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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom verlohrnen Sohn.
den verlohrnen Sohn zu einem Lehrmeister für uns nehmen/ und so es
Gott beliebet/ über acht Tage den Pharisaismum an seinem Bruder angreif-
fen. Daß es aber Gott zu Lob und Ehre/ uns zu Nutz und Lehr geschehe/
gebe der Vater aller Gnaden seines H. Geistes Beystand um Jesu Christi/
willen/ Amen.

ES zeiget/ Geliebte im Herrn/ anfangs der Vater des verlohr-
nen Sohns den Zustand seines Sohns in und nach der Buß/ für-
nemlich in dreyen Worten an; anezese, ugiainei, eurethe, er ist le-
bendig/ er ist gesund/ er ist funden worden. Jst alles nicht nur
dem Buchstaben nach leiblich/ sondern auch geistlicher weise zu verstehen/
und wird mit einem Wort so viel gesagt/ als justificatus est, er ist gerecht ge-
macht/ er ligt nicht mehr unter den Todten/ sondern ist geistlicher weise auff-
gestanden; er ist nicht mehr kranck und schwach an seiner Seelen/ sondern
heyl und gesund; er gehet nicht mehr in der irre/ sondern ist gefunden. Ha-
ben also hiebey ideam justificati, ein Muster oder Bild eines gerecht-
fertigten oder gerecht gemachten Menschen/ an dem wir ex signis
& speciminibus,
auß den Zeichen und Proben abnehmen können/ daß er
gelebet; und damit auch wir von uns und andern sagen mögen/ wir leben
in Gott/ seind gesund an der Seel/ und gefunden worden/ so sollen wir
von diesem Baum Früchten abbrechen/ und die Kernen davon in unsern
Garten versetzen. Es deutet aber Christus auff dreyerley Früchten/
die sich bey einem rechten Büsser erzeigen müssen/ und seynd I. fructus vitae
novae spiritualis,
des geistlichen und neuen Lebens Früchten:
Wann ein todter Mensch wieder lebendig worden/ so erzeigen sich folgende
characteres und Merckzeichen: I. Calor vitalis, die Lebens-Wärme.
Gleich wie dorten der Sunamitin Kind zu erst wiederum warm worden/
die natürliche Hitze wiederum in sein Hertz zum Leben gekommen/ und das
Geblüt sich wieder gereget/ 2. Reg. 4. Also wurde auch der verlohrne
Sohn wiederum zu allerforderst warmhertzig/ das Liebes-Feur gienge in
ihm auff/ daß/ so sehr er zuvor seinen Vater gehasset/ so hertzlich liebte er ihn
hernach. Jst nun die Buß eines Menschen recht/ so folget die Liebe gewiß
darauff/ ano kai kato, über sich gegen Gott/ und unter oden neben sich ge-
gen dem Nächsten; Dann je mehr Sünde verziehen worden/ je brünstiger
die Liebe sich erzeigen soll. Daher sagt Joh. 1. Ep. 3, r4. Wir wissen/
daß wir auß dem Tod in das Leben kommen seynd/ dann wir
lieben die Brüder/ wer den Bruder nicht liebet/ der bleibet im
Tode. Darum sagt Christus Luc. 7, 47. von der armen reuenden Sün-

derin:
Zehender Theil. S

Vom verlohrnen Sohn.
den verlohrnen Sohn zu einem Lehrmeiſter fuͤr uns nehmen/ und ſo es
Gott beliebet/ uͤber acht Tage den Phariſaiſmum an ſeinem Bruder angreif-
fen. Daß es aber Gott zu Lob und Ehre/ uns zu Nutz und Lehr geſchehe/
gebe der Vater aller Gnaden ſeines H. Geiſtes Beyſtand um Jeſu Chriſti/
willen/ Amen.

ES zeiget/ Geliebte im Herrn/ anfangs der Vater des verlohr-
nen Sohns den Zuſtand ſeines Sohns in und nach der Buß/ fuͤr-
nemlich in dreyen Worten an; ἀνέζησε, ὑγιαίνει, ἑυρέϑη, er iſt le-
bendig/ er iſt geſund/ er iſt funden worden. Jſt alles nicht nur
dem Buchſtaben nach leiblich/ ſondern auch geiſtlicher weiſe zu verſtehen/
und wird mit einem Wort ſo viel geſagt/ als juſtificatus eſt, er iſt gerecht ge-
macht/ er ligt nicht mehr unter den Todten/ ſondern iſt geiſtlicher weiſe auff-
geſtanden; er iſt nicht mehr kranck und ſchwach an ſeiner Seelen/ ſondern
heyl und geſund; er gehet nicht mehr in der irre/ ſondern iſt gefunden. Ha-
ben alſo hiebey ideam juſtificati, ein Muſter oder Bild eines gerecht-
fertigten oder gerecht gemachten Menſchen/ an dem wir ex ſignis
& ſpeciminibus,
auß den Zeichen und Proben abnehmen koͤnnen/ daß er
gelebet; und damit auch wir von uns und andern ſagen moͤgen/ wir leben
in Gott/ ſeind geſund an der Seel/ und gefunden worden/ ſo ſollen wir
von dieſem Baum Fruͤchten abbrechen/ und die Kernen davon in unſern
Garten verſetzen. Es deutet aber Chriſtus auff dreyerley Fruͤchten/
die ſich bey einem rechten Buͤſſer erzeigen muͤſſen/ und ſeynd I. fructus vitæ
novæ ſpiritualis,
des geiſtlichen und neuen Lebens Fruͤchten:
Wann ein todter Menſch wieder lebendig worden/ ſo erzeigen ſich folgende
characteres und Merckzeichen: I. Calor vitalis, die Lebens-Waͤrme.
Gleich wie dorten der Sunamitin Kind zu erſt wiederum warm worden/
die natuͤrliche Hitze wiederum in ſein Hertz zum Leben gekommen/ und das
Gebluͤt ſich wieder gereget/ 2. Reg. 4. Alſo wurde auch der verlohrne
Sohn wiederum zu allerforderſt warmhertzig/ das Liebes-Feur gienge in
ihm auff/ daß/ ſo ſehr er zuvor ſeinen Vater gehaſſet/ ſo hertzlich liebte er ihn
hernach. Jſt nun die Buß eines Menſchen recht/ ſo folget die Liebe gewiß
darauff/ ἄνω καὶ κάτω, uͤber ſich gegen Gott/ und unter oden neben ſich ge-
gen dem Naͤchſten; Dann je mehr Suͤnde verziehen worden/ je bruͤnſtiger
die Liebe ſich erzeigen ſoll. Daher ſagt Joh. 1. Ep. 3, r4. Wir wiſſen/
daß wir auß dem Tod in das Leben kommen ſeynd/ dann wir
lieben die Bruͤder/ wer den Bruder nicht liebet/ der bleibet im
Tode. Darum ſagt Chriſtus Luc. 7, 47. von der armen reuenden Suͤn-

