Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.Cap. 3. Zusammenballung des Protoplasma. ballung bewirkt worden ist, hört der Strom von Protoplasma an denWänden derselben auf, sichtbar zu sein; ich beobachtete diese Thatsache wiederholt, will aber nur ein Beispiel geben. Ein blasz purpurnes Blatt war in ein paar Tropfen einer Auflösung von einem Theil in 292 Theilen Wasser gelegt worden und in 2 Stunden hatten sich in den oberen Zellen der Stiele einige feine purpurne Kugeln gebildet, während der Strom von Protoplasma rings an ihren Wänden noch ganz deutlich war; aber nach Verlauf von weiteren 4 Stunden, während welcher Zeit sich noch viel mehr Kugeln gebildet hatten, war der Strom, selbst bei der sorgfältigsten Untersuchung, nicht mehr zu unterscheiden; und dies war ohne Zweifel eine Folge davon, dasz die eingeschlossenen Körnchen sich mit den Ku- geln vereinigt hatten, so dasz nichts mehr vorhanden war, wodurch die Bewegung des klaren Protoplasma hätte bemerkt werden können. Aber sehr kleine freie Kugeln giengen noch immer die Zellen hinauf und hinab, welche bewiesen, dasz noch immer ein Strom vorhanden war. So war es noch am nächsten Morgen, nach 22 Stunden, in welcher Zeit sich einige neue kleine Kugeln gebildet hatten; diese oscillirten von einer Seite zur andern und veränderten ihre Stellung, wodurch sie bewiesen, dasz die Strömung noch nicht aufgehört hatte, obgleich kein Strom von Protoplasma sichtbar war. Bei einer andern Gelegenheit sah man jedoch einen Strom um die Zellen-Wände eines lebenskräftigen, dunkelfarbigen Blattes flieszen, nachdem es 24 Stunden in einer etwas stärkeren Auf- lösung, nämlich von einem Theil des kohlensauren Salzes auf 218 Theile Wasser, gelegen hatte. Dies Blatt war daher nicht sehr oder gar nicht durch ein Eintauchen von dieser Zeit in die oben erwähnte Auflösung von zwei Gran in einer Unze besehädigt; und nachdem es nacher 24 Stunden in Wasser liegen gelassen worden war, hatten sich die zusam- mengeballten Massen in vielen der Zellen wieder aufgelöst, in derselben Art, wie es vorkommt, wenn Blätter im Naturzustand sich wieder aus- strecken, nachdem sie Insecten gefangen gehabt hatten. In einem Blatt, welches 22 Stunden in einer Auflösung von einem Aus diesen verschiedenen Thatsachen können wir schlieszen, dasz, Cap. 3. Zusammenballung des Protoplasma. ballung bewirkt worden ist, hört der Strom von Protoplasma an denWänden derselben auf, sichtbar zu sein; ich beobachtete diese Thatsache wiederholt, will aber nur ein Beispiel geben. Ein blasz purpurnes Blatt war in ein paar Tropfen einer Auflösung von einem Theil in 292 Theilen Wasser gelegt worden und in 2 Stunden hatten sich in den oberen Zellen der Stiele einige feine purpurne Kugeln gebildet, während der Strom von Protoplasma rings an ihren Wänden noch ganz deutlich war; aber nach Verlauf von weiteren 4 Stunden, während welcher Zeit sich noch viel mehr Kugeln gebildet hatten, war der Strom, selbst bei der sorgfältigsten Untersuchung, nicht mehr zu unterscheiden; und dies war ohne Zweifel eine Folge davon, dasz die eingeschlossenen Körnchen sich mit den Ku- geln vereinigt hatten, so dasz nichts mehr vorhanden war, wodurch die Bewegung des klaren Protoplasma hätte bemerkt werden können. Aber sehr kleine freie Kugeln giengen noch immer die Zellen hinauf und hinab, welche bewiesen, dasz noch immer ein Strom vorhanden war. So war es noch am nächsten Morgen, nach 22 Stunden, in welcher Zeit sich einige neue kleine Kugeln gebildet hatten; diese oscillirten von einer Seite zur andern und veränderten ihre Stellung, wodurch sie bewiesen, dasz die Strömung noch nicht aufgehört hatte, obgleich kein Strom von Protoplasma sichtbar war. Bei einer andern Gelegenheit sah man jedoch einen Strom um die Zellen-Wände eines lebenskräftigen, dunkelfarbigen Blattes flieszen, nachdem es 24 Stunden in einer etwas stärkeren Auf- lösung, nämlich von einem Theil des kohlensauren Salzes auf 218 Theile Wasser, gelegen hatte. Dies Blatt war daher nicht sehr oder gar nicht durch ein Eintauchen von dieser Zeit in die oben erwähnte Auflösung von zwei Gran in einer Unze besehädigt; und nachdem es nacher 24 Stunden in Wasser liegen gelassen worden war, hatten sich die zusam- mengeballten Massen in vielen der Zellen wieder aufgelöst, in derselben Art, wie es vorkommt, wenn Blätter im Naturzustand sich wieder aus- strecken, nachdem sie Insecten gefangen gehabt hatten. In einem Blatt, welches 22 Stunden in einer Auflösung von einem Aus diesen verschiedenen Thatsachen können wir schlieszen, dasz, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0055" n="41"/><fw place="top" type="header">Cap. 3. Zusammenballung des Protoplasma.