Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897."Wer aus süßen Träumen erweckt, muß auf mürrische Ge- Zum Schluß erteilen wir einem neueren protestantischen Wilhelm Mauerbrecher beurteilt die Reformation in 1) Vorrede zum II. Bd., S. III u. IV. 2) Studien und Skizzen zur Geschichte der Reformation, S. 287.
„Wer aus ſüßen Träumen erweckt, muß auf mürriſche Ge- Zum Schluß erteilen wir einem neueren proteſtantiſchen Wilhelm Mauerbrecher beurteilt die Reformation in 1) Vorrede zum II. Bd., S. III u. IV. 2) Studien und Skizzen zur Geſchichte der Reformation, S. 287.
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„Wer aus ſüßen Träumen erweckt, muß auf mürriſche Ge-
ſichter gefaßt ſein. Aber trotzdem behauptet der Tag ſeine
Rechte, und wie verdrießlich im Schlummer Geſtörte ſich die
Augen reiben, ſie gewöhnen ſich doch endlich an das Sonnen-
licht,‟ ſo rechtfertigt ſich der Verfaſſer 1). Er hat aber darin
ſich geirrt. Die Herren vom Evangeliſchen Bunde gleichen
den Eulen, die ſich nicht an das Sonnenlicht wagen, weil ſie
dasſelbe nicht vertragen können. Menzel mußte es hören,
daß man ihn des Kryptokatholizismus verdächtigte.
Zum Schluß erteilen wir einem neueren proteſtantiſchen
Hiſtoriker das Wort.
Wilhelm Mauerbrecher beurteilt die Reformation in
ſeinen „Studien und Skizzen‟ 2) mit gefliſſentlicher Objek-
tivität und Unparteilichkeit. Nach ſeiner Anſchauung wollte
Luther die ganze Kirche, wie ſie ſeit Jahrhunderten beſtanden,
über den Haufen werfen. „Jndem Luther das Gemeinde-
prinzip als Baſis der Kirche proklamierte und das Prieſter-
tum aller gläubigen Chriſten dem Prieſterſtande der mittel-
alterlichen Kirche entgegenſtellte, griff er den geſamten Zu-
ſtand der Kirche bis in die Wurzeln an. .... Nach zwei
Seiten hin äußerte ſich Luthers Kirchenprinzip: negativ war
es der Widerſpruch gegen die allgemeine kirchliche Ordnung, wie
ſie durch die Jahrhunderte des Mittelalters ſich gebildet hatte;
poſitiv aber mußte es zu dem Verſuch führen, einer Neuge-
ſtaltung und Neueinrichtung der kirchlichen Verhältniſſe und
Beziehungen auf der Grundlage des neuen Gedankens.‟ Dieſe
„neuen Gedanken‟ haben ſich aber nicht verwirklicht. Luthers
Reformation hat vielmehr ganz andere Früchte getragen. Da
1) Vorrede zum II. Bd., S. III u. IV.
2) Studien und Skizzen zur Geſchichte der Reformation, S. 287.
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