Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836.selben ist in jeder Altersperiode eine andere. Hüten wir uns Wodurch soll dieser, selbst von den edleren und feineren ſelben iſt in jeder Altersperiode eine andere. Huͤten wir uns Wodurch ſoll dieſer, ſelbſt von den edleren und feineren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0090" n="72"/> ſelben iſt in jeder Altersperiode eine andere. Huͤten wir uns<lb/> darum, Alles mit <hi rendition="#g">einer</hi> Elle, <hi rendition="#g">einem</hi> Maßſtabe zu meſſen,<lb/> und geben wir auch in dieſer Beziehung der individuellen Ent-<lb/> wicklung einen freien Spielraum! Aber bei all’ dieſer libera-<lb/> len Geſinnung vermiſſen wir unter den Studenten im Allge-<lb/> meinen lebendigen Sinn fuͤr die Religion, hier gleich viel, ob<lb/> er ſich vorherrſchend durch ein Forſchen nach den religioͤſen Tie-<lb/> fen, oder durch Waͤrme des Gefuͤhls, oder durch Thatkraft<lb/> aͤußern moͤchte. Aber zur Aeußerung muͤßte er doch treiben,<lb/> falls ein lebendiger Keim und Trieb vorhanden waͤre.</p><lb/> <p>Wodurch ſoll dieſer, ſelbſt von den edleren und feineren<lb/> Gemuͤthern der Studenten ſchmerzlich gefuͤhlte Mangel erſetzt<lb/> werden? Welche Vorſchlaͤge waͤren in dieſer Beziehung zu<lb/> thun? Ich geſtehe es, ich bin in dieſer Beziehung in Verle-<lb/> genheit. Soll man eigne religioͤſe Vortraͤge und was ſich daran<lb/> anſchließen moͤchte, fuͤr die Studenten vorſchlagen, oder ſoll<lb/> man ſie nur hinweiſen auf fleißige Theilnahme an dem allge-<lb/> meinen Gottesdienſte? Was hier zu thun ſein moͤchte, und<lb/> ob von eignen Veranſtaltungen eine beſondere Wirkung fuͤr Geiſt<lb/> und Herz zu erwarten ſein duͤrfte, ich weiß es nicht. Ich muß<lb/> mich damit begnuͤgen, den herrſchenden Mangel angedeutet zu<lb/> haben, und das Weitere Andern uͤberlaſſen, ſo wie es uͤber-<lb/> haupt meine Aufgabe weniger iſt, radicale Heilmittel fuͤr die<lb/> aufgedeckten Gebrechen in Vorſchlag zu bringen, als die Uebel<lb/> ſelbſt zu bezeichnen. Das Heilen muß von denen ausgehen,<lb/> welchen Amt und Gewiſſen Solches zur Pflicht macht. Deß-<lb/> halb tadle man dieſe kleine Schrift nicht darum, weil die Rath-<lb/> ſchlaͤge zur Beſeitigung der Maͤngel und Gebrechen dieſen nicht<lb/> vollkommen entſprechen. Solches liegt in der Natur der Sache<lb/> und des Standpunktes, den ich einnehme. Erkennt man nur<lb/> einmal in rechtem Ernſte, der ja uns Deutſchen vorzuͤglich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0090]
ſelben iſt in jeder Altersperiode eine andere. Huͤten wir uns
darum, Alles mit einer Elle, einem Maßſtabe zu meſſen,
und geben wir auch in dieſer Beziehung der individuellen Ent-
wicklung einen freien Spielraum! Aber bei all’ dieſer libera-
len Geſinnung vermiſſen wir unter den Studenten im Allge-
meinen lebendigen Sinn fuͤr die Religion, hier gleich viel, ob
er ſich vorherrſchend durch ein Forſchen nach den religioͤſen Tie-
fen, oder durch Waͤrme des Gefuͤhls, oder durch Thatkraft
aͤußern moͤchte. Aber zur Aeußerung muͤßte er doch treiben,
falls ein lebendiger Keim und Trieb vorhanden waͤre.
Wodurch ſoll dieſer, ſelbſt von den edleren und feineren
Gemuͤthern der Studenten ſchmerzlich gefuͤhlte Mangel erſetzt
werden? Welche Vorſchlaͤge waͤren in dieſer Beziehung zu
thun? Ich geſtehe es, ich bin in dieſer Beziehung in Verle-
genheit. Soll man eigne religioͤſe Vortraͤge und was ſich daran
anſchließen moͤchte, fuͤr die Studenten vorſchlagen, oder ſoll
man ſie nur hinweiſen auf fleißige Theilnahme an dem allge-
meinen Gottesdienſte? Was hier zu thun ſein moͤchte, und
ob von eignen Veranſtaltungen eine beſondere Wirkung fuͤr Geiſt
und Herz zu erwarten ſein duͤrfte, ich weiß es nicht. Ich muß
mich damit begnuͤgen, den herrſchenden Mangel angedeutet zu
haben, und das Weitere Andern uͤberlaſſen, ſo wie es uͤber-
haupt meine Aufgabe weniger iſt, radicale Heilmittel fuͤr die
aufgedeckten Gebrechen in Vorſchlag zu bringen, als die Uebel
ſelbſt zu bezeichnen. Das Heilen muß von denen ausgehen,
welchen Amt und Gewiſſen Solches zur Pflicht macht. Deß-
halb tadle man dieſe kleine Schrift nicht darum, weil die Rath-
ſchlaͤge zur Beſeitigung der Maͤngel und Gebrechen dieſen nicht
vollkommen entſprechen. Solches liegt in der Natur der Sache
und des Standpunktes, den ich einnehme. Erkennt man nur
einmal in rechtem Ernſte, der ja uns Deutſchen vorzuͤglich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |