Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.Hingegens, wann nach sieben Stunden Flut kam, gleichsam gewalzet, richten sich die Schiff wieder in die Höhe, welche in der Ebbe auf der Seite und im Sande liegen. Nach Verfliessung einer Zeit hoben wir unsere Anker und gingen in See, längstens der Küste hin. Weil es schön, hell Wetter, konnten wir weit ins platte Land sehen. Sahen aber nichts, als dann und wann weiße Hasen, weiße Füchse und viel Vögel. Unter andern war einer - viel größer, als der große Truthahn - am Seestrand, war ganz rauch, wie ein Schaf, und schreiete immer erschröcklich graß in die See hinein. Ich wurd berichtet (und mir auch der Name benennet): daß seine Federn sehr kostbar und dem Könige gebracht werden müßten. Wir entdeckten im Lande weit hinein etliche Berge, welche, da die Sonne auf schien, wie pures Silber und Gold blitzten und schimmerten. Ich lag dem Kapitän sehr an, daß wir dahin und sehen wollten, was das wär? Ihm dabei erzählete: wie ich in Kopenhagen gehöret, daß der König etliche Schiff ausgerüstet, die nordischen Länder zu erkundigen; und einer davon dergleichen Silberberg angetroffen, in dieser Höhe, davon er ein ganzes Schiff voll eingeladen und nach Kopenhagen gebracht. Vermeinet', es wäre lauter Silbersand. Als es aber der König probieren lassen, konnte nichts draus gemacht werden. Worüber der Schiffer ausgelacht und verhöhnet worden. So er sich zu Gemüth genommen und sich ins Meer gestürzet; seine Gesellen sich aber zerstreuet hätten. Nach langer Zeit kombt ein erfahrner Alchimiste über das etwa Zurückgebliebene und machet das herrlichste Silber draus. Hingegens, wann nach sieben Stunden Flut kam, gleichsam gewalzet, richten sich die Schiff wieder in die Höhe, welche in der Ebbe auf der Seite und im Sande liegen. Nach Verfliessung einer Zeit hoben wir unsere Anker und gingen in See, längstens der Küste hin. Weil es schön, hell Wetter, konnten wir weit ins platte Land sehen. Sahen aber nichts, als dann und wann weiße Hasen, weiße Füchse und viel Vögel. Unter andern war einer – viel größer, als der große Truthahn – am Seestrand, war ganz rauch, wie ein Schaf, und schreiete immer erschröcklich graß in die See hinein. Ich wurd berichtet (und mir auch der Name benennet): daß seine Federn sehr kostbar und dem Könige gebracht werden müßten. Wir entdeckten im Lande weit hinein etliche Berge, welche, da die Sonne auf schien, wie pures Silber und Gold blitzten und schimmerten. Ich lag dem Kapitän sehr an, daß wir dahin und sehen wollten, was das wär? Ihm dabei erzählete: wie ich in Kopenhagen gehöret, daß der König etliche Schiff ausgerüstet, die nordischen Länder zu erkundigen; und einer davon dergleichen Silberberg angetroffen, in dieser Höhe, davon er ein ganzes Schiff voll eingeladen und nach Kopenhagen gebracht. Vermeinet’, es wäre lauter Silbersand. Als es aber der König probieren lassen, konnte nichts draus gemacht werden. Worüber der Schiffer ausgelacht und verhöhnet worden. So er sich zu Gemüth genommen und sich ins Meer gestürzet; seine Gesellen sich aber zerstreuet hätten. Nach langer Zeit kombt ein erfahrner Alchimiste über das etwa Zurückgebliebene und machet das herrlichste Silber draus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0146"/> Hingegens, wann nach sieben Stunden Flut kam, gleichsam gewalzet, richten sich die Schiff wieder in die Höhe, welche in der Ebbe auf der Seite und im Sande liegen.</p> <p><hi rendition="#in">N</hi>ach Verfliessung einer Zeit hoben wir unsere Anker und gingen in See, längstens der Küste hin. Weil es schön, hell Wetter, konnten wir weit ins platte Land sehen. Sahen aber nichts, als dann und wann weiße Hasen, weiße Füchse und viel Vögel. 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So er sich zu Gemüth genommen und sich ins Meer gestürzet; seine Gesellen sich aber zerstreuet hätten. Nach langer Zeit kombt ein erfahrner Alchimiste über das etwa Zurückgebliebene und machet das herrlichste Silber draus. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0146]
Hingegens, wann nach sieben Stunden Flut kam, gleichsam gewalzet, richten sich die Schiff wieder in die Höhe, welche in der Ebbe auf der Seite und im Sande liegen.
Nach Verfliessung einer Zeit hoben wir unsere Anker und gingen in See, längstens der Küste hin. Weil es schön, hell Wetter, konnten wir weit ins platte Land sehen. Sahen aber nichts, als dann und wann weiße Hasen, weiße Füchse und viel Vögel. Unter andern war einer – viel größer, als der große Truthahn – am Seestrand, war ganz rauch, wie ein Schaf, und schreiete immer erschröcklich graß in die See hinein. Ich wurd berichtet (und mir auch der Name benennet): daß seine Federn sehr kostbar und dem Könige gebracht werden müßten.
Wir entdeckten im Lande weit hinein etliche Berge, welche, da die Sonne auf schien, wie pures Silber und Gold blitzten und schimmerten.
Ich lag dem Kapitän sehr an, daß wir dahin und sehen wollten, was das wär? Ihm dabei erzählete: wie ich in Kopenhagen gehöret, daß der König etliche Schiff ausgerüstet, die nordischen Länder zu erkundigen; und einer davon dergleichen Silberberg angetroffen, in dieser Höhe, davon er ein ganzes Schiff voll eingeladen und nach Kopenhagen gebracht. Vermeinet’, es wäre lauter Silbersand. Als es aber der König probieren lassen, konnte nichts draus gemacht werden. Worüber der Schiffer ausgelacht und verhöhnet worden. So er sich zu Gemüth genommen und sich ins Meer gestürzet; seine Gesellen sich aber zerstreuet hätten. Nach langer Zeit kombt ein erfahrner Alchimiste über das etwa Zurückgebliebene und machet das herrlichste Silber draus.
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/146>, abgerufen am 16.02.2025. |