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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

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Die Achtzehende
zaghaffte Gewissen. Hieher du bußfertiges Hertz/ sprich nicht mit Cain/
meine Sünde seynd grösser/ dann daß sie mir können vergeben werden.
Hie sichtbares Sigel und Pfand der gnädigen Vergebung der Sünden/
hie das Löß-Geld für alle Schulden/ hie Artzney für die tieffe Seelen-
Wunden. Hie das holdseligste Liebes mahl/ da alle Feindschafft auffge-
haben wird. Sprich nit in deinem Hertzen: Ja Gott hat mir verziehen/
aber ich habe den Tauff-Bund wider gebrochen/ vielleicht ists unmüglich
Buß zu thun. O nein/ hie richtet der Vater aller Barmhertzigkeit auch
dem verlohrnen Sohn ein Mahlzeit zu. Sprich nicht/ mir seind die
Sünde verziehen/ aber nur die venalia, läßliche/ tägliche Sünden/ nicht
aber die Tod-Sünden. Hie ist universalis amneseia, hie alle Sünde ver-
geben werden. Ja sonderlich begegne mit dieser Lehr der tentation re-
cordationis peccati.
Wann dir deine Sünde in der Jugend begangen/
auch nach rechtschaffener Buß wider wollen auffkroppen/ wann der
skolops im Fleisch/ wie Paulo begegnet/ sich reget/ so erinnere dich dieser
amnesti, was Gott vergessen/ das vergiß du auch/ grab die getödtete
Sünden nicht wieder herfür/ mache Gott nicht zum Lügner/ man darff
sich wol noch derselben erinnern/ nach dem Exempel Davids und Pauli/
man muß aber auß der Memori kein pabulum infidelitatis machen/ son-
dern vielmehr gebrauchen zur Anmahnung der Danckbarkeit: dann daß
gesagt wird/ Wir müssen alle offenbar werden für dem Richter-
stuhl Christi/ auff daß ein jeglicher empfahe/ nachdem er ge-
handelt hat bey Leibes Leben/ es sey gut oder böse.
2. Cor. 5, 10.
ist distributive zu verstehen/ das Gute auff seiten der Gerechten/ das
Böse auff seiten der Gottlosen. Allein siehe zu/ daß deine Buß recht-
schaffen sey/ hüte dich für dem recidivat, schertze nicht mit Gottes Barm-
hertzigkeit/ auff daß du nicht GOttes Gerechtigkeit reitzest/ und reg ma-
chest/ und dir alsdann dieser Paß zum Baum des Lebens verschlagen
werde. Halte gute Diät nach gebrauchter Artzney/ sonst wird deiner
Gerechtigkeit nicht gedacht werden. Ezech. 18, 26. Wenn der Gerech-
te sich kehret von seiner Gerechtigkeit/ und thut böses/ so muß
er sterben.
Sonderlich ist das Buß-Glauben- und Liebes-Gedächtnuß
gleichsam die Nehm-Hand dieser amnesti, davon aber über acht Tag mit
mehrem. Gott wolle über das gesagte seinen Segen sprechen/ und der
Friede GOttes/ der höher ist dann alle Vernunfft/ bewahre unsere
Hertzen und Sinn in Christo Jesu unserm Herrn.
AMEN.

Die

Die Achtzehende
zaghaffte Gewiſſen. Hieher du bußfertiges Hertz/ ſprich nicht mit Cain/
meine Suͤnde ſeynd groͤſſer/ dann daß ſie mir koͤnnen vergeben werden.
Hie ſichtbares Sigel und Pfand der gnaͤdigen Vergebung der Suͤnden/
hie das Loͤß-Geld fuͤr alle Schulden/ hie Artzney fuͤr die tieffe Seelen-
Wunden. Hie das holdſeligſte Liebes mahl/ da alle Feindſchafft auffge-
haben wird. Sprich nit in deinem Hertzen: Ja Gott hat mir verziehen/
aber ich habe den Tauff-Bund wider gebrochen/ vielleicht iſts unmuͤglich
Buß zu thun. O nein/ hie richtet der Vater aller Barmhertzigkeit auch
dem verlohrnen Sohn ein Mahlzeit zu. Sprich nicht/ mir ſeind die
Suͤnde verziehen/ aber nur die venalia, laͤßliche/ taͤgliche Suͤnden/ nicht
aber die Tod-Suͤnden. Hie iſt univerſalis ἀμνηςεία, hie alle Suͤnde ver-
geben werden. Ja ſonderlich begegne mit dieſer Lehr der tentation re-
cordationis peccati.
Wann dir deine Suͤnde in der Jugend begangen/
auch nach rechtſchaffener Buß wider wollen auffkroppen/ wann der
σκόλοψ im Fleiſch/ wie Paulo begegnet/ ſich reget/ ſo erinnere dich dieſer
amneſti, was Gott vergeſſen/ das vergiß du auch/ grab die getoͤdtete
Suͤnden nicht wieder herfuͤr/ mache Gott nicht zum Luͤgner/ man darff
ſich wol noch derſelben erinnern/ nach dem Exempel Davids und Pauli/
man muß aber auß der Memori kein pabulum infidelitatis machen/ ſon-
dern vielmehr gebrauchen zur Anmahnung der Danckbarkeit: dann daß
geſagt wird/ Wir muͤſſen alle offenbar werden fuͤr dem Richter-
ſtuhl Chriſti/ auff daß ein jeglicher empfahe/ nachdem er ge-
handelt hat bey Leibes Leben/ es ſey gut oder boͤſe.
2. Cor. 5, 10.
iſt diſtributivè zu verſtehen/ das Gute auff ſeiten der Gerechten/ das
Boͤſe auff ſeiten der Gottloſen. Allein ſiehe zu/ daß deine Buß recht-
ſchaffen ſey/ huͤte dich fuͤr dem recidivat, ſchertze nicht mit Gottes Barm-
hertzigkeit/ auff daß du nicht GOttes Gerechtigkeit reitzeſt/ und reg ma-
cheſt/ und dir alsdann dieſer Paß zum Baum des Lebens verſchlagen
werde. Halte gute Diaͤt nach gebrauchter Artzney/ ſonſt wird deiner
Gerechtigkeit nicht gedacht werden. Ezech. 18, 26. Wenn der Gerech-
te ſich kehret von ſeiner Gerechtigkeit/ und thut boͤſes/ ſo muß
er ſterben.
Sonderlich iſt das Buß-Glauben- und Liebes-Gedaͤchtnuß
gleichſam die Nehm-Hand dieſer amneſti, davon aber uͤber acht Tag mit
mehrem. Gott wolle uͤber das geſagte ſeinen Segen ſprechen/ und der
Friede GOttes/ der hoͤher iſt dann alle Vernunfft/ bewahre unſere
Hertzen und Sinn in Chriſto Jeſu unſerm Herrn.
AMEN.

