Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.

Bild:
<< vorherige Seite

Eil nach dem Schiff. Sobald mich aber der Fisch gewahr wurde, ging er durch, wie ein Holländer. Kam aber bald mit noch einem weiblichen hervor. Diese beiden begatten sich ordentlich, wie ein Mensch. Und habe lange zugesehen, daß der eine sich aufn Rücken, an den andern und etliche mal unter den andern geleget, und also gespielet haben. Es ist zu verwundern, daß das Weiblein ein ordentlich membrum und Brüste hat, woran zwei Junge saugen und oft neben her gehn. Das Männlein aber hat sein membrum virile vier bis fünf Ellen lang und seine testiculos, so aber inwendig befunden werden. Es ist zwar streitbar, daß das sperma ceti eigentlich vom Walfisch komme. Allein ich glaube es, wann mir nicht ein besser Grund erwiesen wird, indem zu solcher Zeit, wann sich der Walfisch in dieser kühlen Eis-See begattet, (weil er wegen seiner Größe und Hitze solches in der heißen West-See nicht verrichten kann) sie ganz voller fettigtem Samen schwimmet, welcher dem Fisch entgehet. Ich habe solchen an der Sonne getrücknet und eben so schulbrich und fettig befunden. - Es müßte denn sein, daß das sperma ceti von einem andern Fisch und anders zubereitet würde.

Wiedrum ein andermal, als die Sonne in Mitternacht gestanden, erhub sich nicht weit vom Schiff ein erschröcklich Geräusch, und sahe ich's mit großem Schnauben dick, schwarz, wie große Kufen, übereinander hergewalzet kommen, welche sich hoch, wie Schlangen, über der See herwalzeten waren sehr lang und wohl funfzehen bis achtzehen Ellen, und dicke, größer als Merseburger Kufen, hatten vorn aufm Kopf schneeweiße, gedrehete Hörner, von drei, vier bis fünf Ellen ohngefähr. Diese rauscheten also das Schiff vorbei. Und sagten die erfahrnen Leute, daß es See-Einhörner wären.

Ich habe nach der Zeit mehr gesehen, von einer andern

Eil nach dem Schiff. Sobald mich aber der Fisch gewahr wurde, ging er durch, wie ein Holländer. Kam aber bald mit noch einem weiblichen hervor. Diese beiden begatten sich ordentlich, wie ein Mensch. Und habe lange zugesehen, daß der eine sich aufn Rücken, an den andern und etliche mal unter den andern geleget, und also gespielet haben. Es ist zu verwundern, daß das Weiblein ein ordentlich membrum und Brüste hat, woran zwei Junge saugen und oft neben her gehn. Das Männlein aber hat sein membrum virile vier bis fünf Ellen lang und seine testiculos, so aber inwendig befunden werden. Es ist zwar streitbar, daß das sperma ceti eigentlich vom Walfisch komme. Allein ich glaube es, wann mir nicht ein besser Grund erwiesen wird, indem zu solcher Zeit, wann sich der Walfisch in dieser kühlen Eis-See begattet, (weil er wegen seiner Größe und Hitze solches in der heißen West-See nicht verrichten kann) sie ganz voller fettigtem Samen schwimmet, welcher dem Fisch entgehet. Ich habe solchen an der Sonne getrücknet und eben so schulbrich und fettig befunden. – Es müßte denn sein, daß das sperma ceti von einem andern Fisch und anders zubereitet würde.

Wiedrum ein andermal, als die Sonne in Mitternacht gestanden, erhub sich nicht weit vom Schiff ein erschröcklich Geräusch, und sahe ich’s mit großem Schnauben dick, schwarz, wie große Kufen, übereinander hergewalzet kommen, welche sich hoch, wie Schlangen, über der See herwalzeten waren sehr lang und wohl funfzehen bis achtzehen Ellen, und dicke, größer als Merseburger Kufen, hatten vorn aufm Kopf schneeweiße, gedrehete Hörner, von drei, vier bis fünf Ellen ohngefähr. Diese rauscheten also das Schiff vorbei. Und sagten die erfahrnen Leute, daß es See-Einhörner wären.