</fw><lb/> ballung bewirkt worden ist, hört der Strom von Protoplasma an den<lb/> Wänden derselben auf, sichtbar zu sein; ich beobachtete diese Thatsache<lb/> wiederholt, will aber nur ein Beispiel geben. Ein blasz purpurnes Blatt<lb/> war in ein paar Tropfen einer Auflösung von einem Theil in 292 Theilen<lb/> Wasser gelegt worden und in 2 Stunden hatten sich in den oberen Zellen<lb/> der Stiele einige feine purpurne Kugeln gebildet, während der Strom von<lb/> Protoplasma rings an ihren Wänden noch ganz deutlich war; aber nach<lb/> Verlauf von weiteren 4 Stunden, während welcher Zeit sich noch viel<lb/> mehr Kugeln gebildet hatten, war der Strom, selbst bei der sorgfältigsten<lb/> Untersuchung, nicht mehr zu unterscheiden; und dies war ohne Zweifel<lb/> eine Folge davon, dasz die eingeschlossenen Körnchen sich mit den Ku-<lb/> geln vereinigt hatten, so dasz nichts mehr vorhanden war, wodurch die<lb/> Bewegung des klaren Protoplasma hätte bemerkt werden können. Aber<lb/> sehr kleine freie Kugeln giengen noch immer die Zellen hinauf und hinab,<lb/> welche bewiesen, dasz noch immer ein Strom vorhanden war. So war<lb/> es noch am nächsten Morgen, nach 22 Stunden, in welcher Zeit sich<lb/> einige neue kleine Kugeln gebildet hatten; diese oscillirten von einer<lb/> Seite zur andern und veränderten ihre Stellung, wodurch sie bewiesen,<lb/> dasz die Strömung noch nicht aufgehört hatte, obgleich kein Strom von<lb/> Protoplasma sichtbar war. Bei einer andern Gelegenheit sah man jedoch<lb/> einen Strom um die Zellen-Wände eines lebenskräftigen, dunkelfarbigen<lb/> Blattes flieszen, nachdem es 24 Stunden in einer etwas stärkeren Auf-<lb/> lösung, nämlich von einem Theil des kohlensauren Salzes auf 218 Theile<lb/> Wasser, gelegen hatte. Dies Blatt war daher nicht sehr oder gar nicht<lb/> durch ein Eintauchen von dieser Zeit in die oben erwähnte Auflösung<lb/> von zwei Gran in einer Unze besehädigt; und nachdem es nacher 24<lb/> Stunden in Wasser liegen gelassen worden war, hatten sich die zusam-<lb/> mengeballten Massen in vielen der Zellen wieder aufgelöst, in derselben<lb/> Art, wie es vorkommt, wenn Blätter im Naturzustand sich wieder aus-<lb/> strecken, nachdem sie Insecten gefangen gehabt hatten.</p><lb/> <p>In einem Blatt, welches 22 Stunden in einer Auflösung von einem<lb/> Theil des kohlensauren Salzes in 292 Theilen Wasser gelassen war, wur-<lb/> den einige Kugeln von Protoplasma (durch die Selbsttheilung einer sack-<lb/> ähnlichen Masse) sanft unter einem Deckgläschen gedrückt, und dann<lb/> unter starker Vergröszerung untersucht. Sie waren nun deutlich durch<lb/> scharf bestimmte strahlenförmige Spalten getheilt, oder waren in verschie-<lb/> dene Fragmente mit scharfen Kanten aufgebrochen; auch waren sie solid<lb/> bis in die Mitte. In den gröszeren aufgebrochenen Kugeln war der mitt-<lb/> lere Theil undurchsichtiger, dunkelfarbiger und weniger zerbrechlich als<lb/> die äuszeren; nur waren in einigen Fällen die letzteren von Spalten<lb/> durchdrungen. In vielen Kugeln war die Trennungslinie zwischen den<lb/> äuszeren und inneren Theilen ziemlich scharf bestimmt. Die äuszeren<lb/> Theile waren von genau derselben sehr blasz purpurnen Färbung, wie die<lb/> der zuletzt gebildeten kleineren Kugeln; und diese letzteren schlossen kei-<lb/> nen dunkleren mittleren Kern ein.</p><lb/> <p>Aus diesen verschiedenen Thatsachen können wir schlieszen, dasz,<lb/> wenn kräftige dunkelfarbige Blätter der Einwirkung von kohlensaurem<lb/> Ammoniak unterworfen werden, sich die Flüssigkeit in den Zellen der<lb/> Tentakeln oft äuszerlich in zusammenhängende klebrige Substanz zu-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [41/0055]
Cap. 3. Zusammenballung des Protoplasma.
