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Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

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Einiges Fleisch von'n Pfoten und Keulen gebraten, hat mir ganz wohl geschmecket.

Die Häute aber, derer wir mehr bekamen, wurden in einem Sacke mit Sägespähnen, wie die Seehunde-Leder auch, gar getrampelt, welches die Leute thun mußten, wann sie bei gutem Wetter sonst nichts zu thun hatten.

Wiewohl sie sonsten bei dergleichen Wetter auf dem Schiff allerhand Komödien untereinander spieleten; und der Kommandeur solches oft selbst anordnete, umb daß sich das Volk bewegen, lustig sein und solcher Gestalt vorm Scharbock (welcher in der See van der dicken, salzigen Luft, von der Kälte und von harter und gesalzener, alten Speise und purem Wassertrinken herkombt) präkavieren sollte. Da hätte man sehen sollen, wann sie auf dem Schiff alte Segel, vor Wände, aufgemacht, was vor Händel die Holländer, welches ohndem ein Schalksvolk ist, gemacht, von allerhand Historien und Kurzweil, daß ich, der Kommandeur und Offizier uns fast zu Schanden gelacht hätten.

Sonst halten es die Holländer auf ihren Schiffen sehr accurat, rein und strenge. Wer was thut wider ihre Ordnung und Gesetz, fluchet, sich schläget, mit dem Messer sticht oder schneidt, wie sie pflegen zu thun - gleich das Messer durch den Hut stoßen und damit einander aufs Leder gehen - oder ohne Not nicht zum Gebet kommet: da ist gleich Standrecht über ihm gehalten, das Urtel gesprochen und an ihm exequieret wird: entweder vor dem Mast von allen mit einem Stück starken Tau oder Zeil, so viel Schlage, als ihm zuerkannt, auf die angezogenen Broken, oder er vors bloße Gatt geschlagen wird, oder auf ein oder zwei Monat Sold gestraft, oder gar mit einem Seil etliche mal in die See geworfen wird.

Es darf kein Mensch aufm Schiff sein'n Behuf thun; es sei denn, daß er sehr krank ist, sondern muß hinaus,

Einiges Fleisch von’n Pfoten und Keulen gebraten, hat mir ganz wohl geschmecket.

Die Häute aber, derer wir mehr bekamen, wurden in einem Sacke mit Sägespähnen, wie die Seehunde-Leder auch, gar getrampelt, welches die Leute thun mußten, wann sie bei gutem Wetter sonst nichts zu thun hatten.

Wiewohl sie sonsten bei dergleichen Wetter auf dem Schiff allerhand Komödien untereinander spieleten; und der Kommandeur solches oft selbst anordnete, umb daß sich das Volk bewegen, lustig sein und solcher Gestalt vorm Scharbock (welcher in der See van der dicken, salzigen Luft, von der Kälte und von harter und gesalzener, alten Speise und purem Wassertrinken herkombt) präkavieren sollte. Da hätte man sehen sollen, wann sie auf dem Schiff alte Segel, vor Wände, aufgemacht, was vor Händel die Holländer, welches ohndem ein Schalksvolk ist, gemacht, von allerhand Historien und Kurzweil, daß ich, der Kommandeur und Offizier uns fast zu Schanden gelacht hätten.

Sonst halten es die Holländer auf ihren Schiffen sehr accurat, rein und strenge. Wer was thut wider ihre Ordnung und Gesetz, fluchet, sich schläget, mit dem Messer sticht oder schneidt, wie sie pflegen zu thun – gleich das Messer durch den Hut stoßen und damit einander aufs Leder gehen – oder ohne Not nicht zum Gebet kommet: da ist gleich Standrecht über ihm gehalten, das Urtel gesprochen und an ihm exequieret wird: entweder vor dem Mast von allen mit einem Stück starken Tau oder Zeil, so viel Schlage, als ihm zuerkannt, auf die angezogenen Broken, oder er vors bloße Gatt geschlagen wird, oder auf ein oder zwei Monat Sold gestraft, oder gar mit einem Seil etliche mal in die See geworfen wird.

Es darf kein Mensch aufm Schiff sein’n Behuf thun; es sei denn, daß er sehr krank ist, sondern muß hinaus,

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[0135] Einiges Fleisch von’n Pfoten und Keulen gebraten, hat mir ganz wohl geschmecket. Die Häute aber, derer wir mehr bekamen, wurden in einem Sacke mit Sägespähnen, wie die Seehunde-Leder auch, gar getrampelt, welches die Leute thun mußten, wann sie bei gutem Wetter sonst nichts zu thun hatten. Wiewohl sie sonsten bei dergleichen Wetter auf dem Schiff allerhand Komödien untereinander spieleten; und der Kommandeur solches oft selbst anordnete, umb daß sich das Volk bewegen, lustig sein und solcher Gestalt vorm Scharbock (welcher in der See van der dicken, salzigen Luft, von der Kälte und von harter und gesalzener, alten Speise und purem Wassertrinken herkombt) präkavieren sollte. Da hätte man sehen sollen, wann sie auf dem Schiff alte Segel, vor Wände, aufgemacht, was vor Händel die Holländer, welches ohndem ein Schalksvolk ist, gemacht, von allerhand Historien und Kurzweil, daß ich, der Kommandeur und Offizier uns fast zu Schanden gelacht hätten. Sonst halten es die Holländer auf ihren Schiffen sehr accurat, rein und strenge. Wer was thut wider ihre Ordnung und Gesetz, fluchet, sich schläget, mit dem Messer sticht oder schneidt, wie sie pflegen zu thun – gleich das Messer durch den Hut stoßen und damit einander aufs Leder gehen – oder ohne Not nicht zum Gebet kommet: da ist gleich Standrecht über ihm gehalten, das Urtel gesprochen und an ihm exequieret wird: entweder vor dem Mast von allen mit einem Stück starken Tau oder Zeil, so viel Schlage, als ihm zuerkannt, auf die angezogenen Broken, oder er vors bloße Gatt geschlagen wird, oder auf ein oder zwei Monat Sold gestraft, oder gar mit einem Seil etliche mal in die See geworfen wird. Es darf kein Mensch aufm Schiff sein’n Behuf thun; es sei denn, daß er sehr krank ist, sondern muß hinaus,

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Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/135>, abgerufen am 25.11.2024.