Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.so sieben Jahr vor einen Soldaten passieret, endlich aber offenbar wurde. Die Gastwirts-Tochter mit ihrer Mutter thaten mir zwar alles Gutes; wie es aber endlich aufs Heiraten hinauslief, gedachte ich: cave! Denn es war mir prognostizieret: ich sollte mich vor Frauenvolk wohl in acht nehmen; denn all meine größte Fatalität würde darin bestehen! - Aber es ist leider gnug erfolget, wie künftige Zeit lehret und ich erfahren müssen. Mittlerweile hatte ich konsiderabele Blessuren und Patienten, die durch und durch, auch durch die Lunge, und weidewund mit breitem Degen gestochen und gehauen waren durch beide Tafeln der Hirnschalen (welche Umbstände gar zu lang hier sein möchten), und kurierete sie innerlich und äußerlich glücklich. Und wußte man zu selbiger Zeit von keinem Doktor. Daher alles auf mich ankam, auch die sectiones und Besichtigungen. Auf mein und des Regiments-Feldscher - etwa in des Auditeurs und im Beisein etlicher Oberoffizierer - auf unsern Bericht, sage ich, auf Leben und Tod gesprochen wurde. Ich habe mein Tage dergleichen Tortur, damit die Delinquenten zum Bekenntnis gebracht wurden, nie gesehen. Indem solchen die Hände und Beine gebunden, über die Kniee oder Beine gespannet, und einen Stock durchgestecket, item einen Strick mit dreien oder vier Knoten umb den Kopf mit einem Prügel zugerädelt und immer besser angezogen. Auf die Weis sie alles herausbrachten. Und dies hießen sie den polnischen Bock. Und gewiß, sie lagen da, wie ein Klotz und wurden mit den Beinen umbgestoßen, wie ein Klump; sie verkehreten die Augen im Kopf, wurden ganz dumm und bekennten alles; sie brummten, wie ein Ochse. so sieben Jahr vor einen Soldaten passieret, endlich aber offenbar wurde. Die Gastwirts-Tochter mit ihrer Mutter thaten mir zwar alles Gutes; wie es aber endlich aufs Heiraten hinauslief, gedachte ich: cave! Denn es war mir prognostizieret: ich sollte mich vor Frauenvolk wohl in acht nehmen; denn all meine größte Fatalität würde darin bestehen! – Aber es ist leider gnug erfolget, wie künftige Zeit lehret und ich erfahren müssen. Mittlerweile hatte ich konsiderabele Blessuren und Patienten, die durch und durch, auch durch die Lunge, und weidewund mit breitem Degen gestochen und gehauen waren durch beide Tafeln der Hirnschalen (welche Umbstände gar zu lang hier sein möchten), und kurierete sie innerlich und äußerlich glücklich. Und wußte man zu selbiger Zeit von keinem Doktor. Daher alles auf mich ankam, auch die sectiones und Besichtigungen. Auf mein und des Regiments-Feldscher – etwa in des Auditeurs und im Beisein etlicher Oberoffizierer – auf unsern Bericht, sage ich, auf Leben und Tod gesprochen wurde. Ich habe mein Tage dergleichen Tortur, damit die Delinquenten zum Bekenntnis gebracht wurden, nie gesehen. Indem solchen die Hände und Beine gebunden, über die Kniee oder Beine gespannet, und einen Stock durchgestecket, item einen Strick mit dreien oder vier Knoten umb den Kopf mit einem Prügel zugerädelt und immer besser angezogen. Auf die Weis sie alles herausbrachten. Und dies hießen sie den polnischen Bock. Und gewiß, sie lagen da, wie ein Klotz und wurden mit den Beinen umbgestoßen, wie ein Klump; sie verkehreten die Augen im Kopf, wurden ganz dumm und bekennten alles; sie brummten, wie ein Ochse. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0112"/> so sieben Jahr vor einen Soldaten passieret, endlich aber offenbar wurde.</p> <p>Die Gastwirts-Tochter mit ihrer Mutter thaten mir zwar alles Gutes; wie es aber endlich aufs Heiraten hinauslief, gedachte ich: <hi rendition="#aq">cave</hi>! 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Indem solchen die Hände und Beine gebunden, über die Kniee oder Beine gespannet, und einen Stock durchgestecket, <hi rendition="#aq">item</hi> einen Strick mit dreien oder vier Knoten umb den Kopf mit einem Prügel zugerädelt und immer besser angezogen. Auf die Weis sie alles herausbrachten. Und dies hießen sie den polnischen Bock. Und gewiß, sie lagen da, wie ein Klotz und wurden mit den Beinen umbgestoßen, wie ein Klump; sie verkehreten die Augen im Kopf, wurden ganz dumm und bekennten alles; sie brummten, wie ein Ochse.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0112]
so sieben Jahr vor einen Soldaten passieret, endlich aber offenbar wurde.
Die Gastwirts-Tochter mit ihrer Mutter thaten mir zwar alles Gutes; wie es aber endlich aufs Heiraten hinauslief, gedachte ich: cave! Denn es war mir prognostizieret: ich sollte mich vor Frauenvolk wohl in acht nehmen; denn all meine größte Fatalität würde darin bestehen! – Aber es ist leider gnug erfolget, wie künftige Zeit lehret und ich erfahren müssen.
Mittlerweile hatte ich konsiderabele Blessuren und Patienten, die durch und durch, auch durch die Lunge, und weidewund mit breitem Degen gestochen und gehauen waren durch beide Tafeln der Hirnschalen (welche Umbstände gar zu lang hier sein möchten), und kurierete sie innerlich und äußerlich glücklich. Und wußte man zu selbiger Zeit von keinem Doktor. Daher alles auf mich ankam, auch die sectiones und Besichtigungen. Auf mein und des Regiments-Feldscher – etwa in des Auditeurs und im Beisein etlicher Oberoffizierer – auf unsern Bericht, sage ich, auf Leben und Tod gesprochen wurde.
Ich habe mein Tage dergleichen Tortur, damit die Delinquenten zum Bekenntnis gebracht wurden, nie gesehen. Indem solchen die Hände und Beine gebunden, über die Kniee oder Beine gespannet, und einen Stock durchgestecket, item einen Strick mit dreien oder vier Knoten umb den Kopf mit einem Prügel zugerädelt und immer besser angezogen. Auf die Weis sie alles herausbrachten. Und dies hießen sie den polnischen Bock. Und gewiß, sie lagen da, wie ein Klotz und wurden mit den Beinen umbgestoßen, wie ein Klump; sie verkehreten die Augen im Kopf, wurden ganz dumm und bekennten alles; sie brummten, wie ein Ochse.
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/112>, abgerufen am 25.07.2024. |