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Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836.

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zusammen. Sollten sie nicht abzuhalten sein, nun, so ist es
doch tausendmal besser, daß alle der Entwicklung, an der
Zwanzig bis Dreißig sprechend Theil nehmen, zuhören, die
Fragen als an sich gerichtet betrachten und still mit antwor-
ten, als daß Keiner antwortet und redet. So viele Lehrer
man zur Erreichung des Hauptzweckes nöthig hat, so viele
sind anzustellen. Aber ich sagte ja schon, daß die Masse des
bisherigen Lehrstoffes sich außerordentlich vermindere, ja daß
es auf die Masse gar nicht ankomme.

Man wird sagen, die Herren Studenten lieben das Ant-
worten, Reden, Selbstdenken nicht. Wirklich nicht? Sehet,
wenn das wahr ist, dann habt Ihr über Eure bisherige Weise
selbst den Stab gebrochen. Gewinnen sie durch das bisher
üblich gewesene Verfahren keine Liebe zu selbstthätigem Den-
ken, so folgt daraus, daß man die verkehrte Weise abschaffe.
Aber ich gebe Euch in der Behauptung recht. Unsere heuti-
gen Studenten sitzen am liebsten still da, nachschreibend wie
die Maschinen, und die Masse nach Hause schleppend, wie
die Lastthiere.

Man wird sagen, die meisten unserer Professoren seien
der dialektischen Entwicklung nicht mächtig. Solches gebe ich
auch zu, ja ich behaupte es entschieden. Aber wer ein Pro-
fessor sein will, hat dieses Schwerste zu lernen. Wer es nicht
vermag, der paßt weder zum Hoch- noch zum Dorfschulleh-
rer. In ihr liegt das Wesentliche des Lehrgeschäfts.

Diese und andere Einwürfe sind nichtig. Zählen wir dage-
gen nur einige der Vortheile, der Folgen dieser Lehrmethode auf.

1) Es verschwindet der Tod aus den Lehrsälen, sie wer-
den aus Hörsälen Uebungssäle, Denkstätten. Unsere Jüng-
linge werden geistig selbstständig, sie gelangen zur intellectuellen
Emancipation.

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zuſammen. Sollten ſie nicht abzuhalten ſein, nun, ſo iſt es
doch tauſendmal beſſer, daß alle der Entwicklung, an der
Zwanzig bis Dreißig ſprechend Theil nehmen, zuhoͤren, die
Fragen als an ſich gerichtet betrachten und ſtill mit antwor-
ten, als daß Keiner antwortet und redet. So viele Lehrer
man zur Erreichung des Hauptzweckes noͤthig hat, ſo viele
ſind anzuſtellen. Aber ich ſagte ja ſchon, daß die Maſſe des
bisherigen Lehrſtoffes ſich außerordentlich vermindere, ja daß
es auf die Maſſe gar nicht ankomme.

Man wird ſagen, die Herren Studenten lieben das Ant-
worten, Reden, Selbſtdenken nicht. Wirklich nicht? Sehet,
wenn das wahr iſt, dann habt Ihr uͤber Eure bisherige Weiſe
ſelbſt den Stab gebrochen. Gewinnen ſie durch das bisher
uͤblich geweſene Verfahren keine Liebe zu ſelbſtthaͤtigem Den-
ken, ſo folgt daraus, daß man die verkehrte Weiſe abſchaffe.
Aber ich gebe Euch in der Behauptung recht. Unſere heuti-
gen Studenten ſitzen am liebſten ſtill da, nachſchreibend wie
die Maſchinen, und die Maſſe nach Hauſe ſchleppend, wie
die Laſtthiere.

Man wird ſagen, die meiſten unſerer Profeſſoren ſeien
der dialektiſchen Entwicklung nicht maͤchtig. Solches gebe ich
auch zu, ja ich behaupte es entſchieden. Aber wer ein Pro-
feſſor ſein will, hat dieſes Schwerſte zu lernen. Wer es nicht
vermag, der paßt weder zum Hoch- noch zum Dorfſchulleh-
rer. In ihr liegt das Weſentliche des Lehrgeſchaͤfts.

Dieſe und andere Einwuͤrfe ſind nichtig. Zaͤhlen wir dage-
gen nur einige der Vortheile, der Folgen dieſer Lehrmethode auf.

1) Es verſchwindet der Tod aus den Lehrſaͤlen, ſie wer-
den aus Hoͤrſaͤlen Uebungsſaͤle, Denkſtaͤtten. Unſere Juͤng-
linge werden geiſtig ſelbſtſtaͤndig, ſie gelangen zur intellectuellen
Emancipation.

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[39/0057] zuſammen. Sollten ſie nicht abzuhalten ſein, nun, ſo iſt es doch tauſendmal beſſer, daß alle der Entwicklung, an der Zwanzig bis Dreißig ſprechend Theil nehmen, zuhoͤren, die Fragen als an ſich gerichtet betrachten und ſtill mit antwor- ten, als daß Keiner antwortet und redet. So viele Lehrer man zur Erreichung des Hauptzweckes noͤthig hat, ſo viele ſind anzuſtellen. Aber ich ſagte ja ſchon, daß die Maſſe des bisherigen Lehrſtoffes ſich außerordentlich vermindere, ja daß es auf die Maſſe gar nicht ankomme. Man wird ſagen, die Herren Studenten lieben das Ant- worten, Reden, Selbſtdenken nicht. Wirklich nicht? Sehet, wenn das wahr iſt, dann habt Ihr uͤber Eure bisherige Weiſe ſelbſt den Stab gebrochen. Gewinnen ſie durch das bisher uͤblich geweſene Verfahren keine Liebe zu ſelbſtthaͤtigem Den- ken, ſo folgt daraus, daß man die verkehrte Weiſe abſchaffe. Aber ich gebe Euch in der Behauptung recht. Unſere heuti- gen Studenten ſitzen am liebſten ſtill da, nachſchreibend wie die Maſchinen, und die Maſſe nach Hauſe ſchleppend, wie die Laſtthiere. Man wird ſagen, die meiſten unſerer Profeſſoren ſeien der dialektiſchen Entwicklung nicht maͤchtig. Solches gebe ich auch zu, ja ich behaupte es entſchieden. Aber wer ein Pro- feſſor ſein will, hat dieſes Schwerſte zu lernen. Wer es nicht vermag, der paßt weder zum Hoch- noch zum Dorfſchulleh- rer. In ihr liegt das Weſentliche des Lehrgeſchaͤfts. Dieſe und andere Einwuͤrfe ſind nichtig. Zaͤhlen wir dage- gen nur einige der Vortheile, der Folgen dieſer Lehrmethode auf. 1) Es verſchwindet der Tod aus den Lehrſaͤlen, ſie wer- den aus Hoͤrſaͤlen Uebungsſaͤle, Denkſtaͤtten. Unſere Juͤng- linge werden geiſtig ſelbſtſtaͤndig, ſie gelangen zur intellectuellen Emancipation. 4*

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Zitationshilfe: Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diesterweg_universitaeten_1836/57>, abgerufen am 24.11.2024.