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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

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Das erklärt sich befriedigend nur aus der Annahme,
daß Janus kein eigentlicher Gott, keine selbstständige, reale
Macht, wie der über Rom besonders wachende, sich in ihm
welthistorisch manifestirende Jupiter, sondern nur ein Bild,
eine Personifikation des römischen Wesens, Staates und
Lebens selbst gewesen, welches als kein müßiges, sondern
als ein stets tüchtiges und thätiges dargestellt werden mußte.
Rom sollte die Welt beherrschen; darum ist Janus Welt-
herrscher, hat in seiner Hand den Schlüssel, das alte Zei-
chen der Herrschaft und Gewalt und heißt Claviger, der
Schlüsselträger. *) Dieser Schlüssel ist dann nach dem
bekannten Ausspruche Christi **) auf Petrus und die rö-
mische Kirche übergegangen.

Wir haben bemerkt, wie der wilde Kriegsgott Mars
um seine erste Stelle im römischen Kalender gekommen. Der-

*) Vergl. Offenb. Joh. 1, 18. und was Böttiger in seiner "Kunstmy-
thologie" S. 248 und 258 ff. über jenes Bild bemerkt und in umfassend ge-
lehrte Vergleichung zieht. "So viel ist als erwiesen anzunehmen, daß
der Ausdruck: ""den Schlüssel haben"" schon in der frühesten Vorwelt
als Gewaltzeichen der Herrschaft im Himmel und auf der Erde allge-
mein gegolten hat." -- -- -- "Der Schlüssel ist im Begriffe der alten
vorderasiatischen und ägyptischen Symbolik das Zeichen der Gewalt über
die Ober- und Unterwelt. So ist Pluto der kleidoukhos, Schlüssel-
halter, des Orkus im orphischen Hymnus, und so geht der Ausdruck
""Schlüsselgewalt"" durch die ganze griechische Sprache und Mytho-
logie." -- -- -- "Ja selbst die dem Petrus übertragene Schlüsselge-
walt kann in Vergleichung der Stelle der Apokalypse 1, 18: ego ekho
tas kleis tou adou, als damals allgemeiner Sprachgebrauch hieher
gezogen werden." Schon der Altdorfer Philologe Schwarz hat in
einer Abhandlung von den schlüsselhaltenden Göttern zur Erklärung
der oben angeführten Bibelstelle, wo dem Heilande die Schlüssel der
Hölle und des Todes zugeschrieben werden, alles Hiehergehörige zusam-
mengestellt; s. die Schwarzischen Opuscula, in der Ausgabe von Har-
les
1792. N. III. P. Wesseling in seinen Observationibus.
Spanheim ad Callim. in Cerer. 45. Creuzer, Symbol. 2. Ausg.
S. 883.
**) Math. 16, 19: doso soi tas kleis tes basileias theou.

Das erklärt ſich befriedigend nur aus der Annahme,
daß Janus kein eigentlicher Gott, keine ſelbſtſtändige, reale
Macht, wie der über Rom beſonders wachende, ſich in ihm
welthiſtoriſch manifeſtirende Jupiter, ſondern nur ein Bild,
eine Perſonifikation des römiſchen Weſens, Staates und
Lebens ſelbſt geweſen, welches als kein müßiges, ſondern
als ein ſtets tüchtiges und thätiges dargeſtellt werden mußte.
Rom ſollte die Welt beherrſchen; darum iſt Janus Welt-
herrſcher, hat in ſeiner Hand den Schlüſſel, das alte Zei-
chen der Herrſchaft und Gewalt und heißt Claviger, der
Schlüſſelträger. *) Dieſer Schlüſſel iſt dann nach dem
bekannten Ausſpruche Chriſti **) auf Petrus und die rö-
miſche Kirche übergegangen.

Wir haben bemerkt, wie der wilde Kriegsgott Mars
um ſeine erſte Stelle im römiſchen Kalender gekommen. Der-

