oberen Theil der Blasen der Utricularia. Die schmale quere Mün- dung (o, Fig. 29) liegt zwischen den Basen der zwei spiralen Arme. Keine Klappe konnte hier entdeckt werden; auch hat Dr. Warming keine irgend derartige Bildung hier gesehen. Die Lippen der Mün- dung sind mit vielen kurzen, dicken, scharf zugespitzten, etwas ein- gebognen Haaren oder Zähnen bewaffnet.
Die zwei vorspringenden Ränder der spiral gewundenen Platte, welche die Arme bilden, sind mit kurzen eingebognen Haaren oder Zähnen, genau gleich denen auf den Lippen, versehen. Diese springen nach innen im rechten Winkel zu der Spirallinie der Verbindung zwi- schen den beiden Rändern vor. Die innere Oberfläche der Platte trägt zweizellige verlängerte Papillen, welche denen im oberen Theil des Halses gleich sind, aber Dr. Warming zufolge darin leicht von ihnen verschieden sind, dasz ihre Stiele von Verlängerungen groszer Epidermis-Zellen gebildet werden, während die Papillen im Halse auf kleinen, zwischen die gröszeren eingelassenen Zellen ruhen. Diese spiralen Arme bilden einen auffallenden Unterschied zwischen der vorliegenden Gattung und Utricularia.
Endlich ist ein Bündel von Spiralgefäszen da, welches den unteren Theil des linearen Blattes hinauf laufend sich dicht unter dem Schlauche theilt. Ein Zweig erstreckt sich die dorsale und der andere die ven- trale Seite sowohl des Schlauches als des Halses hinauf. Von diesen zwei Zweigen tritt einer in den einen spiralen Arm, der andere Zweig in den andern Arm.
Die Schläuche enthielten viel Abfall oder schmutzige Substanz, welche organisch zu sein schien, obgleich keine bestimmten Organis- men erkannt werden konnten. Es ist in der That kaum möglich, dasz irgend ein anderer Gegenstand in die kleinen Mündungen ein- treten und den langen schmalen Hals hinunter gehen könnte, auszer einem lebenden Wesen. In den Hälsen jedoch von einigen Exem- plaren wurde ein Wurm mit zurückgezognen hörnigen Kinnladen, das Abdomen irgend eines Gliederthieres, und Flecke von Schmutz, wahr- scheinlich die Reste von andern kleinen Geschöpfen, gefunden. Viele der Papillen sowohl in den Schläuchen als in den Hälsen waren mis- farbig, als ob sie Substanz aufgesaugt hätten.
Aus dieser Beschreibung geht zur Genüge hervor, wie Genlisea sich ihrer Beute versichert. Kleine Thiere, welche in die schmale Mündung eintreten -- (aber was sie bewegt, da hinein zu gehen, ist
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Cap. 18. Gefangene Beute.
oberen Theil der Blasen der Utricularia. Die schmale quere Mün- dung (o, Fig. 29) liegt zwischen den Basen der zwei spiralen Arme. Keine Klappe konnte hier entdeckt werden; auch hat Dr. Warming keine irgend derartige Bildung hier gesehen. Die Lippen der Mün- dung sind mit vielen kurzen, dicken, scharf zugespitzten, etwas ein- gebognen Haaren oder Zähnen bewaffnet.
Die zwei vorspringenden Ränder der spiral gewundenen Platte, welche die Arme bilden, sind mit kurzen eingebognen Haaren oder Zähnen, genau gleich denen auf den Lippen, versehen. Diese springen nach innen im rechten Winkel zu der Spirallinie der Verbindung zwi- schen den beiden Rändern vor. Die innere Oberfläche der Platte trägt zweizellige verlängerte Papillen, welche denen im oberen Theil des Halses gleich sind, aber Dr. Warming zufolge darin leicht von ihnen verschieden sind, dasz ihre Stiele von Verlängerungen groszer Epidermis-Zellen gebildet werden, während die Papillen im Halse auf kleinen, zwischen die gröszeren eingelassenen Zellen ruhen. Diese spiralen Arme bilden einen auffallenden Unterschied zwischen der vorliegenden Gattung und Utricularia.
