Der Tag des Kaisers ist gekommen, und wie alljähr- lich haben wir uns vereinigt, ihn festlich zu be- gehen. Das Arbeitsleben der Gegenwart gönnt sich selten Unterbrechungen. Die Zahl der Feste, die wir feiern, hat sich gegen die Unersättlichkeit früherer Zeiten sehr verringert; noch mehr die Stimmung und Be- gabung, solchen erhöhten Momenten unseres Daseins künstlerische Gestalt zu geben. Ein neues Fest doch haben wir uns geschaffen: Das Fest des Deutschen Kaisers! Lange bevor dieses Fest möglich wurde, als ein allgemeines, politisches, haben Akademien und Universitäten die Feier des landesväterlichen Geburtstages als ein Ehrenvorrecht sich gesichert. Und dieser Tradition verdanken wir es, daß wir, die akademische Korporation und die jungen Komili- tonen, den Kaiserlichen Statthalter und die Häupter des Heeres, der Landesverwaltung, der Kirchen und der Stadt alljährlich hier als Gäste begrüßen dürfen, um mit ihnen vereinigt Seiner Maje- stät unsere Glückwünsche in Ehrfurcht und herzlicher Wärme entgegenzubringen.
Was wir von festlichen Formen dieser hohen Versammlung an- bieten können, bleibt in den Grenzen unseres Berufes. Wir müssen unsere Gäste bitten, es sich gefallen zu lassen, daß einer aus unserer Mitte vortritt, redend, zu erkennen gebend, daß auch in der Enge der einzelnen Werkstatt bei uns gearbeitet wird im Ge- danken an die Gesamtheit. So entlegen und verborgen alltags diese Werkstatt sein mag, wenn nur ein Weg von ihr zum Mittelpunkt hinführt, so können wir sicher sein auf diesem Wege der Gestalt unseres Kaisers zu begegnen. Er glaubt nicht wahrhaft Kaiser sein zu können, ohne auch als Mensch das Leben seines Volkes mensch- lich mitzuleben, mitbewegt von jeder Bewegung, von jedem Streben und Widerstreben. In der Jahrtausende alten Reihe fürstlicher Mäzene ist er ein neuer Typus. Die Art, wie er persönliche Teil- nahme an den Problemen der heutigen Kunst und Wissenschaft mit seinem staatlichen Pflichtgefühl verbindet, wird einem künf- tigen Historiker zu Betrachtungen eigenartigsten Interesses Anlaß
Hochansehnliche Festversammlung!
Der Tag des Kaisers ist gekommen, und wie alljähr- lich haben wir uns vereinigt, ihn festlich zu be- gehen. Das Arbeitsleben der Gegenwart gönnt sich selten Unterbrechungen. Die Zahl der Feste, die wir feiern, hat sich gegen die Unersättlichkeit früherer Zeiten sehr verringert; noch mehr die Stimmung und Be- gabung, solchen erhöhten Momenten unseres Daseins künstlerische Gestalt zu geben. Ein neues Fest doch haben wir uns geschaffen: Das Fest des Deutschen Kaisers! Lange bevor dieses Fest möglich wurde, als ein allgemeines, politisches, haben Akademien und Universitäten die Feier des landesväterlichen Geburtstages als ein Ehrenvorrecht sich gesichert. Und dieser Tradition verdanken wir es, daß wir, die akademische Korporation und die jungen Komili- tonen, den Kaiserlichen Statthalter und die Häupter des Heeres, der Landesverwaltung, der Kirchen und der Stadt alljährlich hier als Gäste begrüßen dürfen, um mit ihnen vereinigt Seiner Maje- stät unsere Glückwünsche in Ehrfurcht und herzlicher Wärme entgegenzubringen.
Was wir von festlichen Formen dieser hohen Versammlung an- bieten können, bleibt in den Grenzen unseres Berufes. Wir müssen unsere Gäste bitten, es sich gefallen zu lassen, daß einer aus unserer Mitte vortritt, redend, zu erkennen gebend, daß auch in der Enge der einzelnen Werkstatt bei uns gearbeitet wird im Ge- danken an die Gesamtheit. So entlegen und verborgen alltags diese Werkstatt sein mag, wenn nur ein Weg von ihr zum Mittelpunkt hinführt, so können wir sicher sein auf diesem Wege der Gestalt unseres Kaisers zu begegnen. Er glaubt nicht wahrhaft Kaiser sein zu können, ohne auch als Mensch das Leben seines Volkes mensch- lich mitzuleben, mitbewegt von jeder Bewegung, von jedem Streben und Widerstreben. In der Jahrtausende alten Reihe fürstlicher Mäzene ist er ein neuer Typus. Die Art, wie er persönliche Teil- nahme an den Problemen der heutigen Kunst und Wissenschaft mit seinem staatlichen Pflichtgefühl verbindet, wird einem künf- tigen Historiker zu Betrachtungen eigenartigsten Interesses Anlaß
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[[263]/0325]
Hochansehnliche Festversammlung!
Der Tag des Kaisers ist gekommen, und wie alljähr-
lich haben wir uns vereinigt, ihn festlich zu be-
gehen. Das Arbeitsleben der Gegenwart gönnt sich
selten Unterbrechungen. Die Zahl der Feste, die
wir feiern, hat sich gegen die Unersättlichkeit
früherer Zeiten sehr verringert; noch mehr die Stimmung und Be-
gabung, solchen erhöhten Momenten unseres Daseins künstlerische
Gestalt zu geben. Ein neues Fest doch haben wir uns geschaffen:
Das Fest des Deutschen Kaisers! Lange bevor dieses Fest möglich
wurde, als ein allgemeines, politisches, haben Akademien und
Universitäten die Feier des landesväterlichen Geburtstages als ein
Ehrenvorrecht sich gesichert. Und dieser Tradition verdanken wir
es, daß wir, die akademische Korporation und die jungen Komili-
tonen, den Kaiserlichen Statthalter und die Häupter des Heeres,
der Landesverwaltung, der Kirchen und der Stadt alljährlich hier
als Gäste begrüßen dürfen, um mit ihnen vereinigt Seiner Maje-
stät unsere Glückwünsche in Ehrfurcht und herzlicher Wärme
entgegenzubringen.
Was wir von festlichen Formen dieser hohen Versammlung an-
bieten können, bleibt in den Grenzen unseres Berufes. Wir müssen
unsere Gäste bitten, es sich gefallen zu lassen, daß einer aus
unserer Mitte vortritt, redend, zu erkennen gebend, daß auch in
der Enge der einzelnen Werkstatt bei uns gearbeitet wird im Ge-
danken an die Gesamtheit. So entlegen und verborgen alltags diese
Werkstatt sein mag, wenn nur ein Weg von ihr zum Mittelpunkt
hinführt, so können wir sicher sein auf diesem Wege der Gestalt
unseres Kaisers zu begegnen. Er glaubt nicht wahrhaft Kaiser sein
zu können, ohne auch als Mensch das Leben seines Volkes mensch-
lich mitzuleben, mitbewegt von jeder Bewegung, von jedem Streben
und Widerstreben. In der Jahrtausende alten Reihe fürstlicher
Mäzene ist er ein neuer Typus. Die Art, wie er persönliche Teil-
nahme an den Problemen der heutigen Kunst und Wissenschaft
mit seinem staatlichen Pflichtgefühl verbindet, wird einem künf-
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Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914, S. [263]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914/325>, abgerufen am 24.11.2024.
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