Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.Dieser Wangenheim lag bei mir in Quartier. Und wann er von der Wach heimkam, setzte er sich, sans facon, zu mir an'n Tisch und fraß ohne Ersättigung alles weg. Weil ich nun einen schönen Karpen von drei Pfund gekauft und mir eine Freude gemacht, mit meinen Leuten allein davon zu essen, sagte ich zu meiner Frau: "Weil Wangenheim mit den andern auf der Wache, so komm du beizeiten aus der Kirche, damit wir essen, ehe der Fresser zu Hause kombt." Allein die Frau hatte es vergessen, oder that es aus Trotz: blieb außen. Ich sahe nach meinem Heimkommen lange nach ihr. Endlich kam sie mit der Frau Wernerothen in gutem Gespräch; und blieben am Röhrkasten stehen und schwatzten. Mich verdroß das; rief und winkete. Aber sie kehret sich an nichts. Endlich kam sie fein pathetisch, wie ihr Gebrauch, geschritten; zog sich erst lange aus. Ich sagte: "Ich habe nun gebeten, du solt beizeit zu Hause kommen, daß wir essen, ehe der Kerl kombt! Du folgest auch in keinem Stück! GOtt wird dich finden!" - Da hub sich solch Wetter mit der Frau an, dergleichen noch nie gewesen, daß ich aus Ungeduld und Übereilung hintappe auf die Seite und schlage ihr die Mütze vom Kopf. Es verlohnete sich aber nicht die Mühe und wär ein Aufheben gewesen, wann sie gleich recht durchgeprügelt worden; welches ich zwar nicht billige, noch vor Recht achte; allein die Frau hatte nicht Ursache, darüber so zu lärmen. Sie riß die Haube vom Kopf und die Haar auseinander, verstellete ihr Angesicht gräßlich und sagte: "Nun, nun, darauf habe ich lange gewart't. Nun soll dir's übel gehen! Die Kappe ist dir schon zugeschnitten!" (Nämlich bei Pastor Schwentzels,) Lief damit zum Haus hinaus zu ihrer Tochter. Dieser Wangenheim lag bei mir in Quartier. Und wann er von der Wach heimkam, setzte er sich, sans façon, zu mir an’n Tisch und fraß ohne Ersättigung alles weg. Weil ich nun einen schönen Karpen von drei Pfund gekauft und mir eine Freude gemacht, mit meinen Leuten allein davon zu essen, sagte ich zu meiner Frau: „Weil Wangenheim mit den andern auf der Wache, so komm du beizeiten aus der Kirche, damit wir essen, ehe der Fresser zu Hause kombt.“ Allein die Frau hatte es vergessen, oder that es aus Trotz: blieb außen. Ich sahe nach meinem Heimkommen lange nach ihr. Endlich kam sie mit der Frau Wernerothen in gutem Gespräch; und blieben am Röhrkasten stehen und schwatzten. Mich verdroß das; rief und winkete. Aber sie kehret sich an nichts. Endlich kam sie fein pathetisch, wie ihr Gebrauch, geschritten; zog sich erst lange aus. Ich sagte: „Ich habe nun gebeten, du solt beizeit zu Hause kommen, daß wir essen, ehe der Kerl kombt! Du folgest auch in keinem Stück! GOtt wird dich finden!“ – Da hub sich solch Wetter mit der Frau an, dergleichen noch nie gewesen, daß ich aus Ungeduld und Übereilung hintappe auf die Seite und schlage ihr die Mütze vom Kopf. Es verlohnete sich aber nicht die Mühe und wär ein Aufheben gewesen, wann sie gleich recht durchgeprügelt worden; welches ich zwar nicht billige, noch vor Recht achte; allein die Frau hatte nicht Ursache, darüber so zu lärmen. Sie riß die Haube vom Kopf und die Haar auseinander, verstellete ihr Angesicht gräßlich und sagte: „Nun, nun, darauf habe ich lange gewart’t. Nun soll dir’s übel gehen! Die Kappe ist dir schon zugeschnitten!“ (Nämlich bei Pastor Schwentzels,) Lief damit zum Haus hinaus zu ihrer Tochter. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <pb facs="#f0274"/> <p><hi rendition="#in">D</hi>ieser Wangenheim lag bei mir in Quartier. 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GOtt wird dich finden!“ – Da hub sich solch Wetter mit der Frau an, dergleichen noch nie gewesen, daß ich aus Ungeduld und Übereilung hintappe auf die Seite und schlage ihr die Mütze vom Kopf. Es verlohnete sich aber nicht die Mühe und wär ein Aufheben gewesen, wann sie gleich recht durchgeprügelt worden; welches ich zwar nicht billige, noch vor Recht achte; allein die Frau hatte nicht Ursache, darüber so zu lärmen.</p> <p>Sie riß die Haube vom Kopf und die Haar auseinander, verstellete ihr Angesicht gräßlich und sagte: „Nun, nun, darauf habe ich lange gewart’t. Nun soll dir’s übel gehen! Die Kappe ist dir schon zugeschnitten!“ (Nämlich bei Pastor Schwentzels,) Lief damit zum Haus hinaus zu ihrer Tochter.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0274]
Dieser Wangenheim lag bei mir in Quartier. Und wann er von der Wach heimkam, setzte er sich, sans façon, zu mir an’n Tisch und fraß ohne Ersättigung alles weg.
Weil ich nun einen schönen Karpen von drei Pfund gekauft und mir eine Freude gemacht, mit meinen Leuten allein davon zu essen, sagte ich zu meiner Frau: „Weil Wangenheim mit den andern auf der Wache, so komm du beizeiten aus der Kirche, damit wir essen, ehe der Fresser zu Hause kombt.“
Allein die Frau hatte es vergessen, oder that es aus Trotz: blieb außen. Ich sahe nach meinem Heimkommen lange nach ihr. Endlich kam sie mit der Frau Wernerothen in gutem Gespräch; und blieben am Röhrkasten stehen und schwatzten. Mich verdroß das; rief und winkete. Aber sie kehret sich an nichts. Endlich kam sie fein pathetisch, wie ihr Gebrauch, geschritten; zog sich erst lange aus.
Ich sagte: „Ich habe nun gebeten, du solt beizeit zu Hause kommen, daß wir essen, ehe der Kerl kombt! Du folgest auch in keinem Stück! GOtt wird dich finden!“ – Da hub sich solch Wetter mit der Frau an, dergleichen noch nie gewesen, daß ich aus Ungeduld und Übereilung hintappe auf die Seite und schlage ihr die Mütze vom Kopf. Es verlohnete sich aber nicht die Mühe und wär ein Aufheben gewesen, wann sie gleich recht durchgeprügelt worden; welches ich zwar nicht billige, noch vor Recht achte; allein die Frau hatte nicht Ursache, darüber so zu lärmen.
Sie riß die Haube vom Kopf und die Haar auseinander, verstellete ihr Angesicht gräßlich und sagte: „Nun, nun, darauf habe ich lange gewart’t. Nun soll dir’s übel gehen! Die Kappe ist dir schon zugeschnitten!“ (Nämlich bei Pastor Schwentzels,) Lief damit zum Haus hinaus zu ihrer Tochter.
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/274>, abgerufen am 26.07.2024. |