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[406/0426] Die Achtzehende zaghaffte Gewiſſen. Hieher du bußfertiges Hertz/ ſprich nicht mit Cain/ meine Suͤnde ſeynd groͤſſer/ dann daß ſie mir koͤnnen vergeben werden. Hie ſichtbares Sigel und Pfand der gnaͤdigen Vergebung der Suͤnden/ hie das Loͤß-Geld fuͤr alle Schulden/ hie Artzney fuͤr die tieffe Seelen- Wunden. Hie das holdſeligſte Liebes mahl/ da alle Feindſchafft auffge- haben wird. Sprich nit in deinem Hertzen: Ja Gott hat mir verziehen/ aber ich habe den Tauff-Bund wider gebrochen/ vielleicht iſts unmuͤglich Buß zu thun. O nein/ hie richtet der Vater aller Barmhertzigkeit auch dem verlohrnen Sohn ein Mahlzeit zu. Sprich nicht/ mir ſeind die Suͤnde verziehen/ aber nur die venalia, laͤßliche/ taͤgliche Suͤnden/ nicht aber die Tod-Suͤnden. Hie iſt univerſalis ἀμνηςεία, hie alle Suͤnde ver- geben werden. Ja ſonderlich begegne mit dieſer Lehr der tentation re- cordationis peccati. Wann dir deine Suͤnde in der Jugend begangen/ auch nach rechtſchaffener Buß wider wollen auffkroppen/ wann der σκόλοψ im Fleiſch/ wie Paulo begegnet/ ſich reget/ ſo erinnere dich dieſer amneſti, was Gott vergeſſen/ das vergiß du auch/ grab die getoͤdtete Suͤnden nicht wieder herfuͤr/ mache Gott nicht zum Luͤgner/ man darff ſich wol noch derſelben erinnern/ nach dem Exempel Davids und Pauli/ man muß aber auß der Memori kein pabulum infidelitatis machen/ ſon- dern vielmehr gebrauchen zur Anmahnung der Danckbarkeit: dann daß geſagt wird/ Wir muͤſſen alle offenbar werden fuͤr dem Richter- ſtuhl Chriſti/ auff daß ein jeglicher empfahe/ nachdem er ge- handelt hat bey Leibes Leben/ es ſey gut oder boͤſe. 2. Cor. 5, 10. iſt diſtributivè zu verſtehen/ das Gute auff ſeiten der Gerechten/ das Boͤſe auff ſeiten der Gottloſen. Allein ſiehe zu/ daß deine Buß recht- ſchaffen ſey/ huͤte dich fuͤr dem recidivat, ſchertze nicht mit Gottes Barm- hertzigkeit/ auff daß du nicht GOttes Gerechtigkeit reitzeſt/ und reg ma- cheſt/ und dir alsdann dieſer Paß zum Baum des Lebens verſchlagen werde. Halte gute Diaͤt nach gebrauchter Artzney/ ſonſt wird deiner Gerechtigkeit nicht gedacht werden. Ezech. 18, 26. Wenn der Gerech- te ſich kehret von ſeiner Gerechtigkeit/ und thut boͤſes/ ſo muß er ſterben. Sonderlich iſt das Buß-Glauben- und Liebes-Gedaͤchtnuß gleichſam die Nehm-Hand dieſer amneſti, davon aber uͤber acht Tag mit mehrem. Gott wolle uͤber das geſagte ſeinen Segen ſprechen/ und der Friede GOttes/ der hoͤher iſt dann alle Vernunfft/ bewahre unſere Hertzen und Sinn in Chriſto Jeſu unſerm Herrn. AMEN. Die

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/426>, abgerufen am 22.11.2024.