Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

Bild:
<< vorherige Seite

Predigt.
nige/ davon wir etwas weiter in der Forcht des Herrn reden und han-
deln wollen. Gott gebe dazu Krafft/ Gnad und Geist. Amen.

GEliebte in Chirsto. So ist nun die Chur und Mahl-
Wahl/ welche der grosse kardiognostes in dem innersten Hertzen
der andächtigen Mariä gesehen und gefunden I. Electio exer-
citata,
ein geübte und habituirte Wahl. Dann das wird an dem/ der
unter Speiß und Getränck wol kiesen und unterscheiden wil/ erfordert/ daß
er einen guten Mund habe/ ein gesunden Geschmack/ der durch Ubung
ihm solchen subtilen Geschmack zu wegen gebracht. Wie dann grosse
Herren deßwegen ihre Credentzer und Schencken pflegen zu halten/ die
ihnen zu solchem Dienst auffwarten müssen/ massen des Pharaonis
Gen. 40, 1. und Salomons Schencken 1. Reg. 10. 5. gedacht wird. Auß
Ermanglung dieser Facultät und Geschicklichkeit entschuldiget sich der
fromme/ alte Barsillai gegen dem König David/ da er ihm wegen seiner
Meriten ein Leib-Geding machen/ und an seiner Königlichen Tafel spei-
sen wolte/ er sagte: Jch bin heut achtzig Jahr alt/ wie solt ich ken-
nen/ was gut oder böse ist/ oder schmecken/ was ich esse oder
trincke?
Ach es mangelt mir an der Schmack-Krafft/ und Kost-
Mund. 2. Sam. 19, 35. Also werden auch zu Unterscheidung und Urtheil
der geistlichen Seelen-Speiß aiotheteria gegumnasmena dia ten exin, ge-
übte Sinne durch Gewonheit zum Unterscheid des Guten und
des Bösen/
erfordert/ wie Paulus klärlich bezeuget/ Hebr. 5, 14. und
1. Corinth. 2, 14. Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom
Geist GOttes/ es ist ihm eine Thorheit/ und kan es nicht er-
kennen/ der geistliche aber richtet alles/
photiotheis ton nounn dia pneuma-
tos. Chrysost. nachdem sein Hertz durch den Geist GOttes er-
leuchtet worden.
Derselbige geistliche Richter ist nicht allein der also
im Pabstthum genante geistliche Prälat/ Bischoff/ Cardinal/ Pabst/ als
welche mehrentheils voller Fleisches/ fleischlicher Jgnorantz/ Frevel/
Stoltz/ etc. Sondern ein jeglicher auß Gott gebohrner Mensch/ der
sich in Lesung/ Betrachtung des Göttlichen Worts/ im Gebet Anfech-
tung wol geübet/ wiewol nach Unterscheid der Talent und Grad/ der soll
und kan urtheilen von Lehren/ und Lehrern/ von gesunden und gifftigen
Speisen/ von den Geistern und Winden/ von Liechtern und Jrrwischen/
von larvirten Wölffen und Hirten/ und offt schärffer als die Lehrer
selbs. Daher der Herr nicht vergebebens gedancket/ Matth. 11, 25.

Jch

Predigt.
nige/ davon wir etwas weiter in der Forcht des Herrn reden und han-
deln wollen. Gott gebe dazu Krafft/ Gnad und Geiſt. Amen.

GEliebte in Chirſto. So iſt nun die Chur und Mahl-
Wahl/ welche der groſſe καρδιογνώϛης in dem innerſten Hertzen
der andaͤchtigen Mariaͤ geſehen und gefunden I. Electio exer-
citata,
ein geuͤbte und habituirte Wahl. Dann das wird an dem/ der
unter Speiß uñ Getraͤnck wol kieſen und unterſcheiden wil/ erfordert/ daß
er einen guten Mund habe/ ein geſunden Geſchmack/ der durch Ubung
ihm ſolchen ſubtilen Geſchmack zu wegen gebracht. Wie dann groſſe
Herren deßwegen ihre Credentzer und Schencken pflegen zu halten/ die
ihnen zu ſolchem Dienſt auffwarten muͤſſen/ maſſen des Pharaonis
Gen. 40, 1. und Salomons Schencken 1. Reg. 10. 5. gedacht wird. Auß
Ermanglung dieſer Facultaͤt und Geſchicklichkeit entſchuldiget ſich der
fromme/ alte Barſillai gegen dem Koͤnig David/ da er ihm wegen ſeiner
Meriten ein Leib-Geding machen/ und an ſeiner Koͤniglichen Tafel ſpei-
ſen wolte/ er ſagte: Jch bin heut achtzig Jahr alt/ wie ſolt ich ken-
nen/ was gut oder boͤſe iſt/ oder ſchmecken/ was ich eſſe oder
trincke?
Ach es mangelt mir an der Schmack-Krafft/ und Koſt-
Mund. 2. Sam. 19, 35. Alſo werden auch zu Unterſcheidung und Urtheil
der geiſtlichen Seelen-Speiß αἰοϑητήρια γεγυμνασμένα διὰ τὴν ἕξιν, ge-
uͤbte Sinne durch Gewonheit zum Unterſcheid des Guten und
des Boͤſen/
erfordert/ wie Paulus klaͤrlich bezeuget/ Hebr. 5, 14. und
1. Corinth. 2, 14. Der natuͤrliche Menſch vernim̃t nichts vom
Geiſt GOttes/ es iſt ihm eine Thorheit/ und kan es nicht er-
kennen/ der geiſtliche aber richtet alles/
φωτιοϑεὶς τὸν νου̃ν διὰ πνέυμα-
τος. Chryſoſt. nachdem ſein Hertz durch den Geiſt GOttes er-
leuchtet worden.
Derſelbige geiſtliche Richter iſt nicht allein der alſo
im Pabſtthum genante geiſtliche Praͤlat/ Biſchoff/ Cardinal/ Pabſt/ als
welche mehrentheils voller Fleiſches/ fleiſchlicher Jgnorantz/ Frevel/
Stoltz/ ꝛc. Sondern ein jeglicher auß Gott gebohrner Menſch/ der
ſich in Leſung/ Betrachtung des Goͤttlichen Worts/ im Gebet Anfech-
tung wol geuͤbet/ wiewol nach Unterſcheid der Talent und Grad/ der ſoll
und kan urtheilen von Lehren/ und Lehrern/ von geſunden und gifftigen
Speiſen/ von den Geiſtern und Winden/ von Liechtern und Jrꝛwiſchen/
von larvirten Woͤlffen und Hirten/ und offt ſchaͤrffer als die Lehrer
ſelbs. Daher der Herr nicht vergebebens gedancket/ Matth. 11, 25.

Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0515" n="495"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Predigt.</hi></fw><lb/>
nige/ davon wir etwas weiter in der Forcht des <hi rendition="#k">Herrn</hi> reden und han-<lb/>
deln wollen. <hi rendition="#k">Gott</hi> gebe dazu Krafft/ Gnad und Gei&#x017F;t. Amen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">G</hi>Eliebte in Chir&#x017F;to. So i&#x017F;t nun die Chur und Mahl-</hi><lb/>
Wahl/ welche der gro&#x017F;&#x017F;e &#x03BA;&#x03B1;&#x03C1;&#x03B4;&#x03B9;&#x03BF;&#x03B3;&#x03BD;&#x03CE;&#x03DB;&#x03B7;&#x03C2; in dem inner&#x017F;ten Hertzen<lb/>
der anda&#x0364;chtigen Maria&#x0364; ge&#x017F;ehen und gefunden <hi rendition="#aq">I. Electio exer-<lb/>
citata,</hi> ein geu&#x0364;bte und <hi rendition="#aq">habituir</hi>te Wahl. Dann das wird an dem/ der<lb/>
unter Speiß un&#x0303; Getra&#x0364;nck wol kie&#x017F;en und unter&#x017F;cheiden wil/ erfordert/ daß<lb/>
er einen guten Mund habe/ ein ge&#x017F;unden Ge&#x017F;chmack/ der durch Ubung<lb/>
ihm &#x017F;olchen &#x017F;ubtilen Ge&#x017F;chmack zu wegen gebracht. Wie dann gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Herren deßwegen ihre Credentzer und Schencken pflegen zu halten/ die<lb/>
ihnen zu &#x017F;olchem Dien&#x017F;t auffwarten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ ma&#x017F;&#x017F;en des Pharaonis<lb/><hi rendition="#aq">Gen.</hi> 40, 1. und Salomons Schencken 1. <hi rendition="#aq">Reg.</hi> 10. 5. gedacht wird. Auß<lb/>
Ermanglung die&#x017F;er Faculta&#x0364;t und Ge&#x017F;chicklichkeit ent&#x017F;chuldiget &#x017F;ich der<lb/>
fromme/ alte Bar&#x017F;illai gegen dem Ko&#x0364;nig David/ da er ihm wegen &#x017F;einer<lb/>
Meriten ein Leib-Geding machen/ und an &#x017F;einer Ko&#x0364;niglichen Tafel &#x017F;pei-<lb/>
&#x017F;en wolte/ er &#x017F;agte: <hi rendition="#fr">Jch bin heut achtzig Jahr alt/ wie &#x017F;olt ich ken-<lb/>
nen/ was gut oder bo&#x0364;&#x017F;e i&#x017F;t/ oder &#x017F;chmecken/ was ich e&#x017F;&#x017F;e oder<lb/>
trincke?</hi> Ach es mangelt mir an der Schmack-Krafft/ und Ko&#x017F;t-<lb/>
Mund. 2. <hi rendition="#aq">Sam.</hi> 19, 35. Al&#x017F;o werden auch zu Unter&#x017F;cheidung und Urtheil<lb/>
der gei&#x017F;tlichen Seelen-Speiß &#x03B1;&#x1F30;&#x03BF;&#x03D1;&#x03B7;&#x03C4;&#x03AE;&#x03C1;&#x03B9;&#x03B1; &#x03B3;&#x03B5;&#x03B3;&#x03C5;&#x03BC;&#x03BD;&#x03B1;&#x03C3;&#x03BC;&#x03AD;&#x03BD;&#x03B1; &#x03B4;&#x03B9;&#x1F70; &#x03C4;&#x1F74;&#x03BD; &#x1F15;&#x03BE;&#x03B9;&#x03BD;, <hi rendition="#fr">ge-<lb/>
u&#x0364;bte Sinne durch Gewonheit zum Unter&#x017F;cheid des Guten und<lb/>
des Bo&#x0364;&#x017F;en/</hi> erfordert/ wie Paulus kla&#x0364;rlich bezeuget/ <hi rendition="#aq">Hebr.</hi> 5, 14. und<lb/>
1. <hi rendition="#aq">Corinth.</hi> 2, 14. <hi rendition="#fr">Der natu&#x0364;rliche Men&#x017F;ch vernim&#x0303;t nichts vom<lb/>
Gei&#x017F;t GOttes/ es i&#x017F;t ihm eine Thorheit/ und kan es nicht er-<lb/>
kennen/ der gei&#x017F;tliche aber richtet alles/</hi> &#x03C6;&#x03C9;&#x03C4;&#x03B9;&#x03BF;&#x03D1;&#x03B5;&#x1F76;&#x03C2; &#x03C4;&#x1F78;&#x03BD; &#x03BD;&#x03BF;&#x03C5;&#x0303;&#x03BD; &#x03B4;&#x03B9;&#x1F70; &#x03C0;&#x03BD;&#x03AD;&#x03C5;&#x03BC;&#x03B1;-<lb/>
&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2;. <hi rendition="#aq">Chry&#x017F;o&#x017F;t.</hi> <hi rendition="#fr">nachdem &#x017F;ein Hertz durch den Gei&#x017F;t GOttes er-<lb/>
leuchtet worden.</hi> Der&#x017F;elbige gei&#x017F;tliche Richter i&#x017F;t nicht allein der al&#x017F;o<lb/>
