Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite

von dem Bierbrauen.
Mehl bestehet. Sie ist mit Wasser angefüllet, und
daher kann die innere und natürliche Wärme die ver-
langte Verdünnung vollkommen würken. Dieß zu
bewerkstelligen nimmt man das aufgequollene Getrai-
de aus dem Wasser, und leget es in großen Haufen,
in einem Orte, wo zwar die freye Luft würket, der
aber doch wider die strenge Kälte und wider den
Wind bedekket ist. Wenn dieß geschehen, so entste-
het bald in diesem Haufen eine Hitze, und es wer-
den kleine Anfänge von Wurzeln sichtbar. Dieß ist
ein Beweiß von der Verdünnung der schleimigten
Materie des Mehls. Und man sagt: das Malz
keimet.
Hier kann das Malz sehr leicht verderben.
Läst man es zu lange in diesem Zustande liegen, so
wachsen Blätter, und es fängt an zu verfaulen; dieß
beweiset, daß die mehligte Materie verzehret wird.
Dieß aber ist wider die Absicht, wir wollen keine Zer-
nichtung, sondern nur eine Verdünnung dieser Ma-
terie haben. Will man dieß Keimen zu geschwinde
verhindern, so kann keine vollkommene Verdünnung
der schleimigten Materien erfolgen, auch dieß wider-
spricht unserer Absicht. Es ist demnach das sicherste,
daß man den Haufen, wenn das Getraide anfänget
zu keimen, stürzet, damit das obere mit dem untern
gleich wachsen könne. Daß man den Haufen nach
und nach ausbreitet, und durch das völlige Ausbrei-
ten, und öftere Umstürzen das weitere Keimen als-
denn verhindert, wenn etwa die Länge des Keims, der
gedoppelten Länge des Getraides, gleich wird.

Anmerk. Jch habe mit Fleiß das etwa hin-
zugesetzet. Es ist dieß eine Sache, die sich besser
aus der Erfahrung beurtheilen, als beschreiben
läst. Dieß ist gewiß, wenn sich bey diesem Wach-
sen des Getraides Blätter zeigen, so ist das Malz
verdorben. Man zermalme alsdenn dieß Korn, so

wird
Q

von dem Bierbrauen.
Mehl beſtehet. Sie iſt mit Waſſer angefuͤllet, und
daher kann die innere und natuͤrliche Waͤrme die ver-
langte Verduͤnnung vollkommen wuͤrken. Dieß zu
bewerkſtelligen nimmt man das aufgequollene Getrai-
de aus dem Waſſer, und leget es in großen Haufen,
in einem Orte, wo zwar die freye Luft wuͤrket, der
aber doch wider die ſtrenge Kaͤlte und wider den
Wind bedekket iſt. Wenn dieß geſchehen, ſo entſte-
het bald in dieſem Haufen eine Hitze, und es wer-
den kleine Anfaͤnge von Wurzeln ſichtbar. Dieß iſt
ein Beweiß von der Verduͤnnung der ſchleimigten
Materie des Mehls. Und man ſagt: das Malz
keimet.
Hier kann das Malz ſehr leicht verderben.
Laͤſt man es zu lange in dieſem Zuſtande liegen, ſo
wachſen Blaͤtter, und es faͤngt an zu verfaulen; dieß
beweiſet, daß die mehligte Materie verzehret wird.
Dieß aber iſt wider die Abſicht, wir wollen keine Zer-
nichtung, ſondern nur eine Verduͤnnung dieſer Ma-
terie haben. Will man dieß Keimen zu geſchwinde
verhindern, ſo kann keine vollkommene Verduͤnnung
der ſchleimigten Materien erfolgen, auch dieß wider-
ſpricht unſerer Abſicht. Es iſt demnach das ſicherſte,
daß man den Haufen, wenn das Getraide anfaͤnget
zu keimen, ſtuͤrzet, damit das obere mit dem untern
gleich wachſen koͤnne. Daß man den Haufen nach
und nach ausbreitet, und durch das voͤllige Ausbrei-
ten, und oͤftere Umſtuͤrzen das weitere Keimen als-
denn verhindert, wenn etwa die Laͤnge des Keims, der
gedoppelten Laͤnge des Getraides, gleich wird.

Anmerk. Jch habe mit Fleiß das etwa hin-
zugeſetzet. Es iſt dieß eine Sache, die ſich beſſer
aus der Erfahrung beurtheilen, als beſchreiben
laͤſt. Dieß iſt gewiß, wenn ſich bey dieſem Wach-
ſen des Getraides Blaͤtter zeigen, ſo iſt das Malz
verdorben. Man zermalme alsdenn dieß Korn, ſo

