Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914.Die Kunst Unteritaliens in der Zeit Kaiser Friedrichs II. Ringmauer mit Zentralturm, sondern der ganze Innenraum (wirkennen ihn freilich nur als spätmittelalterlichen Umbau) war wohnbar ausgebaut, mit einem kleinen, unsymmetrisch an die Seite geschobenen Hof. Es ist indes höchst fraglich, ob wir es mit einer ursprünglichen Wehranlage zu tun haben. Das Mauerwerk ist romanisch. Die Vermutung ist ausgesprochen worden, daß der Turm auf den Fundamenten der 939 zerstörten karolingischen Pfalzkapelle stehe. Sie hat viel Ansprechendes, aber ein gültiger Beweis ist bis jetzt nicht erbracht worden. In jedem Fall liegt hier etwas wesentlich anderes vor als in der Burg der Egisheimer. Nun ist noch von einer Hypothese zu sprechen, die, wenn 1) In Bulletin de la societe d'Alsace, II. serie, I, VIII. 2) A. Hanauer, Le Proces d'un faux moderne in Revue d'Alsace 1903. 3) Z. B. in Karl Simons Studien zum romanischen Wohnbau 1902. 4) Die Burgen des Elsaß, Vortrag vor S. M. dem Kaiser 1904. 5) Revue d'Alsace 1905.
Die Kunst Unteritaliens in der Zeit Kaiser Friedrichs II. Ringmauer mit Zentralturm, sondern der ganze Innenraum (wirkennen ihn freilich nur als spätmittelalterlichen Umbau) war wohnbar ausgebaut, mit einem kleinen, unsymmetrisch an die Seite geschobenen Hof. Es ist indes höchst fraglich, ob wir es mit einer ursprünglichen Wehranlage zu tun haben. Das Mauerwerk ist romanisch. Die Vermutung ist ausgesprochen worden, daß der Turm auf den Fundamenten der 939 zerstörten karolingischen Pfalzkapelle stehe. Sie hat viel Ansprechendes, aber ein gültiger Beweis ist bis jetzt nicht erbracht worden. In jedem Fall liegt hier etwas wesentlich anderes vor als in der Burg der Egisheimer. Nun ist noch von einer Hypothese zu sprechen, die, wenn 1) In Bulletin de la société d'Alsace, II. série, I, VIII. 2) A. Hanauer, Le Procès d'un faux moderne in Revue d'Alsace 1903. 3) Z. B. in Karl Simons Studien zum romanischen Wohnbau 1902. 4) Die Burgen des Elsaß, Vortrag vor S. M. dem Kaiser 1904. 5) Revue d'Alsace 1905.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0135" n="117"/><fw place="top" type="header">Die Kunst Unteritaliens in der Zeit Kaiser Friedrichs II.</fw><lb/> Ringmauer mit Zentralturm, sondern der ganze Innenraum (wir<lb/> kennen ihn freilich nur als spätmittelalterlichen Umbau) war<lb/> wohnbar ausgebaut, mit einem kleinen, unsymmetrisch an die<lb/> Seite geschobenen Hof. Es ist indes höchst fraglich, ob wir es mit<lb/> einer ursprünglichen Wehranlage zu tun haben. Das Mauerwerk<lb/> ist romanisch. Die Vermutung ist ausgesprochen worden, daß<lb/> der Turm auf den Fundamenten der 939 zerstörten karolingischen<lb/> Pfalzkapelle stehe. Sie hat viel Ansprechendes, aber ein gültiger<lb/> Beweis ist bis jetzt nicht erbracht worden. In jedem Fall liegt<lb/> hier etwas wesentlich anderes vor als in der Burg der Egisheimer.</p><lb/> <p>Nun ist noch von einer Hypothese zu sprechen, die, wenn<lb/> sie zuträfe, die Burg Egisheim noch viel interessanter machen<lb/> würde, als sie jetzt schon ist. Es handelt sich dabei um die Kaiser-<lb/> pfalz in Hagenau. Ich will den nachgerade konfus gewordenen<lb/> Fall in tunlichster Kürze darlegen. Die Pfalz ist 1678 von den<lb/> Franzosen zerstört worden und ihre Steine wurden beim Bau<lb/> des Fort-Louis benutzt. Der Platz, auf dem sie stand, ist jetzt<lb/> überbaut. Von der angeblich durch Kaiser Friedrich Barbarossa<lb/> errichteten Kapelle, in der die Reichskleinodien aufbewahrt wur-<lb/> den, gibt ein Autor des 16. Jahrhunderts (und nach ihm Merian)<lb/> eine in bezug auf Anschaulichkeit viel zu wünschen übriglassende<lb/> Beschreibung, doch sagt er nichts von der Anlage im ganzen.<lb/> Alte Ansichten waren nicht bekannt, bis vor etwa 30 Jahren<lb/> eine angeblich aus dem Jahr 1614 stammende Zeichnung »ent-<lb/> deckt« wurde. Heute besteht kein Zweifel mehr, daß Guerber,<lb/> der sie zuerst publizierte<note place="foot" n="1)">In Bulletin de la société d'Alsace, II. série, I, VIII.