Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite

verschiedenen Werken der Natur überhaupt.
nutzen, als möglich. Können wir es nun beweisen,
daß die Felder allemahl höher genutzer werden, wenn
sie keine Leeden sind, als wenn sie Leeden sind; so muß
man uns auch diese Folge verwilligen, daß ein Wirth
in seinem Guthe keine Leede leidet. Es wird uns nicht
schwer fallen, das erste zu beweisen. Denn sollte es
nützlicher seyn, ein Feld leede liegen zu lassen, als es
gangbar machen, so müste die Ursache seyn, ein-
mahl,
weil man nicht Zeit und Menschen oder Vieh
genug hat, alles Feld zu bearbeiten, fürs andere,
weil die Weide die Leede erfordert, fürs dritte, weil
das Feld zu unfruchtbar ist, und nur mit Kosten, die
den Ertrag übersteigen, kann fruchtbar gemacht wer-
den. Keine von diesen Ursachen ist hinreichend. Die
erste wird sogleich vernichtet, wenn der Wirth einen
ordentlichen Endwurf seiner ganzen Wirthschaft ma-
chet, und dabey erweget, daß man nach und nach
das bewerkstelligen könne, was sich auf einmahl nicht
zwingen läst, und daß es möglich sey, ein Feld in
einem Jahr also zu bestellen, daß es durch viele Jah-
re, ohne es ferner zu bearbeiten, könne genutzet wer-
den. Z. E. mit Gräserey, Holz u. s. f. Die ande-
re Ursache wird theils vernichtet, wenn man seine
Wirthschaft also einrichtet, daß man das Vieh mit
Nutzen im Stalle stellen kann. Ja, sollte dieß un-
möglich seyn, so wird dennoch die erforderliche Weide
die Bebauung des Feldes nicht verhindern. Man
pflanze Bäume, welche in die Höhe gehen, dieß kann
zum Nutzen der Weide gereichen, wenn es regel-
mäßig eingerichtet wird. Die dritte Ursache scheinet
vielen gegründet zu seyn, und ich habe ehedessen auch
diese Meynung angenommen, allein die Vernunft
und die Erfahrung zwinget mich, diese zu verändern.
Wir haben Gewächse, so wohl bey der Gräserey, z.
E. Steinklee, Disteln, als auch bey dem Getraide, z.
E. Dünkel, und bey den Hülsenfrüchten z. E. Kü-

cherlin
F 4

verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt.
nutzen, als moͤglich. Koͤnnen wir es nun beweiſen,
daß die Felder allemahl hoͤher genutzer werden, wenn
ſie keine Leeden ſind, als wenn ſie Leeden ſind; ſo muß
man uns auch dieſe Folge verwilligen, daß ein Wirth
in ſeinem Guthe keine Leede leidet. Es wird uns nicht
ſchwer fallen, das erſte zu beweiſen. Denn ſollte es
nuͤtzlicher ſeyn, ein Feld leede liegen zu laſſen, als es
gangbar machen, ſo muͤſte die Urſache ſeyn, ein-
mahl,
weil man nicht Zeit und Menſchen oder Vieh
genug hat, alles Feld zu bearbeiten, fuͤrs andere,
weil die Weide die Leede erfordert, fuͤrs dritte, weil
das Feld zu unfruchtbar iſt, und nur mit Koſten, die
den Ertrag uͤberſteigen, kann fruchtbar gemacht wer-
den. Keine von dieſen Urſachen iſt hinreichend. Die
erſte wird ſogleich vernichtet, wenn der Wirth einen
ordentlichen Endwurf ſeiner ganzen Wirthſchaft ma-
chet, und dabey erweget, daß man nach und nach
das bewerkſtelligen koͤnne, was ſich auf einmahl nicht
zwingen laͤſt, und daß es moͤglich ſey, ein Feld in
einem Jahr alſo zu beſtellen, daß es durch viele Jah-
re, ohne es ferner zu bearbeiten, koͤnne genutzet wer-
den. Z. E. mit Graͤſerey, Holz u. ſ. f. Die ande-
re Urſache wird theils vernichtet, wenn man ſeine
Wirthſchaft alſo einrichtet, daß man das Vieh mit
Nutzen im Stalle ſtellen kann. Ja, ſollte dieß un-
moͤglich ſeyn, ſo wird dennoch die erforderliche Weide
die Bebauung des Feldes nicht verhindern. Man
pflanze Baͤume, welche in die Hoͤhe gehen, dieß kann
zum Nutzen der Weide gereichen, wenn es regel-
maͤßig eingerichtet wird. Die dritte Urſache ſcheinet
vielen gegruͤndet zu ſeyn, und ich habe ehedeſſen auch
dieſe Meynung angenommen, allein die Vernunft
und die Erfahrung zwinget mich, dieſe zu veraͤndern.