ballung bewirkt worden ist, hört der Strom von Protoplasma an den
Wänden derselben auf, sichtbar zu sein; ich beobachtete diese Thatsache
wiederholt, will aber nur ein Beispiel geben. Ein blasz purpurnes Blatt
war in ein paar Tropfen einer Auflösung von einem Theil in 292 Theilen
Wasser gelegt worden und in 2 Stunden hatten sich in den oberen Zellen
der Stiele einige feine purpurne Kugeln gebildet, während der Strom von
Protoplasma rings an ihren Wänden noch ganz deutlich war; aber nach
Verlauf von weiteren 4 Stunden, während welcher Zeit sich noch viel
mehr Kugeln gebildet hatten, war der Strom, selbst bei der sorgfältigsten
Untersuchung, nicht mehr zu unterscheiden; und dies war ohne Zweifel
eine Folge davon, dasz die eingeschlossenen Körnchen sich mit den Ku-
geln vereinigt hatten, so dasz nichts mehr vorhanden war, wodurch die
Bewegung des klaren Protoplasma hätte bemerkt werden können. Aber
sehr kleine freie Kugeln giengen noch immer die Zellen hinauf und hinab,
welche bewiesen, dasz noch immer ein Strom vorhanden war. So war
es noch am nächsten Morgen, nach 22 Stunden, in welcher Zeit sich
einige neue kleine Kugeln gebildet hatten; diese oscillirten von einer
Seite zur andern und veränderten ihre Stellung, wodurch sie bewiesen,
dasz die Strömung noch nicht aufgehört hatte, obgleich kein Strom von
Protoplasma sichtbar war. Bei einer andern Gelegenheit sah man jedoch
einen Strom um die Zellen-Wände eines lebenskräftigen, dunkelfarbigen
Blattes flieszen, nachdem es 24 Stunden in einer etwas stärkeren Auf-
lösung, nämlich von einem Theil des kohlensauren Salzes auf 218 Theile
Wasser, gelegen hatte. Dies Blatt war daher nicht sehr oder gar nicht
durch ein Eintauchen von dieser Zeit in die oben erwähnte Auflösung
von zwei Gran in einer Unze besehädigt; und nachdem es nacher 24
Stunden in Wasser liegen gelassen worden war, hatten sich die zusam-
mengeballten Massen in vielen der Zellen wieder aufgelöst, in derselben
Art, wie es vorkommt, wenn Blätter im Naturzustand sich wieder aus-
strecken, nachdem sie Insecten gefangen gehabt hatten.
In einem Blatt, welches 22 Stunden in einer Auflösung von einem
Theil des kohlensauren Salzes in 292 Theilen Wasser gelassen war, wur-
den einige Kugeln von Protoplasma (durch die Selbsttheilung einer sack-
ähnlichen Masse) sanft unter einem Deckgläschen gedrückt, und dann
unter starker Vergröszerung untersucht. Sie waren nun deutlich durch
scharf bestimmte strahlenförmige Spalten getheilt, oder waren in verschie-
dene Fragmente mit scharfen Kanten aufgebrochen; auch waren sie solid
bis in die Mitte. In den gröszeren aufgebrochenen Kugeln war der mitt-
lere Theil undurchsichtiger, dunkelfarbiger und weniger zerbrechlich als
die äuszeren; nur waren in einigen Fällen die letzteren von Spalten
durchdrungen. In vielen Kugeln war die Trennungslinie zwischen den
äuszeren und inneren Theilen ziemlich scharf bestimmt. Die äuszeren
Theile waren von genau derselben sehr blasz purpurnen Färbung, wie die
der zuletzt gebildeten kleineren Kugeln; und diese letzteren schlossen kei-
nen dunkleren mittleren Kern ein.
Aus diesen verschiedenen Thatsachen können wir schlieszen, dasz,
wenn kräftige dunkelfarbige Blätter der Einwirkung von kohlensaurem
Ammoniak unterworfen werden, sich die Flüssigkeit in den Zellen der
Tentakeln oft äuszerlich in zusammenhängende klebrige Substanz zu-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |