Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.sein und das Pack jemand abgenommen haben! - Ich verantwortet mich mit allem Glimpf und Bescheidenheit und durfte nicht viel trotzen; sonst würde ich übel ankommen sein. Als sie aber meine Unschuld erkannten, ließen sie mich gehen und trugen ein Mitleiden mit mir, sonderlich die Weiber, versprachen auch: mich wieder auf den rechten Weg, von welchem ich wohl vier Meiln irre gegangen, zu bringen. Sie machten mir ein Lager hinterm Tisch. Meinen Pack untern Kopf. Da schlief und ruhet' ich eine feine Weil. Ließ mir mehr zu trinken geben. Nahm meinen Wegweiser und zog aus. Als er mich nun auf den rechten Weg vermeinet gebracht zu haben, schied er nach einem Rekompens van mir. Und ich immer sachte fort, weil ich noch müde war. Ohngefähr eine Meil von Oldesloe will ich mich unter einem Haselstrauch niedersetzen und lege ohngefähr die Hand zuerst hin und komme mit der rechten Hand auf eine Fieber-Schlange, dern des Orts gar viel sind. Das Thierchen beißt mich gleich durch den Finger, daß ich überlaut schrei, indem solches mir so wehe that, als wann mir ein Degen in'n Leib ginge. Doch resolvierete mich gleich, in Augenblick, eingedenk zu sein, gelesen zu haben aus dem Crollio und andern: wie eben die gleiche Schlange ihr angehauchtes Gift müße wieder ausziehen; gleich wie bei den tollen Hunden, Wölfen, Mücken, Bienen und dergleichen. - Schmeiße mit dem Degen und der Scheide die giftige Natter tot und wickelte sie in mein Schnupftuch, welches mein Glück war! Sonst hätte sterben müssen, wie es dasiger Orten Viehe und Menschen wiederfähret. - Und siehet man hieraus abermals die sonderbare Providenz des allsehenden GOttes, der da versuchen läßt, aber nicht über unser Vermögen; sondern sein und das Pack jemand abgenommen haben! – Ich verantwortet mich mit allem Glimpf und Bescheidenheit und durfte nicht viel trotzen; sonst würde ich übel ankommen sein. Als sie aber meine Unschuld erkannten, ließen sie mich gehen und trugen ein Mitleiden mit mir, sonderlich die Weiber, versprachen auch: mich wieder auf den rechten Weg, von welchem ich wohl vier Meiln irre gegangen, zu bringen. Sie machten mir ein Lager hinterm Tisch. Meinen Pack untern Kopf. Da schlief und ruhet’ ich eine feine Weil. Ließ mir mehr zu trinken geben. Nahm meinen Wegweiser und zog aus. Als er mich nun auf den rechten Weg vermeinet gebracht zu haben, schied er nach einem Rekompens van mir. Und ich immer sachte fort, weil ich noch müde war. Ohngefähr eine Meil von Oldesloe will ich mich unter einem Haselstrauch niedersetzen und lege ohngefähr die Hand zuerst hin und komme mit der rechten Hand auf eine Fieber-Schlange, dern des Orts gar viel sind. Das Thierchen beißt mich gleich durch den Finger, daß ich überlaut schrei, indem solches mir so wehe that, als wann mir ein Degen in’n Leib ginge. Doch resolvierete mich gleich, in Augenblick, eingedenk zu sein, gelesen zu haben aus dem Crollio und andern: wie eben die gleiche Schlange ihr angehauchtes Gift müße wieder ausziehen; gleich wie bei den tollen Hunden, Wölfen, Mücken, Bienen und dergleichen. – Schmeiße mit dem Degen und der Scheide die giftige Natter tot und wickelte sie in mein Schnupftuch, welches mein Glück war! Sonst hätte sterben müssen, wie es dasiger Orten Viehe und Menschen wiederfähret. – Und siehet man hieraus abermals die sonderbare Providenz des allsehenden GOttes, der da versuchen läßt, aber nicht über unser Vermögen; sondern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0118"/> sein und das Pack jemand abgenommen haben! – Ich verantwortet mich mit allem Glimpf und Bescheidenheit und durfte nicht viel trotzen; sonst würde ich übel ankommen sein.</p> <p>Als sie aber meine Unschuld erkannten, ließen sie mich gehen und trugen ein Mitleiden mit mir, sonderlich die Weiber, versprachen auch: mich wieder auf den rechten Weg, von welchem ich wohl vier Meiln irre gegangen, zu bringen. Sie machten mir ein Lager hinterm Tisch. Meinen Pack untern Kopf. Da schlief und ruhet’ ich eine feine Weil. Ließ mir mehr zu trinken geben. Nahm meinen Wegweiser und zog aus. Als er mich nun auf den rechten Weg vermeinet gebracht zu haben, schied er nach einem Rekompens van mir. 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Sonst hätte sterben müssen, wie es dasiger Orten Viehe und Menschen wiederfähret. – Und siehet man hieraus abermals die sonderbare Providenz des allsehenden GOttes, der da versuchen läßt, aber nicht über unser Vermögen; sondern </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0118]
sein und das Pack jemand abgenommen haben! – Ich verantwortet mich mit allem Glimpf und Bescheidenheit und durfte nicht viel trotzen; sonst würde ich übel ankommen sein.
Als sie aber meine Unschuld erkannten, ließen sie mich gehen und trugen ein Mitleiden mit mir, sonderlich die Weiber, versprachen auch: mich wieder auf den rechten Weg, von welchem ich wohl vier Meiln irre gegangen, zu bringen. Sie machten mir ein Lager hinterm Tisch. Meinen Pack untern Kopf. Da schlief und ruhet’ ich eine feine Weil. Ließ mir mehr zu trinken geben. Nahm meinen Wegweiser und zog aus. Als er mich nun auf den rechten Weg vermeinet gebracht zu haben, schied er nach einem Rekompens van mir. Und ich immer sachte fort, weil ich noch müde war.
Ohngefähr eine Meil von Oldesloe will ich mich unter einem Haselstrauch niedersetzen und lege ohngefähr die Hand zuerst hin und komme mit der rechten Hand auf eine Fieber-Schlange, dern des Orts gar viel sind. Das Thierchen beißt mich gleich durch den Finger, daß ich überlaut schrei, indem solches mir so wehe that, als wann mir ein Degen in’n Leib ginge.
Doch resolvierete mich gleich, in Augenblick, eingedenk zu sein, gelesen zu haben aus dem Crollio und andern: wie eben die gleiche Schlange ihr angehauchtes Gift müße wieder ausziehen; gleich wie bei den tollen Hunden, Wölfen, Mücken, Bienen und dergleichen. – Schmeiße mit dem Degen und der Scheide die giftige Natter tot und wickelte sie in mein Schnupftuch, welches mein Glück war! Sonst hätte sterben müssen, wie es dasiger Orten Viehe und Menschen wiederfähret. – Und siehet man hieraus abermals die sonderbare Providenz des allsehenden GOttes, der da versuchen läßt, aber nicht über unser Vermögen; sondern
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/118>, abgerufen am 25.07.2024. |