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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

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keit besser zu üben gelehrt?" Von den Stoikern der
Kaiserzeit sagt Aehnliches auch Döllinger: *) "Als
Moralisten standen sie auf einer hohen Stufe; ihr geistiger
Horizont war freier und weiter geworden, der Begriff der
Menschheit als eines großen, zusammengehörigen Ganzen
hatte sich bei ihnen entwickelt; Marc Aurel redet bereits
von einer Weltrepublik, in welcher Römer und
Barbaren, Sklaven und Krüppel Bürgerrecht
hätten und Gleichheit herrsche
. Wie die Aerzte
in Zeiten großer Krankheiten ihre besten Studien machen,
so hatten auch die Stoiker in dem allgemein herrschenden
Sittenverderben ihren moralischen Blick geschärft; sie waren
ernste Sittenrichter, sie wußten mitunter sehr treffende
Rathschläge zu ertheilen über die Methode ethischer Reini-
gung und Besserung. Wie einschneidend, lebendig, glän-
zend, voll tiefer Kenntniß des menschlichen Herzens, seiner
Schwächen und Tücken ist Seneca; wie feierlich weh-
müthig und rührend Marcus Aurelius! Wie ver-
traulich und unwiderstehlich wissen Epiktet und sein
Dollmetscher Arrian den Leser für ihre Predigt des Dul-
dens und der Selbstverläugnung zu gewinnen, und ihn
stets wieder darauf zurückzuführen, daß er Nichts leiden-
schaftlich begehre und, seiner geistigen Freiheit immer ein-
gedenk, auf dem Wege der Tugend keiner Furcht Raum
gebe!" Tennemann **) sagt: "In der anziehendsten
Gestalt erscheint der Stoicismus bei dem philosophischen
Kaiser Antonin, welcher der Menschheit und der Fürsten-
würde so viel Ehre machte. Sein gebildeter Geist hatte
das stoische System als eine Lehre für das Leben, nicht
für die Schule, mit inniger Lebendigkeit ergriffen, und sein

*) Heidenthum und Judenthum, S. 729.
**) Geschichte der Philosophie V. S. 180 f.

keit beſſer zu üben gelehrt?“ Von den Stoikern der
Kaiſerzeit ſagt Aehnliches auch Döllinger: *) „Als
Moraliſten ſtanden ſie auf einer hohen Stufe; ihr geiſtiger
Horizont war freier und weiter geworden, der Begriff der
Menſchheit als eines großen, zuſammengehörigen Ganzen
hatte ſich bei ihnen entwickelt; Marc Aurel redet bereits
von einer Weltrepublik, in welcher Römer und
Barbaren, Sklaven und Krüppel Bürgerrecht
hätten und Gleichheit herrſche
. Wie die Aerzte
in Zeiten großer Krankheiten ihre beſten Studien machen,
ſo hatten auch die Stoiker in dem allgemein herrſchenden
Sittenverderben ihren moraliſchen Blick geſchärft; ſie waren
ernſte Sittenrichter, ſie wußten mitunter ſehr treffende
Rathſchläge zu ertheilen über die Methode ethiſcher Reini-
gung und Beſſerung. Wie einſchneidend, lebendig, glän-
zend, voll tiefer Kenntniß des menſchlichen Herzens, ſeiner
Schwächen und Tücken iſt Seneca; wie feierlich weh-
müthig und rührend Marcus Aurelius! Wie ver-
traulich und unwiderſtehlich wiſſen Epiktet und ſein
Dollmetſcher Arrian den Leſer für ihre Predigt des Dul-
dens und der Selbſtverläugnung zu gewinnen, und ihn
ſtets wieder darauf zurückzuführen, daß er Nichts leiden-
ſchaftlich begehre und, ſeiner geiſtigen Freiheit immer ein-
gedenk, auf dem Wege der Tugend keiner Furcht Raum
gebe!“ Tennemann **) ſagt: „In der anziehendſten
Geſtalt erſcheint der Stoicismus bei dem philoſophiſchen
Kaiſer Antonin, welcher der Menſchheit und der Fürſten-
würde ſo viel Ehre machte. Sein gebildeter Geiſt hatte
das ſtoiſche Syſtem als eine Lehre für das Leben, nicht
für die Schule, mit inniger Lebendigkeit ergriffen, und ſein

*) Heidenthum und Judenthum, S. 729.
**) Geſchichte der Philoſophie V. S. 180 f.
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[79/0101] keit beſſer zu üben gelehrt?“ Von den Stoikern der Kaiſerzeit ſagt Aehnliches auch Döllinger: *) „Als Moraliſten ſtanden ſie auf einer hohen Stufe; ihr geiſtiger Horizont war freier und weiter geworden, der Begriff der Menſchheit als eines großen, zuſammengehörigen Ganzen hatte ſich bei ihnen entwickelt; Marc Aurel redet bereits von einer Weltrepublik, in welcher Römer und Barbaren, Sklaven und Krüppel Bürgerrecht hätten und Gleichheit herrſche. Wie die Aerzte in Zeiten großer Krankheiten ihre beſten Studien machen, ſo hatten auch die Stoiker in dem allgemein herrſchenden Sittenverderben ihren moraliſchen Blick geſchärft; ſie waren ernſte Sittenrichter, ſie wußten mitunter ſehr treffende Rathſchläge zu ertheilen über die Methode ethiſcher Reini- gung und Beſſerung. Wie einſchneidend, lebendig, glän- zend, voll tiefer Kenntniß des menſchlichen Herzens, ſeiner Schwächen und Tücken iſt Seneca; wie feierlich weh- müthig und rührend Marcus Aurelius! Wie ver- traulich und unwiderſtehlich wiſſen Epiktet und ſein Dollmetſcher Arrian den Leſer für ihre Predigt des Dul- dens und der Selbſtverläugnung zu gewinnen, und ihn ſtets wieder darauf zurückzuführen, daß er Nichts leiden- ſchaftlich begehre und, ſeiner geiſtigen Freiheit immer ein- gedenk, auf dem Wege der Tugend keiner Furcht Raum gebe!“ Tennemann **) ſagt: „In der anziehendſten Geſtalt erſcheint der Stoicismus bei dem philoſophiſchen Kaiſer Antonin, welcher der Menſchheit und der Fürſten- würde ſo viel Ehre machte. Sein gebildeter Geiſt hatte das ſtoiſche Syſtem als eine Lehre für das Leben, nicht für die Schule, mit inniger Lebendigkeit ergriffen, und ſein *) Heidenthum und Judenthum, S. 729. **) Geſchichte der Philoſophie V. S. 180 f.

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Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/101>, abgerufen am 22.11.2024.