eher in Wirksamkeit als bis der ganze phosphorsaure Kalk zersetzt worden und freie Säure vorhanden ist, worauf dann die fasrige Grund- substanz schnell aufgelöst wird. Endlich greift das Secret auch lebende Samen an und löst Substanz aus ihnen auf; dabei tödtet es oder verletzt es dieselben zuweilen, wie aus dem kränklichen Zustand der Sämlinge hervorgeht. Es absorbirt auch Substanz aus Pollen und aus Bruchstücken von Blättern.
Das siebente Capitel war der Wirkung der Ammoniaksalze ge- widmet. Dieselben verursachen alle die Einbiegung der Tentakeln und häufig auch der Blattscheibe und die Zusammenballung des Pro- toplasma. Sie wirken mit sehr verschiedener Kraft; das citronensaure Salz ist das am wenigsten wirksame, und das phosphorsaure ist, ohne Zweifel in Folge der Gegenwart von Phosphor und Stickstoff, bei weitem das wirksamste. Es wurde aber die relative Wirksamkeit von nur drei Ammoniaksalzen sorgfältig bestimmt, nämlich vom kohlensauren, salpetersauren und phosphorsauren. Die Experimente wurden so angestellt, dasz halbe Minims (0,0296 Cub. Cent.) von Lösungen verschiedener Stärkegrade auf die Scheibe der Blätter ge- bracht wurden, -- dasz ein äuszerst kleiner Tropfen (ungefähr Minim oder 0,00296 Cub. Cent.) einige wenige Secunden lang an drei oder vier Drüsen gehalten wurde, -- und dasz ganze Blätter in eine abgemessene Menge eingetaucht wurden. In Bezug auf diese Experi- mente war es zuerst nothwendig, die Wirkungen destillirten Wassers zu ermitteln, und es stellte sich, wie im Detail beschrieben worden ist, heraus, dasz die empfindlicheren Blätter von ihm afficirt werden, aber nur in einem unbedeutenden Grade.
Eine Lösung des kohlensauren Salzes wird von den Wurzeln auf- gesaugt und bewirkt Zusammenballung in ihren Zellen, afficirt aber die Blätter nicht. Der Dampf wird von den Drüsen absorbirt und verursacht Einbiegung ebensowohl wie Zusammenballung. Ein Gran (0,0675 Milligr.), in einem Tropfen einer Lösung enthalten, ist die ge- ringste Menge, welche, wenn sie auf die Drüsen der Scheibe gebracht wird, die äuszeren Tentakeln zum Einwärtsbiegen anregt. Wenn aber ein äuszerst kleiner, Gran (0,00445 Milligr.) enthaltender Tropfen einige wenige Secunden lang an die eine Drüse umgebende Abson- derung gehalten wird, so verursacht er die Einbiegung dieses näm- lichen Tentakels. Wenn ein in hohem Grade empfindliches Blatt in eine Lösung eingetaucht wird, und es ist reichlich Zeit zur Absorption
Cap. 11. Allgemeine Zusammenfassung.
eher in Wirksamkeit als bis der ganze phosphorsaure Kalk zersetzt worden und freie Säure vorhanden ist, worauf dann die fasrige Grund- substanz schnell aufgelöst wird. Endlich greift das Secret auch lebende Samen an und löst Substanz aus ihnen auf; dabei tödtet es oder verletzt es dieselben zuweilen, wie aus dem kränklichen Zustand der Sämlinge hervorgeht. Es absorbirt auch Substanz aus Pollen und aus Bruchstücken von Blättern.
Das siebente Capitel war der Wirkung der Ammoniaksalze ge- widmet. Dieselben verursachen alle die Einbiegung der Tentakeln und häufig auch der Blattscheibe und die Zusammenballung des Pro- toplasma. Sie wirken mit sehr verschiedener Kraft; das citronensaure Salz ist das am wenigsten wirksame, und das phosphorsaure ist, ohne Zweifel in Folge der Gegenwart von Phosphor und Stickstoff, bei weitem das wirksamste. Es wurde aber die relative Wirksamkeit von nur drei Ammoniaksalzen sorgfältig bestimmt, nämlich vom kohlensauren, salpetersauren und phosphorsauren. Die Experimente wurden so angestellt, dasz halbe Minims (0,0296 Cub. Cent.) von Lösungen verschiedener Stärkegrade auf die Scheibe der Blätter ge- bracht wurden, — dasz ein äuszerst kleiner Tropfen (ungefähr Minim oder 0,00296 Cub. Cent.) einige wenige Secunden lang an drei oder vier Drüsen gehalten wurde, — und dasz ganze Blätter in eine abgemessene Menge eingetaucht wurden. In Bezug auf diese Experi- mente war es zuerst nothwendig, die Wirkungen destillirten Wassers zu ermitteln, und es stellte sich, wie im Detail beschrieben worden ist, heraus, dasz die empfindlicheren Blätter von ihm afficirt werden, aber nur in einem unbedeutenden Grade.
