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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

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Predigt.
Speiß eckelt/ die sind warhafftig rechte Selbs-Mörder/ die sich muthwil-
liger weiß selbs außhüngern/ und von dem gifftigen feurigen Gewissens-
Wurm nagen und plagen/ verwunden und tödten lassen. Nicht allein 2.
die Delicianer in temporalibus, die vor der Welt-Weißheit zur himmlischen
Christ-Weißheit nicht kommen können. Nicht allein die mit der Schwartz-
Kunst/ mit falschen irrigen Lehren behafftet/ die perierga, Alfentzerey und
fürwitzige Kunst treiben; sondern auch die sonst-erlaubte Künste nicht in
rechter Ordnung zum rechten Gott wolgefälligen Zweck tractiren/ non-
necessaria docent & discunt, necessaria nesciunt,
die nicht nöthige Sa-
chen lehren und lernen/ die nöthige aber nicht forschen/ suchen und begeh-
ren zu fassen. Wann zum Exempel der Theologus es beym blosen Wis-
sen laßt verbleiben/ von Christo predigt/ kan aber den rechten Safft und
Krafft nicht herauß ziehen/ auff welche weiß der Teuffel der beste Theo-
logus.
Wann der JCtus, der in foro agirt/ sich bemühet die causas zu ge-
gewinnen/ aber in foro Justificationis divino, wie er seiner armen See-
le möchte rathen und helffen/ nicht sorgfältig ist/ und im geringsten nicht
achtet/ und ihme fremde Götter seyn laßt: Wann der Medicus andere
am Leib heylt/ sich aber nicht an der Seel/ und die Wunden des Gewissens
curiret: Wann der Philosophus excellirt in weltlicher Weißheit/ über
seinem Aristotele, Tacito, Polybio, Cicerone sitzt/ da er die Christoso-
phiam
lernen/ und andere gute Exempel geben solte: Wann der Diale-
cticus
gute Schluß-Reden macht/ unterdessen aber nicht achtet des Syl-
logismi, qui mortis non timet Ergo:
Wann der Grammaticus critisirt/
und die Zungen polirt/ aber die einige rechte Sprach nicht kan: Abba/ lie-
ber Vater/ den einigen Nominativum nicht weiß/ Jesum Christum einen
Herrn zu nennen. Sonderlich gehören hieher die jenige Oeconomi,
die alles auff Chrysum/ nicht aber Christum richten. Die subtilen Alchy-
misten/ die mit nichts umgehen als mit Gold machen/ und zwar dasselbe
herauß pressen und zwingen auß Steinen/ auß Holtz/ auß Papier/ auß
Woll und Tuch/ Frucht und Wein/ offt per fas & nefas. Die ihre Kinder
nicht anziehen ad unum necessarium, sondern zu Vanitäten/ gar wenig
seind deren/ die sagen: Mein Kind muß ein guter Christ werden/ diese alle
sind vor Gott rechte Thoren und Narren/ und rechte Selbs-Mörder.
Sondern es gehören auch hieher alle Schell-würdige Thoren/ die das
Unum Indivisum nicht beobachten/ das rechte Maaß nicht treffen/ thun
der Sachen entweder zu lützel/ oder zu viel/ glauben weniger oder mehr/ als
sie wissen und glauben sollen. Das ertz-blinde Pabstthum ist nichts an-
ders/ als eine solche verdammliche Superstition, da man mehr auß dem un-

geschrie-

Predigt.
Speiß eckelt/ die ſind warhafftig rechte Selbs-Moͤrder/ die ſich muthwil-
liger weiß ſelbs außhuͤngern/ und von dem gifftigen feurigen Gewiſſens-
Wurm nagen und plagen/ verwunden und toͤdten laſſen. Nicht allein 2.
die Delicianer in temporalibus, die vor der Welt-Weißheit zur him̃liſchen
Chriſt-Weißheit nicht kom̃en koͤnnen. Nicht allein die mit der Schwartz-
Kunſt/ mit falſchen irrigen Lehren behafftet/ die περίεργα, Alfentzerey und
fuͤrwitzige Kunſt treiben; ſondern auch die ſonſt-erlaubte Kuͤnſte nicht in
rechter Ordnung zum rechten Gott wolgefaͤlligen Zweck tractiren/ non-
neceſſaria docent & diſcunt, neceſſaria neſciunt,
die nicht noͤthige Sa-
chen lehren und lernen/ die noͤthige aber nicht forſchen/ ſuchen und begeh-
ren zu faſſen. Wann zum Exempel der Theologus es beym bloſen Wiſ-
ſen laßt verbleiben/ von Chriſto predigt/ kan aber den rechten Safft und
Krafft nicht herauß ziehen/ auff welche weiß der Teuffel der beſte Theo-
logus.
Wann der JCtus, der in foro agirt/ ſich bemuͤhet die cauſas zu ge-
gewinnen/ aber in foro Juſtificationis divino, wie er ſeiner armen See-
le moͤchte rathen und helffen/ nicht ſorgfaͤltig iſt/ und im geringſten nicht
achtet/ und ihme fremde Goͤtter ſeyn laßt: Wann der Medicus andere
am Leib heylt/ ſich aber nicht an der Seel/ und die Wunden des Gewiſſens
curiret: Wann der Philoſophus excellirt in weltlicher Weißheit/ uͤber
ſeinem Ariſtotele, Tacito, Polybio, Cicerone ſitzt/ da er die Chriſtoſo-
phiam
lernen/ und andere gute Exempel geben ſolte: Wann der Diale-
cticus
gute Schluß-Reden macht/ unterdeſſen aber nicht achtet des Syl-
logiſmi, qui mortis non timet Ergò:
Wann der Grammaticus critiſirt/
und die Zungen polirt/ aber die einige rechte Sprach nicht kan: Abba/ lie-
ber Vater/ den einigen Nominativum nicht weiß/ Jeſum Chriſtum einen
Herrn zu nennen. Sonderlich gehoͤren hieher die jenige Oeconomi,
die alles auff Chryſum/ nicht aber Chriſtum richten. Die ſubtilen Alchy-
miſten/ die mit nichts umgehen als mit Gold machen/ und zwar daſſelbe
herauß preſſen und zwingen auß Steinen/ auß Holtz/ auß Papier/ auß
Woll und Tuch/ Frucht und Wein/ offt per fas & nefas. Die ihre Kinder
nicht anziehen ad unum neceſſarium, ſondern zu Vanitaͤten/ gar wenig
ſeind deren/ die ſagen: Mein Kind muß ein guter Chriſt werden/ dieſe alle
ſind vor Gott rechte Thoren und Narren/ und rechte Selbs-Moͤrder.
Sondern es gehoͤren auch hieher alle Schell-wuͤrdige Thoren/ die das
Unum Indiviſum nicht beobachten/ das rechte Maaß nicht treffen/ thun
der Sachen entweder zu luͤtzel/ oder zu viel/ glauben weniger oder mehr/ als
ſie wiſſen und glauben ſollen. Das ertz-blinde Pabſtthum iſt nichts an-
ders/ als eine ſolche verdam̃liche Superſtition, da man mehr auß dem un-