Wir haben Gewaͤchſe, ſo wohl bey der Graͤſerey, z.
E. Steinklee, Diſteln, als auch bey dem Getraide, z.
E. Duͤnkel, und bey den Huͤlſenfruͤchten z. E. Kuͤ-

cherlin
F 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0107" n="87"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">ver&#x017F;chiedenen Werken der Natur u&#x0364;berhaupt.</hi></fw><lb/>
nutzen, als mo&#x0364;glich. Ko&#x0364;nnen wir es nun bewei&#x017F;en,<lb/>
daß die Felder allemahl ho&#x0364;her genutzer werden, wenn<lb/>
&#x017F;ie keine Leeden &#x017F;ind, als wenn &#x017F;ie Leeden &#x017F;ind; &#x017F;o muß<lb/>
man uns auch die&#x017F;e Folge verwilligen, daß ein Wirth<lb/>
in &#x017F;einem Guthe keine Leede leidet. Es wird uns nicht<lb/>
&#x017F;chwer fallen, das er&#x017F;te zu bewei&#x017F;en. Denn &#x017F;ollte es<lb/>
nu&#x0364;tzlicher &#x017F;eyn, ein Feld leede liegen zu la&#x017F;&#x017F;en, als es<lb/>
gangbar machen, &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;te die Ur&#x017F;ache &#x017F;eyn, <hi rendition="#fr">ein-<lb/>
mahl,</hi> weil man nicht Zeit und Men&#x017F;chen oder Vieh<lb/>
genug hat, alles Feld zu bearbeiten, <hi rendition="#fr">fu&#x0364;rs andere,</hi><lb/>
weil die Weide die Leede erfordert, <hi rendition="#fr">fu&#x0364;rs dritte,</hi> weil<lb/>
das Feld zu unfruchtbar i&#x017F;t, und nur mit Ko&#x017F;ten, die<lb/>
den Ertrag u&#x0364;ber&#x017F;teigen, kann fruchtbar gemacht wer-<lb/>
den. Keine von die&#x017F;en Ur&#x017F;achen i&#x017F;t hinreichend. Die<lb/>
er&#x017F;te wird &#x017F;ogleich vernichtet, wenn der Wirth einen<lb/>
ordentlichen Endwurf &#x017F;einer ganzen Wirth&#x017F;chaft ma-<lb/>
chet, und dabey erweget, daß man nach und nach<lb/>
das bewerk&#x017F;telligen ko&#x0364;nne, was &#x017F;ich auf einmahl nicht<lb/>
zwingen la&#x0364;&#x017F;t, und daß es mo&#x0364;glich &#x017F;ey, ein Feld in<lb/>
einem Jahr al&#x017F;o zu be&#x017F;tellen, daß es durch viele Jah-<lb/>
re, ohne es ferner zu bearbeiten, ko&#x0364;nne genutzet wer-<lb/>
den. Z. E. mit Gra&#x0364;&#x017F;erey, Holz u. &#x017F;. f. Die ande-<lb/>
re Ur&#x017F;ache wird theils vernichtet, wenn man &#x017F;eine<lb/>
Wirth&#x017F;chaft al&#x017F;o einrichtet, daß man das Vieh mit<lb/>
Nutzen im Stalle &#x017F;tellen kann. Ja, &#x017F;ollte dieß un-<lb/>
mo&#x0364;glich &#x017F;eyn, &#x017F;o wird dennoch die erforderliche Weide<lb/>
die Bebauung des Feldes nicht verhindern. Man<lb/>
pflanze Ba&#x0364;ume, welche in die Ho&#x0364;he gehen, dieß kann<lb/>
zum Nutzen der Weide gereichen, wenn es regel-<lb/>
ma&#x0364;ßig eingerichtet wird. Die dritte Ur&#x017F;ache &#x017F;cheinet<lb/>