Ich habe nach der Zeit mehr gesehen, von einer andern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0133"/>
Eil nach dem Schiff. Sobald mich aber der Fisch gewahr wurde, ging er durch, wie ein Holländer. Kam aber bald mit noch einem weiblichen hervor. Diese beiden begatten sich ordentlich, wie ein Mensch. Und habe lange zugesehen, daß der eine sich aufn Rücken, an den andern und etliche mal unter den andern geleget, und also gespielet haben. Es ist zu verwundern, daß das Weiblein ein ordentlich <hi rendition="#aq">membrum</hi> und Brüste hat, woran zwei Junge saugen und oft neben her gehn. Das Männlein aber hat sein <hi rendition="#aq">membrum virile</hi> vier bis fünf Ellen lang und seine <hi rendition="#aq">testiculos</hi>, so aber inwendig befunden werden. Es ist zwar streitbar, daß das <hi rendition="#aq">sperma ceti</hi> eigentlich vom Walfisch komme. Allein ich glaube es, wann mir nicht ein besser Grund erwiesen wird, indem zu solcher Zeit, wann sich der Walfisch in dieser kühlen Eis-See begattet, (weil er wegen seiner Größe und Hitze solches in der heißen West-See nicht verrichten kann) sie ganz voller fettigtem Samen schwimmet, welcher dem Fisch entgehet. Ich habe solchen an der Sonne getrücknet und eben so schulbrich und fettig befunden. &#x2013; Es müßte denn sein, daß das <hi rendition="#aq">sperma ceti</hi> von einem andern Fisch und anders zubereitet würde.</p>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>iedrum ein andermal, als die Sonne in Mitternacht gestanden, erhub sich nicht weit vom Schiff ein erschröcklich Geräusch, und sahe ich&#x2019;s mit großem Schnauben dick, schwarz, wie große Kufen, übereinander hergewalzet kommen, welche sich hoch, wie Schlangen, über der See herwalzeten waren sehr lang und wohl funfzehen bis achtzehen Ellen, und dicke, größer als Merseburger Kufen, hatten vorn aufm Kopf schneeweiße, gedrehete Hörner, von drei, vier bis fünf Ellen ohngefähr. Diese rauscheten also das Schiff vorbei. Und sagten die erfahrnen Leute, daß es See-Einhörner wären.</p>
          <p>Ich habe nach der Zeit mehr gesehen, von einer andern
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0133] Eil nach dem Schiff. Sobald mich aber der Fisch gewahr wurde, ging er durch, wie ein Holländer. Kam aber bald mit noch einem weiblichen hervor. Diese beiden begatten sich ordentlich, wie ein Mensch. Und habe lange zugesehen, daß der eine sich aufn Rücken, an den andern und etliche mal unter den andern geleget, und also gespielet haben. Es ist zu verwundern, daß das Weiblein ein ordentlich membrum und Brüste hat, woran zwei Junge saugen und oft neben her gehn. Das Männlein aber hat sein membrum virile vier bis fünf Ellen lang und seine testiculos, so aber inwendig befunden werden. Es ist zwar streitbar, daß das sperma ceti eigentlich vom Walfisch komme. Allein ich glaube es, wann mir nicht ein besser Grund erwiesen wird, indem zu solcher Zeit, wann sich der Walfisch in dieser kühlen Eis-See begattet, (weil er wegen seiner Größe und Hitze solches in der heißen West-See nicht verrichten kann) sie ganz voller fettigtem Samen schwimmet, welcher dem Fisch entgehet. Ich habe solchen an der Sonne getrücknet und eben so schulbrich und fettig befunden. – Es müßte denn sein, daß das sperma ceti von einem andern Fisch und anders zubereitet würde. Wiedrum ein andermal, als die Sonne in Mitternacht gestanden, erhub sich nicht weit vom Schiff ein erschröcklich Geräusch, und sahe ich’s mit großem Schnauben dick, schwarz, wie große Kufen, übereinander hergewalzet kommen, welche sich hoch, wie Schlangen, über der See herwalzeten waren sehr lang und wohl funfzehen bis achtzehen Ellen, und dicke, größer als Merseburger Kufen, hatten vorn aufm Kopf schneeweiße, gedrehete Hörner, von drei, vier bis fünf Ellen ohngefähr. Diese rauscheten also das Schiff vorbei. Und sagten die erfahrnen Leute, daß es See-Einhörner wären. Ich habe nach der Zeit mehr gesehen, von einer andern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition (2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition (2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/133
Zitationshilfe: Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/133>, abgerufen am 24.11.2024.