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[479/0499] Predigt. Speiß eckelt/ die ſind warhafftig rechte Selbs-Moͤrder/ die ſich muthwil- liger weiß ſelbs außhuͤngern/ und von dem gifftigen feurigen Gewiſſens- Wurm nagen und plagen/ verwunden und toͤdten laſſen. Nicht allein 2. die Delicianer in temporalibus, die vor der Welt-Weißheit zur him̃liſchen Chriſt-Weißheit nicht kom̃en koͤnnen. Nicht allein die mit der Schwartz- Kunſt/ mit falſchen irrigen Lehren behafftet/ die περίεργα, Alfentzerey und fuͤrwitzige Kunſt treiben; ſondern auch die ſonſt-erlaubte Kuͤnſte nicht in rechter Ordnung zum rechten Gott wolgefaͤlligen Zweck tractiren/ non- neceſſaria docent & diſcunt, neceſſaria neſciunt, die nicht noͤthige Sa- chen lehren und lernen/ die noͤthige aber nicht forſchen/ ſuchen und begeh- ren zu faſſen. Wann zum Exempel der Theologus es beym bloſen Wiſ- ſen laßt verbleiben/ von Chriſto predigt/ kan aber den rechten Safft und Krafft nicht herauß ziehen/ auff welche weiß der Teuffel der beſte Theo- logus. Wann der JCtus, der in foro agirt/ ſich bemuͤhet die cauſas zu ge- gewinnen/ aber in foro Juſtificationis divino, wie er ſeiner armen See- le moͤchte rathen und helffen/ nicht ſorgfaͤltig iſt/ und im geringſten nicht achtet/ und ihme fremde Goͤtter ſeyn laßt: Wann der Medicus andere am Leib heylt/ ſich aber nicht an der Seel/ und die Wunden des Gewiſſens curiret: Wann der Philoſophus excellirt in weltlicher Weißheit/ uͤber ſeinem Ariſtotele, Tacito, Polybio, Cicerone ſitzt/ da er die Chriſtoſo- phiam lernen/ und andere gute Exempel geben ſolte: Wann der Diale- cticus gute Schluß-Reden macht/ unterdeſſen aber nicht achtet des Syl- logiſmi, qui mortis non timet Ergò: Wann der Grammaticus critiſirt/ und die Zungen polirt/ aber die einige rechte Sprach nicht kan: Abba/ lie- ber Vater/ den einigen Nominativum nicht weiß/ Jeſum Chriſtum einen Herrn zu nennen. Sonderlich gehoͤren hieher die jenige Oeconomi, die alles auff Chryſum/ nicht aber Chriſtum richten. Die ſubtilen Alchy- miſten/ die mit nichts umgehen als mit Gold machen/ und zwar daſſelbe herauß preſſen und zwingen auß Steinen/ auß Holtz/ auß Papier/ auß Woll und Tuch/ Frucht und Wein/ offt per fas & nefas. Die ihre Kinder nicht anziehen ad unum neceſſarium, ſondern zu Vanitaͤten/ gar wenig ſeind deren/ die ſagen: Mein Kind muß ein guter Chriſt werden/ dieſe alle ſind vor Gott rechte Thoren und Narren/ und rechte Selbs-Moͤrder. Sondern es gehoͤren auch hieher alle Schell-wuͤrdige Thoren/ die das Unum Indiviſum nicht beobachten/ das rechte Maaß nicht treffen/ thun der Sachen entweder zu luͤtzel/ oder zu viel/ glauben weniger oder mehr/ als ſie wiſſen und glauben ſollen. Das ertz-blinde Pabſtthum iſt nichts an- ders/ als eine ſolche verdam̃liche Superſtition, da man mehr auß dem un- geſchrie-

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/499>, abgerufen am 25.11.2024.