Eine Lösung des kohlensauren Salzes wird von den Wurzeln auf- gesaugt und bewirkt Zusammenballung in ihren Zellen, afficirt aber die Blätter nicht. Der Dampf wird von den Drüsen absorbirt und verursacht Einbiegung ebensowohl wie Zusammenballung. Ein Gran (0,0675 Milligr.), in einem Tropfen einer Lösung enthalten, ist die ge- ringste Menge, welche, wenn sie auf die Drüsen der Scheibe gebracht wird, die äuszeren Tentakeln zum Einwärtsbiegen anregt. Wenn aber ein äuszerst kleiner, Gran (0,00445 Milligr.) enthaltender Tropfen einige wenige Secunden lang an die eine Drüse umgebende Abson- derung gehalten wird, so verursacht er die Einbiegung dieses näm- lichen Tentakels. Wenn ein in hohem Grade empfindliches Blatt in eine Lösung eingetaucht wird, und es ist reichlich Zeit zur Absorption
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Cap. 11. Allgemeine Zusammenfassung.
eher in Wirksamkeit als bis der ganze phosphorsaure Kalk zersetzt
worden und freie Säure vorhanden ist, worauf dann die fasrige Grund-
substanz schnell aufgelöst wird. Endlich greift das Secret auch
lebende Samen an und löst Substanz aus ihnen auf; dabei tödtet es
oder verletzt es dieselben zuweilen, wie aus dem kränklichen Zustand
der Sämlinge hervorgeht. Es absorbirt auch Substanz aus Pollen
und aus Bruchstücken von Blättern.
Das siebente Capitel war der Wirkung der Ammoniaksalze ge-
widmet. Dieselben verursachen alle die Einbiegung der Tentakeln
und häufig auch der Blattscheibe und die Zusammenballung des Pro-
toplasma. Sie wirken mit sehr verschiedener Kraft; das citronensaure
Salz ist das am wenigsten wirksame, und das phosphorsaure ist, ohne
Zweifel in Folge der Gegenwart von Phosphor und Stickstoff, bei
weitem das wirksamste. Es wurde aber die relative Wirksamkeit
von nur drei Ammoniaksalzen sorgfältig bestimmt, nämlich vom
kohlensauren, salpetersauren und phosphorsauren. Die Experimente
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oder vier Drüsen gehalten wurde, — und dasz ganze Blätter in eine
abgemessene Menge eingetaucht wurden. In Bezug auf diese Experi-
mente war es zuerst nothwendig, die Wirkungen destillirten Wassers
zu ermitteln, und es stellte sich, wie im Detail beschrieben worden
ist, heraus, dasz die empfindlicheren Blätter von ihm afficirt werden,
aber nur in einem unbedeutenden Grade.
Eine Lösung des kohlensauren Salzes wird von den Wurzeln auf-
gesaugt und bewirkt Zusammenballung in ihren Zellen, afficirt aber
die Blätter nicht. Der Dampf wird von den Drüsen absorbirt und
verursacht Einbiegung ebensowohl wie Zusammenballung. Ein [FORMEL] Gran
(0,0675 Milligr.), in einem Tropfen einer Lösung enthalten, ist die ge-
ringste Menge, welche, wenn sie auf die Drüsen der Scheibe gebracht
wird, die äuszeren Tentakeln zum Einwärtsbiegen anregt. Wenn aber
ein äuszerst kleiner, [FORMEL] Gran (0,00445 Milligr.) enthaltender Tropfen
einige wenige Secunden lang an die eine Drüse umgebende Abson-
derung gehalten wird, so verursacht er die Einbiegung dieses näm-
lichen Tentakels. Wenn ein in hohem Grade empfindliches Blatt in
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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/259>, abgerufen am 23.07.2024.
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