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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Erstes Capitel.
Drosera rotundifolia oder der gemeine Sonnenthau.

Grosze Zahl Insecten gefangen. -- Beschreibung der Blätter und ihrer Anhänge
oder Tentakeln. -- Vorläufige Skizze der Functionen der verschiedenen Theile
und der Art, auf welche Insecten gefangen werden. -- Dauer der Einbiegung
der Tentakeln. -- Beschaffenheit der Absonderung. -- Die Art, auf welche die
Insecten in die Mitte des Blattes geschafft werden. -- Beweis, dasz die Drüsen
die Fähigkeit haben aufzusaugen. -- Die geringe Grösze der Wurzeln.

Ich war während des Sommers 1860 erstaunt zu finden, was für
eine grosze. Anzahl Insecten von den Blättern des gewöhnlichen Sonnen-
thaus (Drosera rotundifolia) auf einer Haide in Sussex gefangen wur-
den. Ich hatte wohl gehört, dasz Insecten so gefangen würden, wuszte
aber nichts weiteres über diesen Gegenstand 1. Ich sammelte zufällig

1 Da Dr. Nitschke die Bibliographie von Drosera gegeben hat (Botan.
Zeitung, 1860, p. 229), so brauche ich hier nicht in Details einzugehen. Die
meisten der vor 1860 erschienenen Notizen sind kurz und unbedeutend. Der älteste
Aufsatz scheint einer der werthvollsten gewesen zu sein, nämlich der von Dr. Roth
von 1782. Es findet sich auch eine interessante, wenngleich kurze Schilderung
der Lebensweise der Drosera von Dr. Milde in der Botan. Zeitung, 1852, p. 540.
Im Jahre 1855 publicirten Groenland und Trecul in den Annal. des Sciences
natur. Botan. Tom. III, p. 297 und 304 Aufsätze über die Structur der Blätter
mit Abbildungen; Trecul gieng aber so weit, sogar zu bezweifeln, ob sie über-
haupt Bewegungsvermögen besäszen. Dr. Nitschke's Aufsätze in der Botan.
Zeitung, 1860 und 1861 sind bei weitem die wichtigsten, welche erschienen sind,
sowohl über die Lebensweise als über den Bau dieser Pflanze; ich werde häufig
Veranlassung haben, sie zu citiren. Seine Erörterungen über mehrere Punkte,
z. B. über die Uebertragung eines Reizes von einem Theile eines Blattes auf einen
andern, sind ausgezeichnet. Am 11. December 1862 las Mr. J. Scott einen Auf-
satz vor der botanischen Gesellschaft in Edinburg, welcher in Gardener's Chronicle,
1863, p. 30 gedruckt wurde. Mr. Scott weist nach, dasz leise Reizung der Haare,
ebenso wie Insecten, die auf die Blattscheibe gelegt werden, die Haare zum Ein-
wärtsbiegen veranlassen. Auch Mr. A. W. Bennett gab noch eine interessante
Schilderung der Bewegung der Blätter vor der British Association im Jahre 1873.
In diesem selben Jahre erschien eine Arbeit von Dr. Warming, in welcher er
Darwin, Insectenfressende Pdanzen. (VIII.) 1
Erstes Capitel.
Drosera rotundifolia oder der gemeine Sonnenthau.

Grosze Zahl Insecten gefangen. — Beschreibung der Blätter und ihrer Anhänge
oder Tentakeln. — Vorläufige Skizze der Functionen der verschiedenen Theile
und der Art, auf welche Insecten gefangen werden. — Dauer der Einbiegung
der Tentakeln. — Beschaffenheit der Absonderung. — Die Art, auf welche die
Insecten in die Mitte des Blattes geschafft werden. — Beweis, dasz die Drüsen
die Fähigkeit haben aufzusaugen. — Die geringe Grösze der Wurzeln.

Ich war während des Sommers 1860 erstaunt zu finden, was für
eine grosze. Anzahl Insecten von den Blättern des gewöhnlichen Sonnen-
thaus (Drosera rotundifolia) auf einer Haide in Sussex gefangen wur-
den. Ich hatte wohl gehört, dasz Insecten so gefangen würden, wuszte
aber nichts weiteres über diesen Gegenstand 1. Ich sammelte zufällig

1 Da Dr. Nitschke die Bibliographie von Drosera gegeben hat (Botan.
Zeitung, 1860, p. 229), so brauche ich hier nicht in Details einzugehen. Die
meisten der vor 1860 erschienenen Notizen sind kurz und unbedeutend. Der älteste
Aufsatz scheint einer der werthvollsten gewesen zu sein, nämlich der von Dr. Roth
von 1782. Es findet sich auch eine interessante, wenngleich kurze Schilderung
der Lebensweise der Drosera von Dr. Milde in der Botan. Zeitung, 1852, p. 540.
Im Jahre 1855 publicirten Groenland und Trécul in den Annal. des Sciences
natur. Botan. Tom. III, p. 297 und 304 Aufsätze über die Structur der Blätter
mit Abbildungen; Trécul gieng aber so weit, sogar zu bezweifeln, ob sie über-
haupt Bewegungsvermögen besäszen. Dr. Nitschke’s Aufsätze in der Botan.
Zeitung, 1860 und 1861 sind bei weitem die wichtigsten, welche erschienen sind,
sowohl über die Lebensweise als über den Bau dieser Pflanze; ich werde häufig
Veranlassung haben, sie zu citiren. Seine Erörterungen über mehrere Punkte,
z. B. über die Uebertragung eines Reizes von einem Theile eines Blattes auf einen
andern, sind ausgezeichnet. Am 11. December 1862 las Mr. J. Scott einen Auf-
satz vor der botanischen Gesellschaft in Edinburg, welcher in Gardener’s Chronicle,
1863, p. 30 gedruckt wurde. Mr. Scott weist nach, dasz leise Reizung der Haare,
ebenso wie Insecten, die auf die Blattscheibe gelegt werden, die Haare zum Ein-
wärtsbiegen veranlassen. Auch Mr. A. W. Bennett gab noch eine interessante
Schilderung der Bewegung der Blätter vor der British Association im Jahre 1873.
In diesem selben Jahre erschien eine Arbeit von Dr. Warming, in welcher er
Darwin, Insectenfressende Pdanzen. (VIII.) 1
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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/15>, abgerufen am 21.11.2024.