wird
Q
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0261" n="241"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von dem Bierbrauen.</hi></fw><lb/>
Mehl be&#x017F;tehet. Sie i&#x017F;t mit Wa&#x017F;&#x017F;er angefu&#x0364;llet, und<lb/>
daher kann die innere und natu&#x0364;rliche Wa&#x0364;rme die ver-<lb/>
langte Verdu&#x0364;nnung vollkommen wu&#x0364;rken. Dieß zu<lb/>
bewerk&#x017F;telligen nimmt man das aufgequollene Getrai-<lb/>
de aus dem Wa&#x017F;&#x017F;er, und leget es in großen Haufen,<lb/>
in einem Orte, wo zwar die freye Luft wu&#x0364;rket, der<lb/>
aber doch wider die &#x017F;trenge Ka&#x0364;lte und wider den<lb/>
Wind bedekket i&#x017F;t. Wenn dieß ge&#x017F;chehen, &#x017F;o ent&#x017F;te-<lb/>
het bald in die&#x017F;em Haufen eine Hitze, und es wer-<lb/>
den kleine Anfa&#x0364;nge von Wurzeln &#x017F;ichtbar. Dieß i&#x017F;t<lb/>
ein Beweiß von der Verdu&#x0364;nnung der &#x017F;chleimigten<lb/>
Materie des Mehls. Und man &#x017F;agt: <hi rendition="#fr">das Malz<lb/>
keimet.</hi> Hier kann das Malz &#x017F;ehr leicht verderben.<lb/>
La&#x0364;&#x017F;t man es zu lange in die&#x017F;em Zu&#x017F;tande liegen, &#x017F;o<lb/>
wach&#x017F;en Bla&#x0364;tter, und es fa&#x0364;ngt an zu verfaulen; dieß<lb/>
bewei&#x017F;et, daß die mehligte Materie verzehret wird.<lb/>
Dieß aber i&#x017F;t wider die Ab&#x017F;icht, wir wollen keine Zer-<lb/>
nichtung, &#x017F;ondern nur eine Verdu&#x0364;nnung die&#x017F;er Ma-<lb/>
terie haben. Will man dieß Keimen zu ge&#x017F;chwinde<lb/>
verhindern, &#x017F;o kann keine vollkommene Verdu&#x0364;nnung<lb/>
der &#x017F;chleimigten Materien erfolgen, auch dieß wider-<lb/>
&#x017F;pricht un&#x017F;erer Ab&#x017F;icht. Es i&#x017F;t demnach das &#x017F;icher&#x017F;te,<lb/>
daß man den Haufen, wenn das Getraide anfa&#x0364;nget<lb/>
zu keimen, &#x017F;tu&#x0364;rzet, damit das obere mit dem untern<lb/>
gleich wach&#x017F;en ko&#x0364;nne. Daß man den Haufen nach<lb/>
und nach ausbreitet, und durch das vo&#x0364;llige Ausbrei-<lb/>
ten, und o&#x0364;ftere Um&#x017F;tu&#x0364;rzen das weitere Keimen als-<lb/>
denn verhindert, wenn etwa die La&#x0364;nge des Keims, der<lb/>
gedoppelten La&#x0364;nge des Getraides, gleich wird.</p><lb/>
              <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Anmerk.</hi> Jch habe mit Fleiß das <hi rendition="#fr">etwa</hi> hin-<lb/>
zuge&#x017F;etzet. Es i&#x017F;t dieß eine Sache, die &#x017F;ich be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
aus der Erfahrung beurtheilen, als be&#x017F;chreiben<lb/>
la&#x0364;&#x017F;t. Dieß i&#x017F;t gewiß, wenn &#x017F;ich bey die&#x017F;em Wach-<lb/>
&#x017F;en des Getraides Bla&#x0364;tter zeigen, &#x017F;o i&#x017F;t das Malz<lb/>
verdorben. Man zermalme alsdenn dieß Korn, &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q</fw><fw place="bottom" type="catch">wird</fw><lb/></hi> </p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0261] von dem Bierbrauen. Mehl beſtehet. Sie iſt mit Waſſer angefuͤllet, und daher kann die innere und natuͤrliche Waͤrme die ver- langte Verduͤnnung vollkommen wuͤrken. Dieß zu bewerkſtelligen nimmt man das aufgequollene Getrai- de aus dem Waſſer, und leget es in großen Haufen, in einem Orte, wo zwar die freye Luft wuͤrket, der aber doch wider die ſtrenge Kaͤlte und wider den Wind bedekket iſt. Wenn dieß geſchehen, ſo entſte- het bald in dieſem Haufen eine Hitze, und es wer- den kleine Anfaͤnge von Wurzeln ſichtbar. Dieß iſt ein Beweiß von der Verduͤnnung der ſchleimigten Materie des Mehls. Und man ſagt: das Malz keimet. Hier kann das Malz ſehr leicht verderben. Laͤſt man es zu lange in dieſem Zuſtande liegen, ſo wachſen Blaͤtter, und es faͤngt an zu verfaulen; dieß beweiſet, daß die mehligte Materie verzehret wird. Dieß aber iſt wider die Abſicht, wir wollen keine Zer- nichtung, ſondern nur eine Verduͤnnung dieſer Ma- terie haben. Will man dieß Keimen zu geſchwinde verhindern, ſo kann keine vollkommene Verduͤnnung der ſchleimigten Materien erfolgen, auch dieß wider- ſpricht unſerer Abſicht. Es iſt demnach das ſicherſte, daß man den Haufen, wenn das Getraide anfaͤnget zu keimen, ſtuͤrzet, damit das obere mit dem untern gleich wachſen koͤnne. Daß man den Haufen nach und nach ausbreitet, und durch das voͤllige Ausbrei- ten, und oͤftere Umſtuͤrzen das weitere Keimen als- denn verhindert, wenn etwa die Laͤnge des Keims, der gedoppelten Laͤnge des Getraides, gleich wird. Anmerk. Jch habe mit Fleiß das etwa hin- zugeſetzet. Es iſt dieß eine Sache, die ſich beſſer aus der Erfahrung beurtheilen, als beſchreiben laͤſt. Dieß iſt gewiß, wenn ſich bey dieſem Wach- ſen des Getraides Blaͤtter zeigen, ſo iſt das Malz verdorben. Man zermalme alsdenn dieß Korn, ſo wird Q

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/261
Zitationshilfe: Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/261>, abgerufen am 24.11.2024.