muß; man ahnet auf diese Weise ein großes, allgemeines Schöpfungs- und Weltgeheimniß, dem nachzuspüren gewiß die würdigste Aufgabe des Denkers ist; man merkt nament- lich, daß die Trinität, deren Vorstellung die christliche Dogmatik gibt, und als deren getreueste Abspiegelung im Reiche geschichtlicher Wirklichkeit wir das katholische Kir- chen- u. Priesterthum erkannt, die innere göttliche Wurzel und Norm der ganzen Weltentwickelung und Weltgeschichte ist, und sieht um so deutlicher den ungeheueren Fehler ein, den jene christlichen Kirchen und Sekten begehen, welche die wundervolle Verknüpfung und Totalität zerstören, deren Bewahrung dem Katholicismus zu so großem Vortheil und Vorzuge gereicht. Wer diese Organisation mißbilligt, der sollte wenigstens auch das Dogma der Trinität auf- geben, das in ihr seinen realen, historischen Ausdruck fin- det, was freilich noch Niemand bemerkt zu haben scheint. Ist aber dieses Dogma eine wesentliche, nicht aufzugebende Inhaltsbestimmung des Christenthums, ja der Kern, die Alles in sich fassende Grund- und Hauptlehre dieser Re- ligion, und hat dasselbe einen so umfassenden welthistori- schen Sinn, so wird eine Kirche, welche diesem Dogma, und das ganz diesem großartigen Sinn entsprechend, einen so vollständigen Ausdruck verleiht, nothwendig für diejenige zu gelten haben, in der sich das Christenthum überhaupt seiner adäquatesten Darstellung und Ausführung in Zeit und Welt erfreut.
muß; man ahnet auf dieſe Weiſe ein großes, allgemeines Schöpfungs- und Weltgeheimniß, dem nachzuſpüren gewiß die würdigſte Aufgabe des Denkers iſt; man merkt nament- lich, daß die Trinität, deren Vorſtellung die chriſtliche Dogmatik gibt, und als deren getreueſte Abſpiegelung im Reiche geſchichtlicher Wirklichkeit wir das katholiſche Kir- chen- u. Prieſterthum erkannt, die innere göttliche Wurzel und Norm der ganzen Weltentwickelung und Weltgeſchichte iſt, und ſieht um ſo deutlicher den ungeheueren Fehler ein, den jene chriſtlichen Kirchen und Sekten begehen, welche die wundervolle Verknüpfung und Totalität zerſtören, deren Bewahrung dem Katholicismus zu ſo großem Vortheil und Vorzuge gereicht. Wer dieſe Organiſation mißbilligt, der ſollte wenigſtens auch das Dogma der Trinität auf- geben, das in ihr ſeinen realen, hiſtoriſchen Ausdruck fin- det, was freilich noch Niemand bemerkt zu haben ſcheint. Iſt aber dieſes Dogma eine weſentliche, nicht aufzugebende Inhaltsbeſtimmung des Chriſtenthums, ja der Kern, die Alles in ſich faſſende Grund- und Hauptlehre dieſer Re- ligion, und hat daſſelbe einen ſo umfaſſenden welthiſtori- ſchen Sinn, ſo wird eine Kirche, welche dieſem Dogma, und das ganz dieſem großartigen Sinn entſprechend, einen ſo vollſtändigen Ausdruck verleiht, nothwendig für diejenige zu gelten haben, in der ſich das Chriſtenthum überhaupt ſeiner adäquateſten Darſtellung und Ausführung in Zeit und Welt erfreut.
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muß; man ahnet auf dieſe Weiſe ein großes, allgemeines
Schöpfungs- und Weltgeheimniß, dem nachzuſpüren gewiß
die würdigſte Aufgabe des Denkers iſt; man merkt nament-
lich, daß die Trinität, deren Vorſtellung die chriſtliche
Dogmatik gibt, und als deren getreueſte Abſpiegelung im
Reiche geſchichtlicher Wirklichkeit wir das katholiſche Kir-
chen- u. Prieſterthum erkannt, die innere göttliche Wurzel
und Norm der ganzen Weltentwickelung und Weltgeſchichte
iſt, und ſieht um ſo deutlicher den ungeheueren Fehler ein,
den jene chriſtlichen Kirchen und Sekten begehen, welche
die wundervolle Verknüpfung und Totalität zerſtören, deren
Bewahrung dem Katholicismus zu ſo großem Vortheil
und Vorzuge gereicht. Wer dieſe Organiſation mißbilligt,
der ſollte wenigſtens auch das Dogma der Trinität auf-
geben, das in ihr ſeinen realen, hiſtoriſchen Ausdruck fin-
det, was freilich noch Niemand bemerkt zu haben ſcheint.
Iſt aber dieſes Dogma eine weſentliche, nicht aufzugebende
Inhaltsbeſtimmung des Chriſtenthums, ja der Kern, die
Alles in ſich faſſende Grund- und Hauptlehre dieſer Re-
ligion, und hat daſſelbe einen ſo umfaſſenden welthiſtori-
ſchen Sinn, ſo wird eine Kirche, welche dieſem Dogma,
und das ganz dieſem großartigen Sinn entſprechend, einen
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zu gelten haben, in der ſich das Chriſtenthum überhaupt
ſeiner adäquateſten Darſtellung und Ausführung in Zeit
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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/79>, abgerufen am 16.02.2025.
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