Endlich ist ein Bündel von Spiralgefäszen da, welches den unteren Theil des linearen Blattes hinauf laufend sich dicht unter dem Schlauche theilt. Ein Zweig erstreckt sich die dorsale und der andere die ven- trale Seite sowohl des Schlauches als des Halses hinauf. Von diesen zwei Zweigen tritt einer in den einen spiralen Arm, der andere Zweig in den andern Arm.
Die Schläuche enthielten viel Abfall oder schmutzige Substanz, welche organisch zu sein schien, obgleich keine bestimmten Organis- men erkannt werden konnten. Es ist in der That kaum möglich, dasz irgend ein anderer Gegenstand in die kleinen Mündungen ein- treten und den langen schmalen Hals hinunter gehen könnte, auszer einem lebenden Wesen. In den Hälsen jedoch von einigen Exem- plaren wurde ein Wurm mit zurückgezognen hörnigen Kinnladen, das Abdomen irgend eines Gliederthieres, und Flecke von Schmutz, wahr- scheinlich die Reste von andern kleinen Geschöpfen, gefunden. Viele der Papillen sowohl in den Schläuchen als in den Hälsen waren mis- farbig, als ob sie Substanz aufgesaugt hätten.
Aus dieser Beschreibung geht zur Genüge hervor, wie Genlisea sich ihrer Beute versichert. Kleine Thiere, welche in die schmale Mündung eintreten — (aber was sie bewegt, da hinein zu gehen, ist
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Cap. 18. Gefangene Beute.
oberen Theil der Blasen der Utricularia. Die schmale quere Mün-
dung (o, Fig. 29) liegt zwischen den Basen der zwei spiralen Arme.
Keine Klappe konnte hier entdeckt werden; auch hat Dr. Warming
keine irgend derartige Bildung hier gesehen. Die Lippen der Mün-
dung sind mit vielen kurzen, dicken, scharf zugespitzten, etwas ein-
gebognen Haaren oder Zähnen bewaffnet.
Die zwei vorspringenden Ränder der spiral gewundenen Platte,
welche die Arme bilden, sind mit kurzen eingebognen Haaren oder
Zähnen, genau gleich denen auf den Lippen, versehen. Diese springen
nach innen im rechten Winkel zu der Spirallinie der Verbindung zwi-
schen den beiden Rändern vor. Die innere Oberfläche der Platte
trägt zweizellige verlängerte Papillen, welche denen im oberen Theil
des Halses gleich sind, aber Dr. Warming zufolge darin leicht von
ihnen verschieden sind, dasz ihre Stiele von Verlängerungen groszer
Epidermis-Zellen gebildet werden, während die Papillen im Halse
auf kleinen, zwischen die gröszeren eingelassenen Zellen ruhen. Diese
spiralen Arme bilden einen auffallenden Unterschied zwischen der
vorliegenden Gattung und Utricularia.
Endlich ist ein Bündel von Spiralgefäszen da, welches den unteren
Theil des linearen Blattes hinauf laufend sich dicht unter dem Schlauche
theilt. Ein Zweig erstreckt sich die dorsale und der andere die ven-
trale Seite sowohl des Schlauches als des Halses hinauf. Von diesen
zwei Zweigen tritt einer in den einen spiralen Arm, der andere Zweig
in den andern Arm.
Die Schläuche enthielten viel Abfall oder schmutzige Substanz,
welche organisch zu sein schien, obgleich keine bestimmten Organis-
men erkannt werden konnten. Es ist in der That kaum möglich,
dasz irgend ein anderer Gegenstand in die kleinen Mündungen ein-
treten und den langen schmalen Hals hinunter gehen könnte, auszer
einem lebenden Wesen. In den Hälsen jedoch von einigen Exem-
plaren wurde ein Wurm mit zurückgezognen hörnigen Kinnladen, das
Abdomen irgend eines Gliederthieres, und Flecke von Schmutz, wahr-
scheinlich die Reste von andern kleinen Geschöpfen, gefunden. Viele
der Papillen sowohl in den Schläuchen als in den Hälsen waren mis-
farbig, als ob sie Substanz aufgesaugt hätten.
Aus dieser Beschreibung geht zur Genüge hervor, wie Genlisea
sich ihrer Beute versichert. Kleine Thiere, welche in die schmale
Mündung eintreten — (aber was sie bewegt, da hinein zu gehen, ist
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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/417>, abgerufen am 23.07.2024.
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