</note>, das Opfer einer Mystifikation gewesen<lb/> ist<note place="foot" n="2)">A. Hanauer, Le Procès d'un faux moderne in Revue d'Alsace 1903.</note>. Leider ist diese Fälschung in die Literatur übergegangen<note place="foot" n="3)">Z. B. in Karl Simons Studien zum romanischen Wohnbau 1902.</note>,<lb/> zuletzt noch von Bodo Ebhardt wiedergegeben und, trotz der<lb/> auch inneren Unglaubwürdigkeit, für eine Quelle »von hohem<lb/> Wert« erklärt<note place="foot" n="4)">Die Burgen des Elsaß, Vortrag vor S. M. dem Kaiser 1904.</note>. Nach Beseitigung der Fälschung lenkte Hanauer<lb/> mit Recht die Aufmerksamkeit auf das alte Stadtsiegel von Ha-<lb/> genau<note place="foot" n="5)">Revue d'Alsace 1905.</note> (vgl. die nachstehende Reproduktion). Ohne Zweifel zeigt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [117/0135]
Die Kunst Unteritaliens in der Zeit Kaiser Friedrichs II.
Ringmauer mit Zentralturm, sondern der ganze Innenraum (wir
kennen ihn freilich nur als spätmittelalterlichen Umbau) war
wohnbar ausgebaut, mit einem kleinen, unsymmetrisch an die
Seite geschobenen Hof. Es ist indes höchst fraglich, ob wir es mit
einer ursprünglichen Wehranlage zu tun haben. Das Mauerwerk
ist romanisch. Die Vermutung ist ausgesprochen worden, daß
der Turm auf den Fundamenten der 939 zerstörten karolingischen
Pfalzkapelle stehe. Sie hat viel Ansprechendes, aber ein gültiger
Beweis ist bis jetzt nicht erbracht worden. In jedem Fall liegt
hier etwas wesentlich anderes vor als in der Burg der Egisheimer.
Nun ist noch von einer Hypothese zu sprechen, die, wenn
sie zuträfe, die Burg Egisheim noch viel interessanter machen
würde, als sie jetzt schon ist. Es handelt sich dabei um die Kaiser-
pfalz in Hagenau. Ich will den nachgerade konfus gewordenen
Fall in tunlichster Kürze darlegen. Die Pfalz ist 1678 von den
Franzosen zerstört worden und ihre Steine wurden beim Bau
des Fort-Louis benutzt. Der Platz, auf dem sie stand, ist jetzt
überbaut. Von der angeblich durch Kaiser Friedrich Barbarossa
errichteten Kapelle, in der die Reichskleinodien aufbewahrt wur-
den, gibt ein Autor des 16. Jahrhunderts (und nach ihm Merian)
eine in bezug auf Anschaulichkeit viel zu wünschen übriglassende
Beschreibung, doch sagt er nichts von der Anlage im ganzen.
Alte Ansichten waren nicht bekannt, bis vor etwa 30 Jahren
eine angeblich aus dem Jahr 1614 stammende Zeichnung »ent-
deckt« wurde. Heute besteht kein Zweifel mehr, daß Guerber,
der sie zuerst publizierte 1), das Opfer einer Mystifikation gewesen
ist 2). Leider ist diese Fälschung in die Literatur übergegangen 3),
zuletzt noch von Bodo Ebhardt wiedergegeben und, trotz der
auch inneren Unglaubwürdigkeit, für eine Quelle »von hohem
Wert« erklärt 4). Nach Beseitigung der Fälschung lenkte Hanauer
mit Recht die Aufmerksamkeit auf das alte Stadtsiegel von Ha-
genau 5) (vgl. die nachstehende Reproduktion). Ohne Zweifel zeigt
1) In Bulletin de la société d'Alsace, II. série, I, VIII.
2) A. Hanauer, Le Procès d'un faux moderne in Revue d'Alsace 1903.
3) Z. B. in Karl Simons Studien zum romanischen Wohnbau 1902.
4) Die Burgen des Elsaß, Vortrag vor S. M. dem Kaiser 1904.
5) Revue d'Alsace 1905.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Matthias Schulz, Dienstleister (Muttersprachler): Bereitstellung der Texttranskription nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-02-21T10:17:23Z)
University of Toronto, Robarts Library of Humanities & Social Sciences: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-02-21T10:17:23Z)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Akademiebibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate für die Seiten 122 und 123
(2012-02-21T10:17:23Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |