Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.einer so viel fragen, als zehn nicht beantworten können. Aber, es mußte sich alles so schicken, daß es in contumaciam ergehen mußte und die Herrn Doctores mir vortreffliche attesta vom examine gaben. Der ganze Rath war zugegen und ein jeder kuriös, zu hören - teils auf der Barbierer Seite, teils auf meiner Seite. Da sollte wohl mancher die Nase davon halten, ehe er durch diese Klippen ginge! Doch ich kam gut weg und hing meine Becken gleich aus. Und, wie es denn zu gehen pfleget, hatte ich, als was Neues, großen Zulauf und mußte Gesellen und Jungen annehmen. War anno 1694. Die Barbierinnung kriegete hierauf solchen scharfen Befehl, bei gänzlicher Kassation aller ihrer privilegiorum, wo sie mich turbieren oder nicht einnehmen wollten. Worauf sie mich zur Innung bitten und meine Session anweisen thäten. Es war gleich zur Zeit, daß die hiesige Friedrichs-Universität inaugurieret wurde in Halle. Da wurd alles voll Volk, Studenten und Frembde, daß ich in einem Viertel-Jahr meine ganze Hausmiethe profitierte. Es wurden vier Ehrenpforten, nach den vier Salzbrunnen, auf dem Markt erbauet; als felsenhoch darauf die Sonne, oder ein fliegend Pferd, oder Neptun und dergleichen. Darunter floß kontinuierlich, durch die Kunst, Wasser herab und stunden die preußischen Riesen auf jeden Seiten. Inwendig waren Chöre mit allerhand Instrumenten, Sängern und Pauken und Trompeten. Und war überaus prächtig anzusehen, als der liebe, höchstseelige König bei hellem Mittag einzog, da ein heller Stern erschien zu höchster Glorie des Königes. Es waren auch vier Weinbrunnen am Markt erbauet, herrlich! Daraus auf vier Stunden Wein lief und jeder trank, wer da konnte. Auch einer so viel fragen, als zehn nicht beantworten können. Aber, es mußte sich alles so schicken, daß es in contumaciam ergehen mußte und die Herrn Doctores mir vortreffliche attesta vom examine gaben. Der ganze Rath war zugegen und ein jeder kuriös, zu hören – teils auf der Barbierer Seite, teils auf meiner Seite. Da sollte wohl mancher die Nase davon halten, ehe er durch diese Klippen ginge! Doch ich kam gut weg und hing meine Becken gleich aus. Und, wie es denn zu gehen pfleget, hatte ich, als was Neues, großen Zulauf und mußte Gesellen und Jungen annehmen. War anno 1694. Die Barbierinnung kriegete hierauf solchen scharfen Befehl, bei gänzlicher Kassation aller ihrer privilegiorum, wo sie mich turbieren oder nicht einnehmen wollten. Worauf sie mich zur Innung bitten und meine Session anweisen thäten. Es war gleich zur Zeit, daß die hiesige Friedrichs-Universität inaugurieret wurde in Halle. Da wurd alles voll Volk, Studenten und Frembde, daß ich in einem Viertel-Jahr meine ganze Hausmiethe profitierte. Es wurden vier Ehrenpforten, nach den vier Salzbrunnen, auf dem Markt erbauet; als felsenhoch darauf die Sonne, oder ein fliegend Pferd, oder Neptun und dergleichen. Darunter floß kontinuierlich, durch die Kunst, Wasser herab und stunden die preußischen Riesen auf jeden Seiten. Inwendig waren Chöre mit allerhand Instrumenten, Sängern und Pauken und Trompeten. Und war überaus prächtig anzusehen, als der liebe, höchstseelige König bei hellem Mittag einzog, da ein heller Stern erschien zu höchster Glorie des Königes. Es waren auch vier Weinbrunnen am Markt erbauet, herrlich! Daraus auf vier Stunden Wein lief und jeder trank, wer da konnte. Auch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0223"/> einer so viel fragen, als zehn nicht beantworten können. Aber, es mußte sich alles so schicken, daß es in <hi rendition="#aq">contumaciam</hi> ergehen mußte und die Herrn Doctores mir vortreffliche <hi rendition="#aq">attesta</hi> vom <hi rendition="#aq">examine</hi> gaben. 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einer so viel fragen, als zehn nicht beantworten können. Aber, es mußte sich alles so schicken, daß es in contumaciam ergehen mußte und die Herrn Doctores mir vortreffliche attesta vom examine gaben. Der ganze Rath war zugegen und ein jeder kuriös, zu hören – teils auf der Barbierer Seite, teils auf meiner Seite. Da sollte wohl mancher die Nase davon halten, ehe er durch diese Klippen ginge! Doch ich kam gut weg und hing meine Becken gleich aus.
Und, wie es denn zu gehen pfleget, hatte ich, als was Neues, großen Zulauf und mußte Gesellen und Jungen annehmen. War anno 1694.
Die Barbierinnung kriegete hierauf solchen scharfen Befehl, bei gänzlicher Kassation aller ihrer privilegiorum, wo sie mich turbieren oder nicht einnehmen wollten. Worauf sie mich zur Innung bitten und meine Session anweisen thäten.
Es war gleich zur Zeit, daß die hiesige Friedrichs-Universität inaugurieret wurde in Halle. Da wurd alles voll Volk, Studenten und Frembde, daß ich in einem Viertel-Jahr meine ganze Hausmiethe profitierte.
Es wurden vier Ehrenpforten, nach den vier Salzbrunnen, auf dem Markt erbauet; als felsenhoch darauf die Sonne, oder ein fliegend Pferd, oder Neptun und dergleichen. Darunter floß kontinuierlich, durch die Kunst, Wasser herab und stunden die preußischen Riesen auf jeden Seiten. Inwendig waren Chöre mit allerhand Instrumenten, Sängern und Pauken und Trompeten. Und war überaus prächtig anzusehen, als der liebe, höchstseelige König bei hellem Mittag einzog, da ein heller Stern erschien zu höchster Glorie des Königes. Es waren auch vier Weinbrunnen am Markt erbauet, herrlich! Daraus auf vier Stunden Wein lief und jeder trank, wer da konnte. Auch
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/223>, abgerufen am 05.07.2024. |