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Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897.

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selber, der gewiß nicht gern etwas Ungünstiges über sich
sagen wird. Der "Reformator" schreibt: "Unsere Wider-
sacher können uns nicht höher schelten und spotten, denn daß
wir viel Gutes predigen und hören, aber doch niemand weiter
kommt, und niemand danach thut und sich davon bessert, ja
daß wir ärger werden, denn wir zuvor gewesen sind, darum
(sagen sie) wäre es besser, daß es bliebe, wie es vorhin ge-
wesen1)."

Schon im Jahre 1522, also fünf Jahre nach der Ein-
führung des neuen "Evangeliums" schreibt Luther: "Nichts
ist mir jetzt widerwärtiger, als dieser unser großer Haufe,
der mit Hintansetzung des Wortes, des Glaubens und der
Liebe nur darum sich rühmt, christlich und evangelisch zu sein,
weil er an Fasttagen Fleisch essen, das Abendmahl unter bei-
den Gestalten empfangen, das Fasten und das Gebet unter-
lassen kann2)." Ein anderes Mal gesteht der Reformator:
"Solches ist ein groß Ärgernis -- daß auf unserem Teil
auch viel Ärgernis des Lebens und wenig Besserung befunden
wird. Solches macht dem heiligen Evangelium die Nachrede,
daß weltweise Leute sagen: Wenn es eine heilige, selige
Lehre wäre, so würden die Leute daraus sich bessern und
frömmer werden3)." Ferner schreibt derselbe: "Jch halte,
es müsse also sein, daß die, so evangelisch werden, ärger sind
nach dem Evangelio, als sie gewesen sind. Wir erfahren's leider
täglich, daß die Leute jetzt unter dem Evangelium größern
und härteren Haß tragen, ärger sind mit Geizen, Scharren,
Kratzen, denn zuvor unter dem Papsttum4)." "Lies der Pa-

1) Kirchenpostille, Walch XII 1158.
2) Epp. Aurif. II, f. 50 A. "An ihren Früchten sollt ihr sie
erkennen", sprach Christus.
3) Hauspostille, Walch, Ausgabe XIII, 2550.
4) Hauspostille, XIII, 2193, 2195.

ſelber, der gewiß nicht gern etwas Ungünſtiges über ſich
ſagen wird. Der „Reformator‟ ſchreibt: „Unſere Wider-
ſacher können uns nicht höher ſchelten und ſpotten, denn daß
wir viel Gutes predigen und hören, aber doch niemand weiter
kommt, und niemand danach thut und ſich davon beſſert, ja
daß wir ärger werden, denn wir zuvor geweſen ſind, darum
(ſagen ſie) wäre es beſſer, daß es bliebe, wie es vorhin ge-
weſen1).‟

Schon im Jahre 1522, alſo fünf Jahre nach der Ein-
führung des neuen „Evangeliums‟ ſchreibt Luther: „Nichts
iſt mir jetzt widerwärtiger, als dieſer unſer großer Haufe,
der mit Hintanſetzung des Wortes, des Glaubens und der
Liebe nur darum ſich rühmt, chriſtlich und evangeliſch zu ſein,
weil er an Faſttagen Fleiſch eſſen, das Abendmahl unter bei-
den Geſtalten empfangen, das Faſten und das Gebet unter-
laſſen kann2).‟ Ein anderes Mal geſteht der Reformator:
„Solches iſt ein groß Ärgernis — daß auf unſerem Teil
auch viel Ärgernis des Lebens und wenig Beſſerung befunden
wird. Solches macht dem heiligen Evangelium die Nachrede,
daß weltweiſe Leute ſagen: Wenn es eine heilige, ſelige
Lehre wäre, ſo würden die Leute daraus ſich beſſern und
frömmer werden3).‟ Ferner ſchreibt derſelbe: „Jch halte,
es müſſe alſo ſein, daß die, ſo evangeliſch werden, ärger ſind
nach dem Evangelio, als ſie geweſen ſind. Wir erfahren’s leider
täglich, daß die Leute jetzt unter dem Evangelium größern
und härteren Haß tragen, ärger ſind mit Geizen, Scharren,
Kratzen, denn zuvor unter dem Papſttum4).‟ „Lies der Pa-

1) Kirchenpoſtille, Walch XII 1158.
2) Epp. Aurif. II, f. 50 A. „An ihren Früchten ſollt ihr ſie
erkennen‟, ſprach Chriſtus.
3) Hauspoſtille, Walch, Ausgabe XIII, 2550.
4) Hauspoſtille, XIII, 2193, 2195.
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[38/0050] ſelber, der gewiß nicht gern etwas Ungünſtiges über ſich ſagen wird. Der „Reformator‟ ſchreibt: „Unſere Wider- ſacher können uns nicht höher ſchelten und ſpotten, denn daß wir viel Gutes predigen und hören, aber doch niemand weiter kommt, und niemand danach thut und ſich davon beſſert, ja daß wir ärger werden, denn wir zuvor geweſen ſind, darum (ſagen ſie) wäre es beſſer, daß es bliebe, wie es vorhin ge- weſen 1).‟ Schon im Jahre 1522, alſo fünf Jahre nach der Ein- führung des neuen „Evangeliums‟ ſchreibt Luther: „Nichts iſt mir jetzt widerwärtiger, als dieſer unſer großer Haufe, der mit Hintanſetzung des Wortes, des Glaubens und der Liebe nur darum ſich rühmt, chriſtlich und evangeliſch zu ſein, weil er an Faſttagen Fleiſch eſſen, das Abendmahl unter bei- den Geſtalten empfangen, das Faſten und das Gebet unter- laſſen kann 2).‟ Ein anderes Mal geſteht der Reformator: „Solches iſt ein groß Ärgernis — daß auf unſerem Teil auch viel Ärgernis des Lebens und wenig Beſſerung befunden wird. Solches macht dem heiligen Evangelium die Nachrede, daß weltweiſe Leute ſagen: Wenn es eine heilige, ſelige Lehre wäre, ſo würden die Leute daraus ſich beſſern und frömmer werden 3).‟ Ferner ſchreibt derſelbe: „Jch halte, es müſſe alſo ſein, daß die, ſo evangeliſch werden, ärger ſind nach dem Evangelio, als ſie geweſen ſind. Wir erfahren’s leider täglich, daß die Leute jetzt unter dem Evangelium größern und härteren Haß tragen, ärger ſind mit Geizen, Scharren, Kratzen, denn zuvor unter dem Papſttum 4).‟ „Lies der Pa- 1) Kirchenpoſtille, Walch XII 1158. 2) Epp. Aurif. II, f. 50 A. „An ihren Früchten ſollt ihr ſie erkennen‟, ſprach Chriſtus. 3) Hauspoſtille, Walch, Ausgabe XIII, 2550. 4) Hauspoſtille, XIII, 2193, 2195.

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Zitationshilfe: Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diefenbach_reformation_1897/50>, abgerufen am 21.11.2024.