Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.Der Geheimbte Rath sahe mich an; endlich sagte er: "Ja, wann ich die schon ergangen und naufgesandten Reskripte wieder zurück hätte, so könnte man euch doch helfen." - Ich sagte mit großer Freudigkeit: "Hier sind sie, Ihro Excellenz". Gab ihm den noch versiegelten Befehl in die Hand. - "Das ist euer Glück. Wo seid ihr dazu kommen?" - Ich sagte: "Es hat sich ohngefähr so zugetragen." - "Nun, sagte er, kombt morgen, neun Uhr, an mein Haus, da sollt ihr eure Sache gut finden." - Ich wünschete alles, was ich wußte mit Reverenzen. Er befahl seinem Diener: mich gegenüber in sein Wirtshaus zu bringen und alimentieren zu lassen. Die Nacht wurde, nach Essen und Trinken, ohne Entgelt in ein schön Bett geleget. Des Morgens war es besser Wetter, und ging ich mit vielen Freuden und Lobe GOttes wieder nach Berlin. Just umb neun Uhr war ich da. Der Herr Geheimbte Rath hatte eben mit andern Leuten im Haus was zu thun. Da er mich sahe, kommittierte er gleich dem Geheimen Secretario meine Sache mit Kassation des Ergangenen und hartem Befehl: mich im geringsten nicht zu turbieren oder zu hindern, sondern bei dem Allergnädigsten Patente mich zu lassen. Das war wieder ein harter Donnerschlag vor die Barbier. Und wußten nicht, woher er kam! Hiemit ließen sie mich eine Weil ruhig sitzen. Inmittelst hatte der Leipziger Barbier Straubel, welcher die Mansbergerische Witwe und Tochter bei sich hatte, (welcher die Barbierstube gehörete, so die Barbier mir vormals nicht lassen gewollt, und an Geißlern, ohne alles Recht, verkaufet und das Geld zu sich genommen) einen großen Prozeß angefangen und gewonnen, daß die Barbier, ohne die großen Prozeß-Kosten, dreihundert Der Geheimbte Rath sahe mich an; endlich sagte er: „Ja, wann ich die schon ergangen und naufgesandten Reskripte wieder zurück hätte, so könnte man euch doch helfen.“ – Ich sagte mit großer Freudigkeit: „Hier sind sie, Ihro Excellenz“. Gab ihm den noch versiegelten Befehl in die Hand. – „Das ist euer Glück. Wo seid ihr dazu kommen?“ – Ich sagte: „Es hat sich ohngefähr so zugetragen.“ – „Nun, sagte er, kombt morgen, neun Uhr, an mein Haus, da sollt ihr eure Sache gut finden.“ – Ich wünschete alles, was ich wußte mit Reverenzen. Er befahl seinem Diener: mich gegenüber in sein Wirtshaus zu bringen und alimentieren zu lassen. Die Nacht wurde, nach Essen und Trinken, ohne Entgelt in ein schön Bett geleget. Des Morgens war es besser Wetter, und ging ich mit vielen Freuden und Lobe GOttes wieder nach Berlin. Just umb neun Uhr war ich da. Der Herr Geheimbte Rath hatte eben mit andern Leuten im Haus was zu thun. Da er mich sahe, kommittierte er gleich dem Geheimen Secretario meine Sache mit Kassation des Ergangenen und hartem Befehl: mich im geringsten nicht zu turbieren oder zu hindern, sondern bei dem Allergnädigsten Patente mich zu lassen. Das war wieder ein harter Donnerschlag vor die Barbier. Und wußten nicht, woher er kam! Hiemit ließen sie mich eine Weil ruhig sitzen. Inmittelst hatte der Leipziger Barbier Straubel, welcher die Mansbergerische Witwe und Tochter bei sich hatte, (welcher die Barbierstube gehörete, so die Barbier mir vormals nicht lassen gewollt, und an Geißlern, ohne alles Recht, verkaufet und das Geld zu sich genommen) einen großen Prozeß angefangen und gewonnen, daß die Barbier, ohne die großen Prozeß-Kosten, dreihundert <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <pb facs="#f0227"/> <p>Der Geheimbte Rath sahe mich an; endlich sagte er: „Ja, wann ich die schon ergangen und naufgesandten Reskripte wieder zurück hätte, so könnte man euch doch helfen.