im Pab&#x017F;tthum genante gei&#x017F;tliche Pra&#x0364;lat/ Bi&#x017F;choff/ Cardinal/ Pab&#x017F;t/ als<lb/>
welche mehrentheils voller Flei&#x017F;ches/ flei&#x017F;chlicher Jgnorantz/ Frevel/<lb/>
Stoltz/ &#xA75B;c. Sondern ein jeglicher auß <hi rendition="#k">Gott</hi> gebohrner Men&#x017F;ch/ der<lb/>
&#x017F;ich in Le&#x017F;ung/ Betrachtung des Go&#x0364;ttlichen Worts/ im Gebet Anfech-<lb/>
tung wol geu&#x0364;bet/ wiewol nach Unter&#x017F;cheid der Talent und Grad/ der &#x017F;oll<lb/>
und kan urtheilen von Lehren/ und Lehrern/ von ge&#x017F;unden und gifftigen<lb/>
Spei&#x017F;en/ von den Gei&#x017F;tern und Winden/ von Liechtern und Jr&#xA75B;wi&#x017F;chen/<lb/>
von larvirten Wo&#x0364;lffen und Hirten/ und offt &#x017F;cha&#x0364;rffer als die Lehrer<lb/>
&#x017F;elbs. Daher der <hi rendition="#k">Herr</hi> nicht vergebebens gedancket/ <hi rendition="#aq">Matth.</hi> 11, 25.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Jch</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[495/0515] Predigt. nige/ davon wir etwas weiter in der Forcht des Herrn reden und han- deln wollen. Gott gebe dazu Krafft/ Gnad und Geiſt. Amen. GEliebte in Chirſto. So iſt nun die Chur und Mahl- Wahl/ welche der groſſe καρδιογνώϛης in dem innerſten Hertzen der andaͤchtigen Mariaͤ geſehen und gefunden I. Electio exer- citata, ein geuͤbte und habituirte Wahl. Dann das wird an dem/ der unter Speiß uñ Getraͤnck wol kieſen und unterſcheiden wil/ erfordert/ daß er einen guten Mund habe/ ein geſunden Geſchmack/ der durch Ubung ihm ſolchen ſubtilen Geſchmack zu wegen gebracht. Wie dann groſſe Herren deßwegen ihre Credentzer und Schencken pflegen zu halten/ die ihnen zu ſolchem Dienſt auffwarten muͤſſen/ maſſen des Pharaonis Gen. 40, 1. und Salomons Schencken 1. Reg. 10. 5. gedacht wird. Auß Ermanglung dieſer Facultaͤt und Geſchicklichkeit entſchuldiget ſich der fromme/ alte Barſillai gegen dem Koͤnig David/ da er ihm wegen ſeiner Meriten ein Leib-Geding machen/ und an ſeiner Koͤniglichen Tafel ſpei- ſen wolte/ er ſagte: Jch bin heut achtzig Jahr alt/ wie ſolt ich ken- nen/ was gut oder boͤſe iſt/ oder ſchmecken/ was ich eſſe oder trincke? Ach es mangelt mir an der Schmack-Krafft/ und Koſt- Mund. 2. Sam. 19, 35. Alſo werden auch zu Unterſcheidung und Urtheil der geiſtlichen Seelen-Speiß αἰοϑητήρια γεγυμνασμένα διὰ τὴν ἕξιν, ge- uͤbte Sinne durch Gewonheit zum Unterſcheid des Guten und des Boͤſen/ erfordert/ wie Paulus klaͤrlich bezeuget/ Hebr. 5, 14. und 1. Corinth. 2, 14. Der natuͤrliche Menſch vernim̃t nichts vom Geiſt GOttes/ es iſt ihm eine Thorheit/ und kan es nicht er- kennen/ der geiſtliche aber richtet alles/ φωτιοϑεὶς τὸν νου̃ν διὰ πνέυμα- τος. Chryſoſt. nachdem ſein Hertz durch den Geiſt GOttes er- leuchtet worden. Derſelbige geiſtliche Richter iſt nicht allein der alſo im Pabſtthum genante geiſtliche Praͤlat/ Biſchoff/ Cardinal/ Pabſt/ als welche mehrentheils voller Fleiſches/ fleiſchlicher Jgnorantz/ Frevel/ Stoltz/ ꝛc. Sondern ein jeglicher auß Gott gebohrner Menſch/ der ſich in Leſung/ Betrachtung des Goͤttlichen Worts/ im Gebet Anfech- tung wol geuͤbet/ wiewol nach Unterſcheid der Talent und Grad/ der ſoll und kan urtheilen von Lehren/ und Lehrern/ von geſunden und gifftigen Speiſen/ von den Geiſtern und Winden/ von Liechtern und Jrꝛwiſchen/ von larvirten Woͤlffen und Hirten/ und offt ſchaͤrffer als die Lehrer ſelbs. Daher der Herr nicht vergebebens gedancket/ Matth. 11, 25. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/515
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/515>, abgerufen am 25.11.2024.