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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

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fahr totaler Auflösung und äußerster Entartung und Ver-
wilderung bewahrt, andererseits einer schöneren, edleren und
höher gestellten Zukunft, wenn auch langsam und zögernd,
doch um so sicherer und unausbleiblicher entgegengeführt
werden solle, kein anderes Mittel zu finden, als sich so
innig, als möglich, an jene Kirche anzuschließen und die-
selbe, statt eine fortwährende giftige Opposition gegen sie
zu machen, und sie dadurch an ihrer inneren und äußeren
Vollendung zu hindern, vielmehr in aller Weise zu unter-
stützen und in den Stand zu setzen, ihre großen, univer-
sellen Zwecke zu erreichen.

Indem ich mir nun aber die Sache, als denkender
Mensch und wissenschaftlicher Forscher, in ihrem allgemei-
nen historischen und speculativen Zusammenhange vorzu-
stellen trachtete, kam ich auf ganz besondere Gedanken und
Entdeckungen, von denen ich einen Theil in die nachstehen-
den Blätter niedergelegt habe. Es sollen diese den Anfang
einer Reihe von Erörterungen und Nachweisungen bilden,
durch welche ich eine Art von Philosophie des Christen-
thums und des Katholicismus zu liefern gedenke, wie sie
vielleicht einem speciellen, wenn auch noch wenig zum Be-
wußtsein gekommenen, Zeitbedürfnisse entgegenkommt. Es
fehlt nicht an sehr geistreichen und überlegenen Darstellun-
gen katholischer Dogmatiker und Polemiker *); es mangelt

*) Ich erinnere z. B. an den leider zu früh geschiedenen Prof. Möhler,
einen der gebildetsten Geister und feinsten Köpfe, die je im Gebiete
der Theologie gearbeitet haben. Merkwürdig sind seine letzten Aeuße-
rungen. Er starb den 12. April 1838 Nachmittags halb drei Uhr.
Um ein Uhr war er aus einem leichten Schlummer erwacht, wo er

fahr totaler Auflöſung und äußerſter Entartung und Ver-
wilderung bewahrt, andererſeits einer ſchöneren, edleren und
höher geſtellten Zukunft, wenn auch langſam und zögernd,
doch um ſo ſicherer und unausbleiblicher entgegengeführt
werden ſolle, kein anderes Mittel zu finden, als ſich ſo
innig, als möglich, an jene Kirche anzuſchließen und die-
ſelbe, ſtatt eine fortwährende giftige Oppoſition gegen ſie
zu machen, und ſie dadurch an ihrer inneren und äußeren
Vollendung zu hindern, vielmehr in aller Weiſe zu unter-
ſtützen und in den Stand zu ſetzen, ihre großen, univer-
ſellen Zwecke zu erreichen.

Indem ich mir nun aber die Sache, als denkender
Menſch und wiſſenſchaftlicher Forſcher, in ihrem allgemei-
nen hiſtoriſchen und ſpeculativen Zuſammenhange vorzu-
ſtellen trachtete, kam ich auf ganz beſondere Gedanken und
Entdeckungen, von denen ich einen Theil in die nachſtehen-
den Blätter niedergelegt habe. Es ſollen dieſe den Anfang
einer Reihe von Erörterungen und Nachweiſungen bilden,
durch welche ich eine Art von Philoſophie des Chriſten-
thums und des Katholicismus zu liefern gedenke, wie ſie
vielleicht einem ſpeciellen, wenn auch noch wenig zum Be-
wußtſein gekommenen, Zeitbedürfniſſe entgegenkommt. Es
fehlt nicht an ſehr geiſtreichen und überlegenen Darſtellun-
gen katholiſcher Dogmatiker und Polemiker *); es mangelt

*) Ich erinnere z. B. an den leider zu früh geſchiedenen Prof. Möhler,
einen der gebildetſten Geiſter und feinſten Köpfe, die je im Gebiete
der Theologie gearbeitet haben. Merkwürdig ſind ſeine letzten Aeuße-
rungen. Er ſtarb den 12. April 1838 Nachmittags halb drei Uhr.
Um ein Uhr war er aus einem leichten Schlummer erwacht, wo er
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[IX/0015] fahr totaler Auflöſung und äußerſter Entartung und Ver- wilderung bewahrt, andererſeits einer ſchöneren, edleren und höher geſtellten Zukunft, wenn auch langſam und zögernd, doch um ſo ſicherer und unausbleiblicher entgegengeführt werden ſolle, kein anderes Mittel zu finden, als ſich ſo innig, als möglich, an jene Kirche anzuſchließen und die- ſelbe, ſtatt eine fortwährende giftige Oppoſition gegen ſie zu machen, und ſie dadurch an ihrer inneren und äußeren Vollendung zu hindern, vielmehr in aller Weiſe zu unter- ſtützen und in den Stand zu ſetzen, ihre großen, univer- ſellen Zwecke zu erreichen. Indem ich mir nun aber die Sache, als denkender Menſch und wiſſenſchaftlicher Forſcher, in ihrem allgemei- nen hiſtoriſchen und ſpeculativen Zuſammenhange vorzu- ſtellen trachtete, kam ich auf ganz beſondere Gedanken und Entdeckungen, von denen ich einen Theil in die nachſtehen- den Blätter niedergelegt habe. Es ſollen dieſe den Anfang einer Reihe von Erörterungen und Nachweiſungen bilden, durch welche ich eine Art von Philoſophie des Chriſten- thums und des Katholicismus zu liefern gedenke, wie ſie vielleicht einem ſpeciellen, wenn auch noch wenig zum Be- wußtſein gekommenen, Zeitbedürfniſſe entgegenkommt. Es fehlt nicht an ſehr geiſtreichen und überlegenen Darſtellun- gen katholiſcher Dogmatiker und Polemiker *); es mangelt *) Ich erinnere z. B. an den leider zu früh geſchiedenen Prof. Möhler, einen der gebildetſten Geiſter und feinſten Köpfe, die je im Gebiete der Theologie gearbeitet haben. Merkwürdig ſind ſeine letzten Aeuße- rungen. Er ſtarb den 12. April 1838 Nachmittags halb drei Uhr. Um ein Uhr war er aus einem leichten Schlummer erwacht, wo er

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Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. IX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/15>, abgerufen am 18.04.2024.