“ – Ich sagte mit großer Freudigkeit: „Hier sind sie, Ihro Excellenz“. Gab ihm den noch versiegelten Befehl in die Hand. – „Das ist euer Glück. Wo seid ihr dazu kommen?“ – Ich sagte: „Es hat sich ohngefähr so zugetragen.“ – „Nun, sagte er, kombt morgen, neun Uhr, an mein Haus, da sollt ihr eure Sache gut finden.“ – Ich wünschete alles, was ich wußte mit Reverenzen.</p> <p>Er befahl seinem Diener: mich gegenüber in sein Wirtshaus zu bringen und alimentieren zu lassen. Die Nacht wurde, nach Essen und Trinken, ohne Entgelt in ein schön Bett geleget.</p> <p>Des Morgens war es besser Wetter, und ging ich mit vielen Freuden und Lobe GOttes wieder nach Berlin. Just umb neun Uhr war ich da.</p> <p>Der Herr Geheimbte Rath hatte eben mit andern Leuten im Haus was zu thun. Da er mich sahe, kommittierte er gleich dem Geheimen <hi rendition="#aq">Secretario</hi> meine Sache mit Kassation des Ergangenen und hartem Befehl: mich im geringsten nicht zu turbieren oder zu hindern, sondern bei dem Allergnädigsten Patente mich zu lassen. Das war wieder ein harter Donnerschlag vor die Barbier. Und wußten nicht, woher er kam! 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Der Geheimbte Rath sahe mich an; endlich sagte er: „Ja, wann ich die schon ergangen und naufgesandten Reskripte wieder zurück hätte, so könnte man euch doch helfen.“ – Ich sagte mit großer Freudigkeit: „Hier sind sie, Ihro Excellenz“. Gab ihm den noch versiegelten Befehl in die Hand. – „Das ist euer Glück. Wo seid ihr dazu kommen?“ – Ich sagte: „Es hat sich ohngefähr so zugetragen.“ – „Nun, sagte er, kombt morgen, neun Uhr, an mein Haus, da sollt ihr eure Sache gut finden.“ – Ich wünschete alles, was ich wußte mit Reverenzen.
Er befahl seinem Diener: mich gegenüber in sein Wirtshaus zu bringen und alimentieren zu lassen. Die Nacht wurde, nach Essen und Trinken, ohne Entgelt in ein schön Bett geleget.
Des Morgens war es besser Wetter, und ging ich mit vielen Freuden und Lobe GOttes wieder nach Berlin. Just umb neun Uhr war ich da.
Der Herr Geheimbte Rath hatte eben mit andern Leuten im Haus was zu thun. Da er mich sahe, kommittierte er gleich dem Geheimen Secretario meine Sache mit Kassation des Ergangenen und hartem Befehl: mich im geringsten nicht zu turbieren oder zu hindern, sondern bei dem Allergnädigsten Patente mich zu lassen. Das war wieder ein harter Donnerschlag vor die Barbier. Und wußten nicht, woher er kam! Hiemit ließen sie mich eine Weil ruhig sitzen.
Inmittelst hatte der Leipziger Barbier Straubel, welcher die Mansbergerische Witwe und Tochter bei sich hatte, (welcher die Barbierstube gehörete, so die Barbier mir vormals nicht lassen gewollt, und an Geißlern, ohne alles Recht, verkaufet und das Geld zu sich genommen) einen großen Prozeß angefangen und gewonnen, daß die Barbier, ohne die großen Prozeß-Kosten, dreihundert
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/227>, abgerufen am 05.07.2024. |