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Dickens, Charles: Der Weihnachtsabend (Übers. Edward Aubrey Moriarty). Leipzig, 1844.

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Sie war hübsch, sehr hübsch. Sie hatte ein liebliches, schelmisches Gesicht; einen frischen kleinen Mund, der zum Küssen geschaffen schien - wie er es ohne Zweifel auch war; alle Arten lieber kleiner Grübchen um das Kinn, welche in einander flossen, wenn sie lachte; und das sonnenhellste Paar Augen, welches je erblickt wurde. Ja, sie war reizend, liebenswürdig, hinreißend.

"Es ist ein komischer alter Kerl," sagte Scrooge's Neffe, "das ist wahr; und nicht so angenehm, wie er sein könnte. Doch seine Fehler bestrafen sich selbst und ich habe ihn nicht zu tadeln."

"Er muß sehr reich sein, Fritz," meinte Scrooge's Nichte. "Wenigstens sagst Du es immer."

"Was geht das uns an, Liebe!" sagte Scrooge's Neffe. "Sein Reichthum nützt ihm nichts. Er thut nichts Gutes damit. Er macht sich nicht einmal selbst das Leben damit angenehm. Er hat nicht das Vergnügen, zu denken - hahaha - daß er uns am Ende damit eine Freude machen wird."

"Ich habe keine Geduld mit ihm," bemerkte Scrooge's Nichte. Die Schwester von Scrooge's Nichte und all die anderen Damen waren derselben Meinung.

"O, ich habe Geduld," sagte Scrooge's Neffe. "Mir thut er leid; ich könnte nicht bös auf ihn werden, selbst wenn ich's versuchte. Wer leidet unter seiner bösen Laune? Er selber, weiter Niemand. Jetzt hat er sich in den Kopf gesetzt, uns nicht leiden zu können und will nicht unsre Einladung

Sie war hübsch, sehr hübsch. Sie hatte ein liebliches, schelmisches Gesicht; einen frischen kleinen Mund, der zum Küssen geschaffen schien – wie er es ohne Zweifel auch war; alle Arten lieber kleiner Grübchen um das Kinn, welche in einander flossen, wenn sie lachte; und das sonnenhellste Paar Augen, welches je erblickt wurde. Ja, sie war reizend, liebenswürdig, hinreißend.

„Es ist ein komischer alter Kerl,“ sagte Scrooge’s Neffe, „das ist wahr; und nicht so angenehm, wie er sein könnte. Doch seine Fehler bestrafen sich selbst und ich habe ihn nicht zu tadeln.“

„Er muß sehr reich sein, Fritz,“ meinte Scrooge’s Nichte. „Wenigstens sagst Du es immer.“

„Was geht das uns an, Liebe!“ sagte Scrooge’s Neffe. „Sein Reichthum nützt ihm nichts. Er thut nichts Gutes damit. Er macht sich nicht einmal selbst das Leben damit angenehm. Er hat nicht das Vergnügen, zu denken – hahaha – daß er uns am Ende damit eine Freude machen wird.“

„Ich habe keine Geduld mit ihm,“ bemerkte Scrooge’s Nichte. Die Schwester von Scrooge’s Nichte und all die anderen Damen waren derselben Meinung.

„O, ich habe Geduld,“ sagte Scrooge’s Neffe. „Mir thut er leid; ich könnte nicht bös auf ihn werden, selbst wenn ich’s versuchte. Wer leidet unter seiner bösen Laune? Er selber, weiter Niemand. Jetzt hat er sich in den Kopf gesetzt, uns nicht leiden zu können und will nicht unsre Einladung

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[89/0089] Sie war hübsch, sehr hübsch. Sie hatte ein liebliches, schelmisches Gesicht; einen frischen kleinen Mund, der zum Küssen geschaffen schien – wie er es ohne Zweifel auch war; alle Arten lieber kleiner Grübchen um das Kinn, welche in einander flossen, wenn sie lachte; und das sonnenhellste Paar Augen, welches je erblickt wurde. Ja, sie war reizend, liebenswürdig, hinreißend. „Es ist ein komischer alter Kerl,“ sagte Scrooge’s Neffe, „das ist wahr; und nicht so angenehm, wie er sein könnte. Doch seine Fehler bestrafen sich selbst und ich habe ihn nicht zu tadeln.“ „Er muß sehr reich sein, Fritz,“ meinte Scrooge’s Nichte. „Wenigstens sagst Du es immer.“ „Was geht das uns an, Liebe!“ sagte Scrooge’s Neffe. „Sein Reichthum nützt ihm nichts. Er thut nichts Gutes damit. Er macht sich nicht einmal selbst das Leben damit angenehm. Er hat nicht das Vergnügen, zu denken – hahaha – daß er uns am Ende damit eine Freude machen wird.“ „Ich habe keine Geduld mit ihm,“ bemerkte Scrooge’s Nichte. Die Schwester von Scrooge’s Nichte und all die anderen Damen waren derselben Meinung. „O, ich habe Geduld,“ sagte Scrooge’s Neffe. „Mir thut er leid; ich könnte nicht bös auf ihn werden, selbst wenn ich’s versuchte. Wer leidet unter seiner bösen Laune? Er selber, weiter Niemand. Jetzt hat er sich in den Kopf gesetzt, uns nicht leiden zu können und will nicht unsre Einladung

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Zitationshilfe: Dickens, Charles: Der Weihnachtsabend (Übers. Edward Aubrey Moriarty). Leipzig, 1844, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dickens_weihnachtsabend_1844/89>, abgerufen am 22.11.2024.