Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.mich, so großen Hofbalbier; und was dergleichen loser Wind mehr war. - Mein Kopf stund auch nicht recht; sagte: "Ihr Weiber, halt't das Maul!" Damit ging ich fort von ihn'n. - Sie aber beide hinter mir her mit Schelten. Das wollte kein Aufhören haben. - Ich sagte: "Wo ihr nicht geht und stillschweiget, ich will euch zerpeitschen!" - Potz, hunderttausend! da war Öl ins Feuer kommen! Hatten sie nicht gescholten, so ging's erst an, ohne Maß! - Ich ward auch bös und kriege meinen Ochsenziemer und schlage drein; immer eine umb die andere; bis sie beide zum Haus ausliefen. Das war wieder ein Unglück vor mich und kostet mich dreißig Thaler. Und wäre kein Wunder, ich wäre ein blutarmer Mann bei so viel erlittenem Schaden und Prozeß-Kosten. Denn sie nahmen Doktor Dürfeldten wider mich an. Ingleichen, der Schüren ihr Mann machte eine große Denunziation und Forderung an'n Rath. Die Herrn Skribenten auf dem Rathause waren auch gleich fix, Geld zu verdienen und Inquisition anzustellen. Aber ich kam mit einem Schreiben bei der Regierung ein, welche damals noch hier war, aber bald hernach nach Magdeburg verleget wurde. Da würden mir sechs Thaler Straf, der Schüren aber: mir eine Abbitte und Ehrenerklärung zu thun, auferlegt und wir verabschiedet. Ich erlegte meine sechs Thaler. Aber die Frau Schüren reisete ohne Abschied zum Thor hinaus. Einige Zeit hernach starb unser allergnädigster, lieber König zum höchsten Leiden des ganzen Landes. Denn man damals schon leicht gedenken kunnte, wie es uns gehen würde. Ich wußte die elende und trübseelige Zeit vorher wohl, und sagte es andern. Und selbst habe ich mich nicht draus gerettet; wiewohl ich Gelegenheit dazu hatte, diesem allen zu entfliehen. mich, so großen Hofbalbier; und was dergleichen loser Wind mehr war. – Mein Kopf stund auch nicht recht; sagte: „Ihr Weiber, halt’t das Maul!“ Damit ging ich fort von ihn’n. – Sie aber beide hinter mir her mit Schelten. Das wollte kein Aufhören haben. – Ich sagte: „Wo ihr nicht geht und stillschweiget, ich will euch zerpeitschen!“ – Potz, hunderttausend! da war Öl ins Feuer kommen! Hatten sie nicht gescholten, so ging’s erst an, ohne Maß! – Ich ward auch bös und kriege meinen Ochsenziemer und schlage drein; immer eine umb die andere; bis sie beide zum Haus ausliefen. Das war wieder ein Unglück vor mich und kostet mich dreißig Thaler. Und wäre kein Wunder, ich wäre ein blutarmer Mann bei so viel erlittenem Schaden und Prozeß-Kosten. Denn sie nahmen Doktor Dürfeldten wider mich an. Ingleichen, der Schüren ihr Mann machte eine große Denunziation und Forderung an’n Rath. Die Herrn Skribenten auf dem Rathause waren auch gleich fix, Geld zu verdienen und Inquisition anzustellen. Aber ich kam mit einem Schreiben bei der Regierung ein, welche damals noch hier war, aber bald hernach nach Magdeburg verleget wurde. Da würden mir sechs Thaler Straf, der Schüren aber: mir eine Abbitte und Ehrenerklärung zu thun, auferlegt und wir verabschiedet. Ich erlegte meine sechs Thaler. Aber die Frau Schüren reisete ohne Abschied zum Thor hinaus. Einige Zeit hernach starb unser allergnädigster, lieber König zum höchsten Leiden des ganzen Landes. Denn man damals schon leicht gedenken kunnte, wie es uns gehen würde. Ich wußte die elende und trübseelige Zeit vorher wohl, und sagte es andern. Und selbst habe ich mich nicht draus gerettet; wiewohl ich Gelegenheit dazu hatte, diesem allen zu entfliehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0283"/> mich, so großen Hofbalbier; und was dergleichen loser Wind mehr war. – Mein Kopf stund auch nicht recht; sagte: „Ihr Weiber, halt’t das Maul!