vielen gegru&#x0364;ndet zu &#x017F;eyn, und ich habe ehede&#x017F;&#x017F;en auch<lb/>
die&#x017F;e Meynung angenommen, allein die Vernunft<lb/>
und die Erfahrung zwinget mich, die&#x017F;e zu vera&#x0364;ndern.<lb/>
Wir haben Gewa&#x0364;ch&#x017F;e, &#x017F;o wohl bey der Gra&#x0364;&#x017F;erey, z.<lb/>
E. Steinklee, Di&#x017F;teln, als auch bey dem Getraide, z.<lb/>
E. Du&#x0364;nkel, und bey den Hu&#x0364;l&#x017F;enfru&#x0364;chten z. E. Ku&#x0364;-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 4</fw><fw place="bottom" type="catch">cherlin</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0107] verſchiedenen Werken der Natur uͤberhaupt. nutzen, als moͤglich. Koͤnnen wir es nun beweiſen, daß die Felder allemahl hoͤher genutzer werden, wenn ſie keine Leeden ſind, als wenn ſie Leeden ſind; ſo muß man uns auch dieſe Folge verwilligen, daß ein Wirth in ſeinem Guthe keine Leede leidet. Es wird uns nicht ſchwer fallen, das erſte zu beweiſen. Denn ſollte es nuͤtzlicher ſeyn, ein Feld leede liegen zu laſſen, als es gangbar machen, ſo muͤſte die Urſache ſeyn, ein- mahl, weil man nicht Zeit und Menſchen oder Vieh genug hat, alles Feld zu bearbeiten, fuͤrs andere, weil die Weide die Leede erfordert, fuͤrs dritte, weil das Feld zu unfruchtbar iſt, und nur mit Koſten, die den Ertrag uͤberſteigen, kann fruchtbar gemacht wer- den. Keine von dieſen Urſachen iſt hinreichend. Die erſte wird ſogleich vernichtet, wenn der Wirth einen ordentlichen Endwurf ſeiner ganzen Wirthſchaft ma- chet, und dabey erweget, daß man nach und nach das bewerkſtelligen koͤnne, was ſich auf einmahl nicht zwingen laͤſt, und daß es moͤglich ſey, ein Feld in einem Jahr alſo zu beſtellen, daß es durch viele Jah- re, ohne es ferner zu bearbeiten, koͤnne genutzet wer- den. Z. E. mit Graͤſerey, Holz u. ſ. f. Die ande- re Urſache wird theils vernichtet, wenn man ſeine Wirthſchaft alſo einrichtet, daß man das Vieh mit Nutzen im Stalle ſtellen kann. Ja, ſollte dieß un- moͤglich ſeyn, ſo wird dennoch die erforderliche Weide die Bebauung des Feldes nicht verhindern. Man pflanze Baͤume, welche in die Hoͤhe gehen, dieß kann zum Nutzen der Weide gereichen, wenn es regel- maͤßig eingerichtet wird. Die dritte Urſache ſcheinet vielen gegruͤndet zu ſeyn, und ich habe ehedeſſen auch dieſe Meynung angenommen, allein die Vernunft und die Erfahrung zwinget mich, dieſe zu veraͤndern. Wir haben Gewaͤchſe, ſo wohl bey der Graͤſerey, z. E. Steinklee, Diſteln, als auch bey dem Getraide, z. E. Duͤnkel, und bey den Huͤlſenfruͤchten z. E. Kuͤ- cherlin F 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/107
Zitationshilfe: Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/107>, abgerufen am 21.11.2024.