*) Vergl. Offenb. Joh. 1, 18. und was Böttiger in ſeiner „Kunſtmy-
thologie“ S. 248 und 258 ff. über jenes Bild bemerkt und in umfaſſend ge-
lehrte Vergleichung zieht. „So viel iſt als erwieſen anzunehmen, daß
der Ausdruck: „„den Schlüſſel haben““ ſchon in der früheſten Vorwelt
als Gewaltzeichen der Herrſchaft im Himmel und auf der Erde allge-
mein gegolten hat.“ — — — „Der Schlüſſel iſt im Begriffe der alten
vorderaſiatiſchen und ägyptiſchen Symbolik das Zeichen der Gewalt über
die Ober- und Unterwelt. So iſt Pluto der κλειδουχος, Schlüſſel-
halter, des Orkus im orphiſchen Hymnus, und ſo geht der Ausdruck
„„Schlüſſelgewalt““ durch die ganze griechiſche Sprache und Mytho-
logie.“ — — — „Ja ſelbſt die dem Petrus übertragene Schlüſſelge-
walt kann in Vergleichung der Stelle der Apokalypſe 1, 18: εγω εχω
τας κλεις του ἁδου, als damals allgemeiner Sprachgebrauch hieher
gezogen werden.“ Schon der Altdorfer Philologe Schwarz hat in
einer Abhandlung von den ſchlüſſelhaltenden Göttern zur Erklärung
der oben angeführten Bibelſtelle, wo dem Heilande die Schlüſſel der
Hölle und des Todes zugeſchrieben werden, alles Hiehergehörige zuſam-
mengeſtellt; ſ. die Schwarziſchen Opuscula, in der Ausgabe von Har-
les
1792. N. III. P. Weſſeling in ſeinen Observationibus.
Spanheim ad Callim. in Cerer. 45. Creuzer, Symbol. 2. Ausg.
S. 883.
**) Math. 16, 19: δωσω σοι τας κλεις της βασιλειας ϑεου.
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[88/0110] Das erklärt ſich befriedigend nur aus der Annahme, daß Janus kein eigentlicher Gott, keine ſelbſtſtändige, reale Macht, wie der über Rom beſonders wachende, ſich in ihm welthiſtoriſch manifeſtirende Jupiter, ſondern nur ein Bild, eine Perſonifikation des römiſchen Weſens, Staates und Lebens ſelbſt geweſen, welches als kein müßiges, ſondern als ein ſtets tüchtiges und thätiges dargeſtellt werden mußte. Rom ſollte die Welt beherrſchen; darum iſt Janus Welt- herrſcher, hat in ſeiner Hand den Schlüſſel, das alte Zei- chen der Herrſchaft und Gewalt und heißt Claviger, der Schlüſſelträger. *) Dieſer Schlüſſel iſt dann nach dem bekannten Ausſpruche Chriſti **) auf Petrus und die rö- miſche Kirche übergegangen. Wir haben bemerkt, wie der wilde Kriegsgott Mars um ſeine erſte Stelle im römiſchen Kalender gekommen. Der- *) Vergl. Offenb. Joh. 1, 18. und was Böttiger in ſeiner „Kunſtmy- thologie“ S. 248 und 258 ff. über jenes Bild bemerkt und in umfaſſend ge- lehrte Vergleichung zieht. „So viel iſt als erwieſen anzunehmen, daß der Ausdruck: „„den Schlüſſel haben““ ſchon in der früheſten Vorwelt als Gewaltzeichen der Herrſchaft im Himmel und auf der Erde allge- mein gegolten hat.“ — — — „Der Schlüſſel iſt im Begriffe der alten vorderaſiatiſchen und ägyptiſchen Symbolik das Zeichen der Gewalt über die Ober- und Unterwelt. So iſt Pluto der κλειδουχος, Schlüſſel- halter, des Orkus im orphiſchen Hymnus, und ſo geht der Ausdruck „„Schlüſſelgewalt““ durch die ganze griechiſche Sprache und Mytho- logie.“ — — — „Ja ſelbſt die dem Petrus übertragene Schlüſſelge- walt kann in Vergleichung der Stelle der Apokalypſe 1, 18: εγω εχω τας κλεις του ἁδου, als damals allgemeiner Sprachgebrauch hieher gezogen werden.“ Schon der Altdorfer Philologe Schwarz hat in einer Abhandlung von den ſchlüſſelhaltenden Göttern zur Erklärung der oben angeführten Bibelſtelle, wo dem Heilande die Schlüſſel der Hölle und des Todes zugeſchrieben werden, alles Hiehergehörige zuſam- mengeſtellt; ſ. die Schwarziſchen Opuscula, in der Ausgabe von Har- les 1792. N. III. P. Weſſeling in ſeinen Observationibus. Spanheim ad Callim. in Cerer. 45. Creuzer, Symbol. 2. Ausg. S. 883. **) Math. 16, 19: δωσω σοι τας κλεις της βασιλειας ϑεου.

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Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/110>, abgerufen am 24.11.2024.