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Dickens, Charles: Der Weihnachtsabend (Übers. Edward Aubrey Moriarty). Leipzig, 1844.

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"So thut's."

Scrooge that die Fragen, weil er nicht wußte, ob ein so durchsichtiger Geist sich werde setzen können, und fühlte die Nothwendigkeit einer unangenehmen Erklärung, wenn es ihm nicht möglich wäre. Aber der Geist setzte sich auf der andern Seite des Kamins nieder, als wenn er es gewohnt wäre.

"Ihr glaubt nicht an mich?" sagte der Geist.

"Nein," sagte Scrooge.

"Welches Zeugniß wollt Ihr, außer dem Eurer Sinne, von meiner Wirklichkeit haben?"

"Ich weiß nicht," sagte Scrooge.

"Warum glaubt Ihr Euren Sinnen nicht?"

"Weil sie eine Kleinigkeit stört," sagte Scrooge. "Eine kleine Unpäßlichkeit des Magens macht sie zu Lügnern. Ihr könnt ein unverdautes Stück Rindfleisch, ein Käserindchen, ein Stückchen schlechter Kartoffel sein. Wer Ihr auch sein mögt, Ihr habt mehr vom Unterleib, als von der Unterwelt an Euch."

Es war nicht eben Scrooge's Gewohnheit, Witze zu machen, auch fühlte er eben jetzt keine besondere Lust dazu. Die Wahrheit ist, daß er sich bestrebte lustig zu sein, um sich zu zerstreuen und sein Entsetzen nieder zu halten; denn die Stimme des Geistes machte selbst das Mark seiner Knochen erzittern.

Nur einen Augenblick schweigend diesen starren, todten Augen gegenüber zu sitzen, wäre halber Tod gewesen, das fühlte Scrooge wohl. Auch war es so grauenerregend, daß

„So thut’s.“

Scrooge that die Fragen, weil er nicht wußte, ob ein so durchsichtiger Geist sich werde setzen können, und fühlte die Nothwendigkeit einer unangenehmen Erklärung, wenn es ihm nicht möglich wäre. Aber der Geist setzte sich auf der andern Seite des Kamins nieder, als wenn er es gewohnt wäre.

„Ihr glaubt nicht an mich?“ sagte der Geist.

„Nein,“ sagte Scrooge.

„Welches Zeugniß wollt Ihr, außer dem Eurer Sinne, von meiner Wirklichkeit haben?“

„Ich weiß nicht,“ sagte Scrooge.

„Warum glaubt Ihr Euren Sinnen nicht?“

„Weil sie eine Kleinigkeit stört,“ sagte Scrooge. „Eine kleine Unpäßlichkeit des Magens macht sie zu Lügnern. Ihr könnt ein unverdautes Stück Rindfleisch, ein Käserindchen, ein Stückchen schlechter Kartoffel sein. Wer Ihr auch sein mögt, Ihr habt mehr vom Unterleib, als von der Unterwelt an Euch.“

Es war nicht eben Scrooge’s Gewohnheit, Witze zu machen, auch fühlte er eben jetzt keine besondere Lust dazu. Die Wahrheit ist, daß er sich bestrebte lustig zu sein, um sich zu zerstreuen und sein Entsetzen nieder zu halten; denn die Stimme des Geistes machte selbst das Mark seiner Knochen erzittern.

Nur einen Augenblick schweigend diesen starren, todten Augen gegenüber zu sitzen, wäre halber Tod gewesen, das fühlte Scrooge wohl. Auch war es so grauenerregend, daß

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[26/0026] „So thut’s.“ Scrooge that die Fragen, weil er nicht wußte, ob ein so durchsichtiger Geist sich werde setzen können, und fühlte die Nothwendigkeit einer unangenehmen Erklärung, wenn es ihm nicht möglich wäre. Aber der Geist setzte sich auf der andern Seite des Kamins nieder, als wenn er es gewohnt wäre. „Ihr glaubt nicht an mich?“ sagte der Geist. „Nein,“ sagte Scrooge. „Welches Zeugniß wollt Ihr, außer dem Eurer Sinne, von meiner Wirklichkeit haben?“ „Ich weiß nicht,“ sagte Scrooge. „Warum glaubt Ihr Euren Sinnen nicht?“ „Weil sie eine Kleinigkeit stört,“ sagte Scrooge. „Eine kleine Unpäßlichkeit des Magens macht sie zu Lügnern. Ihr könnt ein unverdautes Stück Rindfleisch, ein Käserindchen, ein Stückchen schlechter Kartoffel sein. Wer Ihr auch sein mögt, Ihr habt mehr vom Unterleib, als von der Unterwelt an Euch.“ Es war nicht eben Scrooge’s Gewohnheit, Witze zu machen, auch fühlte er eben jetzt keine besondere Lust dazu. Die Wahrheit ist, daß er sich bestrebte lustig zu sein, um sich zu zerstreuen und sein Entsetzen nieder zu halten; denn die Stimme des Geistes machte selbst das Mark seiner Knochen erzittern. Nur einen Augenblick schweigend diesen starren, todten Augen gegenüber zu sitzen, wäre halber Tod gewesen, das fühlte Scrooge wohl. Auch war es so grauenerregend, daß

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Zitationshilfe: Dickens, Charles: Der Weihnachtsabend (Übers. Edward Aubrey Moriarty). Leipzig, 1844, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dickens_weihnachtsabend_1844/26>, abgerufen am 27.04.2024.