“ Damit ging ich fort von ihn’n. – Sie aber beide hinter mir her mit Schelten. Das wollte kein Aufhören haben. – Ich sagte: „Wo ihr nicht geht und stillschweiget, ich will euch zerpeitschen!“ – Potz, hunderttausend! da war Öl ins Feuer kommen! Hatten sie nicht gescholten, so ging’s erst an, ohne Maß! – Ich ward auch bös und kriege meinen Ochsenziemer und schlage drein; immer eine umb die andere; bis sie beide zum Haus ausliefen.</p> <p>Das war wieder ein Unglück vor mich und kostet mich dreißig Thaler. Und wäre kein Wunder, ich wäre ein blutarmer Mann bei so viel erlittenem Schaden und Prozeß-Kosten. Denn sie nahmen Doktor Dürfeldten wider mich an. Ingleichen, der Schüren ihr Mann machte eine große Denunziation und Forderung an’n Rath. Die Herrn Skribenten auf dem Rathause waren auch gleich fix, Geld zu verdienen und Inquisition anzustellen.</p> <p>Aber ich kam mit einem Schreiben bei der Regierung ein, welche damals noch hier war, aber bald hernach nach Magdeburg verleget wurde. Da würden mir sechs Thaler Straf, der Schüren aber: mir eine Abbitte und Ehrenerklärung zu thun, auferlegt und wir verabschiedet. Ich erlegte meine sechs Thaler. Aber die Frau Schüren reisete ohne Abschied zum Thor hinaus.</p> <p><hi rendition="#in">E</hi>inige Zeit hernach starb unser allergnädigster, lieber König zum höchsten Leiden des ganzen Landes. Denn man damals schon leicht gedenken kunnte, wie es uns gehen würde. Ich wußte die elende und trübseelige Zeit vorher wohl, und sagte es andern. Und selbst habe ich mich nicht draus gerettet; wiewohl ich Gelegenheit dazu hatte, diesem allen zu entfliehen.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0283]
mich, so großen Hofbalbier; und was dergleichen loser Wind mehr war. – Mein Kopf stund auch nicht recht; sagte: „Ihr Weiber, halt’t das Maul!“ Damit ging ich fort von ihn’n. – Sie aber beide hinter mir her mit Schelten. Das wollte kein Aufhören haben. – Ich sagte: „Wo ihr nicht geht und stillschweiget, ich will euch zerpeitschen!“ – Potz, hunderttausend! da war Öl ins Feuer kommen! Hatten sie nicht gescholten, so ging’s erst an, ohne Maß! – Ich ward auch bös und kriege meinen Ochsenziemer und schlage drein; immer eine umb die andere; bis sie beide zum Haus ausliefen.
Das war wieder ein Unglück vor mich und kostet mich dreißig Thaler. Und wäre kein Wunder, ich wäre ein blutarmer Mann bei so viel erlittenem Schaden und Prozeß-Kosten. Denn sie nahmen Doktor Dürfeldten wider mich an. Ingleichen, der Schüren ihr Mann machte eine große Denunziation und Forderung an’n Rath. Die Herrn Skribenten auf dem Rathause waren auch gleich fix, Geld zu verdienen und Inquisition anzustellen.
Aber ich kam mit einem Schreiben bei der Regierung ein, welche damals noch hier war, aber bald hernach nach Magdeburg verleget wurde. Da würden mir sechs Thaler Straf, der Schüren aber: mir eine Abbitte und Ehrenerklärung zu thun, auferlegt und wir verabschiedet. Ich erlegte meine sechs Thaler. Aber die Frau Schüren reisete ohne Abschied zum Thor hinaus.
Einige Zeit hernach starb unser allergnädigster, lieber König zum höchsten Leiden des ganzen Landes. Denn man damals schon leicht gedenken kunnte, wie es uns gehen würde. Ich wußte die elende und trübseelige Zeit vorher wohl, und sagte es andern. Und selbst habe ich mich nicht draus gerettet; wiewohl ich Gelegenheit dazu hatte, diesem allen zu entfliehen.
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/283>, abgerufen am 26.07.2024. |