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Zehender Theil. S
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[137/0155] Vom verlohrnen Sohn. den verlohrnen Sohn zu einem Lehrmeiſter fuͤr uns nehmen/ und ſo es Gott beliebet/ uͤber acht Tage den Phariſaiſmum an ſeinem Bruder angreif- fen. Daß es aber Gott zu Lob und Ehre/ uns zu Nutz und Lehr geſchehe/ gebe der Vater aller Gnaden ſeines H. Geiſtes Beyſtand um Jeſu Chriſti/ willen/ Amen. ES zeiget/ Geliebte im Herrn/ anfangs der Vater des verlohr- nen Sohns den Zuſtand ſeines Sohns in und nach der Buß/ fuͤr- nemlich in dreyen Worten an; ἀνέζησε, ὑγιαίνει, ἑυρέϑη, er iſt le- bendig/ er iſt geſund/ er iſt funden worden. Jſt alles nicht nur dem Buchſtaben nach leiblich/ ſondern auch geiſtlicher weiſe zu verſtehen/ und wird mit einem Wort ſo viel geſagt/ als juſtificatus eſt, er iſt gerecht ge- macht/ er ligt nicht mehr unter den Todten/ ſondern iſt geiſtlicher weiſe auff- geſtanden; er iſt nicht mehr kranck und ſchwach an ſeiner Seelen/ ſondern heyl und geſund; er gehet nicht mehr in der irre/ ſondern iſt gefunden. Ha- ben alſo hiebey ideam juſtificati, ein Muſter oder Bild eines gerecht- fertigten oder gerecht gemachten Menſchen/ an dem wir ex ſignis & ſpeciminibus, auß den Zeichen und Proben abnehmen koͤnnen/ daß er gelebet; und damit auch wir von uns und andern ſagen moͤgen/ wir leben in Gott/ ſeind geſund an der Seel/ und gefunden worden/ ſo ſollen wir von dieſem Baum Fruͤchten abbrechen/ und die Kernen davon in unſern Garten verſetzen. Es deutet aber Chriſtus auff dreyerley Fruͤchten/ die ſich bey einem rechten Buͤſſer erzeigen muͤſſen/ und ſeynd I. fructus vitæ novæ ſpiritualis, des geiſtlichen und neuen Lebens Fruͤchten: Wann ein todter Menſch wieder lebendig worden/ ſo erzeigen ſich folgende characteres und Merckzeichen: I. Calor vitalis, die Lebens-Waͤrme. Gleich wie dorten der Sunamitin Kind zu erſt wiederum warm worden/ die natuͤrliche Hitze wiederum in ſein Hertz zum Leben gekommen/ und das Gebluͤt ſich wieder gereget/ 2. Reg. 4. Alſo wurde auch der verlohrne Sohn wiederum zu allerforderſt warmhertzig/ das Liebes-Feur gienge in ihm auff/ daß/ ſo ſehr er zuvor ſeinen Vater gehaſſet/ ſo hertzlich liebte er ihn hernach. Jſt nun die Buß eines Menſchen recht/ ſo folget die Liebe gewiß darauff/ ἄνω καὶ κάτω, uͤber ſich gegen Gott/ und unter oden neben ſich ge- gen dem Naͤchſten; Dann je mehr Suͤnde verziehen worden/ je bruͤnſtiger die Liebe ſich erzeigen ſoll. Daher ſagt Joh. 1. Ep. 3, r4. Wir wiſſen/ daß wir auß dem Tod in das Leben kommen ſeynd/ dann wir lieben die Bruͤder/ wer den Bruder nicht liebet/ der bleibet im Tode. Darum ſagt Chriſtus Luc. 7, 47. von der armen reuenden Suͤn- derin: Zehender Theil. S

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/155>, abgerufen am 23.11.2024.