht sei. Denn freilich ist er ein ganz klein wenig mehr in der Welt herumgekommen, als seine meisten Zunftkollegen. Es ist ein Wagnis, die Autobiographie des Barbiers in die gefährliche Nähe von Reuters großartiger Lügendichtung zu rücken. Aber: Reuters Roman und Dietzens Lebensbeschreibung sind beide aus der gleichen bürgerlichen Sphäre geflossen, wenn Reuter auch mehr den Ton der Kneipe festgehalten, wenn Reuter auch die Wirklichkeit hinter satirischen Zutaten, hinter grotesken Übertreibungen mit seinen faustdicken Lügen versteckte. Der Chirurgus Dietz hat sich des langen Messers, das sein gleichaltriger Landsmann meisterlich zu handhaben verstand, nicht bedient. Akten und Urkunden sind vorhanden, um wichtige Abschnitte aus dem Leben des Barbiers einer genauen Nachprüfung zu unterziehen. Im Geheimen Staatsarchiv zu Berlin finden sich die Verfügungen des Geheimen Rats, was die unteren Instanzen, die Dietz sehr häufig bemühte, verordneten, wird in den Archiven von Halle und Magdeburg zu suchen sein. Mir kam es nicht darauf an, die Akten auszuschöpfen. Der Leser, der sich für die wirtschaftlichen Fragen jener Zeit interessiert, sei schließlich noch auf mein Buch – Ernst Consentius „Alt-Berlin Anno 1740“ 2. Auflage, Berlin 1911 – verwiesen; das ihn über die ökonomischen Zustände etwa im Todesjahre des Meister Dietz eingehender unterrichtet. Die Handschrift, die ich ihrem ganzen Umfange nach zum Abdruck gebracht habe, kann nicht für die eigenhändige Niederschrift des Meister Dietz gelten, vielmehr handelt es sich um eine gleichzeitige Abschrift, der das Titelblatt fortgerissen ist. Dies Manuskript stellt einen schlechten Quartband von 173 beschriebenen Blättern dar. Der Schreiber hat manches <TEI> <text> <body> <div type="appendix" n="1"> <p><pb facs="#f0316"/> berühmte und wacker gereiste Feldscher im Schelmuffsky sei. Denn auch andere Barbiere sind nach Handwerksbrauch gereist. Aber ich behaupte erst recht nicht: daß Dietz der im Schelmuffsky verewigte Barbier etwa <hi rendition="#aq">nicht</hi> sei. 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Im Geheimen Staatsarchiv zu Berlin finden sich die Verfügungen des Geheimen Rats, was die unteren Instanzen, die Dietz sehr häufig bemühte, verordneten, wird in den Archiven von Halle und Magdeburg zu suchen sein. Mir kam es nicht darauf an, die Akten auszuschöpfen.</p> <p>Der Leser, der sich für die wirtschaftlichen Fragen jener Zeit interessiert, sei schließlich noch auf mein Buch – Ernst Consentius „Alt-Berlin Anno 1740“ 2. Auflage, Berlin 1911 – verwiesen; das ihn über die ökonomischen Zustände etwa im Todesjahre des Meister Dietz eingehender unterrichtet.</p> <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Handschrift, die ich ihrem ganzen Umfange nach zum Abdruck gebracht habe, kann nicht für die eigenhändige Niederschrift des Meister Dietz gelten, vielmehr handelt es sich um eine gleichzeitige Abschrift, der das Titelblatt fortgerissen ist. Dies Manuskript stellt einen schlechten Quartband von 173 beschriebenen Blättern dar. Der Schreiber hat manches </p> </div> </body> </text> </TEI> [0316]
berühmte und wacker gereiste Feldscher im Schelmuffsky sei. Denn auch andere Barbiere sind nach Handwerksbrauch gereist. Aber ich behaupte erst recht nicht: daß Dietz der im Schelmuffsky verewigte Barbier etwa nicht sei. Denn freilich ist er ein ganz klein wenig mehr in der Welt herumgekommen, als seine meisten Zunftkollegen.
Es ist ein Wagnis, die Autobiographie des Barbiers in die gefährliche Nähe von Reuters großartiger Lügendichtung zu rücken. Aber: Reuters Roman und Dietzens Lebensbeschreibung sind beide aus der gleichen bürgerlichen Sphäre geflossen, wenn Reuter auch mehr den Ton der Kneipe festgehalten, wenn Reuter auch die Wirklichkeit hinter satirischen Zutaten, hinter grotesken Übertreibungen mit seinen faustdicken Lügen versteckte. Der Chirurgus Dietz hat sich des langen Messers, das sein gleichaltriger Landsmann meisterlich zu handhaben verstand, nicht bedient. Akten und Urkunden sind vorhanden, um wichtige Abschnitte aus dem Leben des Barbiers einer genauen Nachprüfung zu unterziehen. Im Geheimen Staatsarchiv zu Berlin finden sich die Verfügungen des Geheimen Rats, was die unteren Instanzen, die Dietz sehr häufig bemühte, verordneten, wird in den Archiven von Halle und Magdeburg zu suchen sein. Mir kam es nicht darauf an, die Akten auszuschöpfen.
Der Leser, der sich für die wirtschaftlichen Fragen jener Zeit interessiert, sei schließlich noch auf mein Buch – Ernst Consentius „Alt-Berlin Anno 1740“ 2. Auflage, Berlin 1911 – verwiesen; das ihn über die ökonomischen Zustände etwa im Todesjahre des Meister Dietz eingehender unterrichtet.
Die Handschrift, die ich ihrem ganzen Umfange nach zum Abdruck gebracht habe, kann nicht für die eigenhändige Niederschrift des Meister Dietz gelten, vielmehr handelt es sich um eine gleichzeitige Abschrift, der das Titelblatt fortgerissen ist. Dies Manuskript stellt einen schlechten Quartband von 173 beschriebenen Blättern dar. Der Schreiber hat manches
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