Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914.Aus dem Übergang des Mittelalters zur Neuzeit Hartmann sagt mit vorsichtigem Spielraum: erstes oder zweitesJahrzehnt des 15. Jahrhunderts. Man wird aber, meine ich, die Grenzen noch enger ziehen können. Die Statuen außen an der Stirnwand der Eingangshalle wurden 1420 abgeliefert. Augen- scheinlich ist dieser Teil um einiges später ausgeführt worden als das Portal. Es wird deshalb für die Apostel die zweite Hälfte des zweiten Jahrzehnts nicht mehr in Betracht kommen. Nun die Datierung in Köln: Friedrich von Saarwerden starb 1414. Nichts hindert anzunehmen, was je an sich das Nächstliegende ist, daß die Ausführung in eines der folgenden Jahre fällt. Doch auch schon ohne diese chronologischen Stützpunkte, allein nach den inneren Merkmalen, erweisen sich die Kölner Arbeiten als die späteren. Sie sind abgerundeter im Vortrag, weniger eigensinnig, aber auch weniger frisch und energisch. Es ist auch nach der Natur dieser Motive wahrscheinlicher, daß sie ihre erste Fassung in der Rund- plastik, als im Relief gefunden haben. Das Saarwerdengrabmal gilt von jeher und mit Recht für das Beste, was die Kölnische Plastik des frühen 15. Jahrhunderts hervorgebracht hat, wie es auch sicher die erste Probe des neuen Stils auf dem Kölnischen Boden ist. Mit dieser letzten Feststellung gewinnt der mitgeteilte Fall Aus dem Übergang des Mittelalters zur Neuzeit Hartmann sagt mit vorsichtigem Spielraum: erstes oder zweitesJahrzehnt des 15. Jahrhunderts. Man wird aber, meine ich, die Grenzen noch enger ziehen können. Die Statuen außen an der Stirnwand der Eingangshalle wurden 1420 abgeliefert. Augen- scheinlich ist dieser Teil um einiges später ausgeführt worden als das Portal. Es wird deshalb für die Apostel die zweite Hälfte des zweiten Jahrzehnts nicht mehr in Betracht kommen. Nun die Datierung in Köln: Friedrich von Saarwerden starb 1414. Nichts hindert anzunehmen, was je an sich das Nächstliegende ist, daß die Ausführung in eines der folgenden Jahre fällt. Doch auch schon ohne diese chronologischen Stützpunkte, allein nach den inneren Merkmalen, erweisen sich die Kölner Arbeiten als die späteren. Sie sind abgerundeter im Vortrag, weniger eigensinnig, aber auch weniger frisch und energisch. Es ist auch nach der Natur dieser Motive wahrscheinlicher, daß sie ihre erste Fassung in der Rund- plastik, als im Relief gefunden haben. Das Saarwerdengrabmal gilt von jeher und mit Recht für das Beste, was die Kölnische Plastik des frühen 15. Jahrhunderts hervorgebracht hat, wie es auch sicher die erste Probe des neuen Stils auf dem Kölnischen Boden ist. Mit dieser letzten Feststellung gewinnt der mitgeteilte Fall <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0152" n="130"/><fw place="top" type="header">Aus dem Übergang des Mittelalters zur Neuzeit</fw><lb/> Hartmann sagt mit vorsichtigem Spielraum: erstes oder zweites<lb/> Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts. Man wird aber, meine ich, die<lb/> Grenzen noch enger ziehen können. Die Statuen außen an der<lb/> Stirnwand der Eingangshalle wurden 1420 abgeliefert. Augen-<lb/> scheinlich ist dieser Teil um einiges später ausgeführt worden<lb/> als das Portal. Es wird deshalb für die Apostel die zweite Hälfte<lb/> des zweiten Jahrzehnts nicht mehr in Betracht kommen. Nun die<lb/> Datierung in Köln: Friedrich von Saarwerden starb 1414. Nichts<lb/> hindert anzunehmen, was je an sich das Nächstliegende ist, daß die<lb/> Ausführung in eines der folgenden Jahre fällt. Doch auch schon<lb/> ohne diese chronologischen Stützpunkte, allein nach den inneren<lb/> Merkmalen, erweisen sich die Kölner Arbeiten als die späteren.<lb/> Sie sind abgerundeter im Vortrag, weniger eigensinnig, aber auch<lb/> weniger frisch und energisch. Es ist auch nach der Natur dieser<lb/> Motive wahrscheinlicher, daß sie ihre erste Fassung in der Rund-<lb/> plastik, als im Relief gefunden haben. Das Saarwerdengrabmal<lb/> gilt von jeher und mit Recht für das Beste, was die Kölnische<lb/> Plastik des frühen 15. Jahrhunderts hervorgebracht hat, wie es<lb/> auch sicher die erste Probe des neuen Stils auf dem Kölnischen<lb/> Boden ist.</p><lb/> <p>Mit dieser letzten Feststellung gewinnt der mitgeteilte Fall<lb/> allgemeines Interesse. Der erste Anstoß in der Richtung des neuen<lb/> Stils, so sehen wir nun, ist nach Köln nicht von den nahen Nieder-<lb/> landen gekommen, sondern auf weiten Umwegen über Dijon,<lb/> Oberrhein und Schwaben — genau auf denselben Wegen, auf denen<lb/> einige Jahre später der neue Stil in die Kölnische Malerei kommen<lb/> sollte, durch den Schwaben Stephan Lochner.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [130/0152]
Aus dem Übergang des Mittelalters zur Neuzeit
Hartmann sagt mit vorsichtigem Spielraum: erstes oder zweites
Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts. Man wird aber, meine ich, die
Grenzen noch enger ziehen können. Die Statuen außen an der
Stirnwand der Eingangshalle wurden 1420 abgeliefert. Augen-
scheinlich ist dieser Teil um einiges später ausgeführt worden
als das Portal. Es wird deshalb für die Apostel die zweite Hälfte
des zweiten Jahrzehnts nicht mehr in Betracht kommen. Nun die
Datierung in Köln: Friedrich von Saarwerden starb 1414. Nichts
hindert anzunehmen, was je an sich das Nächstliegende ist, daß die
Ausführung in eines der folgenden Jahre fällt. Doch auch schon
ohne diese chronologischen Stützpunkte, allein nach den inneren
Merkmalen, erweisen sich die Kölner Arbeiten als die späteren.
Sie sind abgerundeter im Vortrag, weniger eigensinnig, aber auch
weniger frisch und energisch. Es ist auch nach der Natur dieser
Motive wahrscheinlicher, daß sie ihre erste Fassung in der Rund-
plastik, als im Relief gefunden haben. Das Saarwerdengrabmal
gilt von jeher und mit Recht für das Beste, was die Kölnische
Plastik des frühen 15. Jahrhunderts hervorgebracht hat, wie es
auch sicher die erste Probe des neuen Stils auf dem Kölnischen
Boden ist.
Mit dieser letzten Feststellung gewinnt der mitgeteilte Fall
allgemeines Interesse. Der erste Anstoß in der Richtung des neuen
Stils, so sehen wir nun, ist nach Köln nicht von den nahen Nieder-
landen gekommen, sondern auf weiten Umwegen über Dijon,
Oberrhein und Schwaben — genau auf denselben Wegen, auf denen
einige Jahre später der neue Stil in die Kölnische Malerei kommen
sollte, durch den Schwaben Stephan Lochner.
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