Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.Predigt. unsinnig/ der ist ein Greuel. Nun ein solcher ist dieser lateinischein den Leyen unverständlicher Sprach/ geübte Gottesdienst. Vnnütz ist er zur Erbauung/ zur Besserung/ zur Ermahnung/ zum Trost/ der Ley kan nicht Amen dazu sagen; barbarisch ist er untentsch und un- verständiglich/ gleich einem Posaunisten und Lärmen-Bläser/ Pfeiffer oder Harpffen Schläger/ einem Organisten ohne Text/ der ohne SinnCatechis. Milch p. 1. p. 537. daher phantasirt/ er redet in den Lufft. Nicht weniger ist ein solcher Dienst unsinnig/ ein Ley oder Ungläubiger würde er nicht sagen/ ihr seyd unsinnig? Zum Exempel/ wann man auff hiesigen Schwör Tag vom Gerüst herab den Münster-Brieff in Hispanischer Sprach wolt able- sen/ würde man nicht sagen/ der Mann ist toll? Sprichstu es sey gnug daß es der Priester versteh/ obs gleich der Ley nicht verstünde. Wie aber/ wann der Priester ein Schalck wäre/ und täuffte ins Teuffels Namen? Wie man dergleichen Exempel findet/ daß es geschehen. Wie wann dein Advocat ein supplication machte an die Obrigkeit/ und dasselbe nicht anders/ als in frembder dir unbekanter Sprach/ würde es dir nicht suspect vorkommen? Würdestu trauen? Jch meine nicht. Hingegen fordert der Apostel Rom. 12/ 1. logiken latreinan einen vernünfftigen Gottesdienst. Jst es IV. und endlich auch paradoxon, phrikton, als ein un- te da- F 2
Predigt. unſinnig/ der iſt ein Greuel. Nun ein ſolcher iſt dieſer lateiniſchein den Leyen unverſtaͤndlicher Sprach/ geuͤbte Gottesdienſt. Vnnuͤtz iſt er zur Erbauung/ zur Beſſerung/ zur Ermahnung/ zum Troſt/ der Ley kan nicht Amen dazu ſagen; barbariſch iſt er untentſch und un- verſtaͤndiglich/ gleich einem Poſauniſten und Laͤrmen-Blaͤſer/ Pfeiffer oder Harpffen Schlaͤger/ einem Organiſten ohne Text/ der ohne SinnCatechiſ. Milch p. 1. p. 537. daher phantaſirt/ er redet in den Lufft. Nicht weniger iſt ein ſolcher Dienſt unſinnig/ ein Ley oder Unglaͤubiger wuͤrde er nicht ſagen/ ihr ſeyd unſinnig? Zum Exempel/ wann man auff hieſigen Schwoͤr Tag vom Geruͤſt herab den Muͤnſter-Brieff in Hiſpaniſcher Sprach wolt able- ſen/ wuͤrde man nicht ſagen/ der Mann iſt toll? Sprichſtu es ſey gnug daß es der Prieſter verſteh/ obs gleich der Ley nicht verſtuͤnde. Wie aber/ wañ der Prieſter ein Schalck waͤre/ und taͤuffte ins Teuffels Namen? Wie man dergleichen Exempel findet/ daß es geſchehen. Wie wann dein Advocat ein ſupplication machte an die Obrigkeit/ und daſſelbe nicht anders/ als in frembder dir unbekanter Sprach/ wuͤrde es dir nicht ſuſpect vorkom̃en? Wuͤrdeſtu trauen? Jch meine nicht. Hingegen fordert der Apoſtel Rom. 12/ 1. λογικὴν λατρει̃αν einen vernuͤnfftigen Gottesdienſt. Jſt es IV. und endlich auch παράδοξον, φρικτὸν, als ein un- te da- F 2
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Predigt.
unſinnig/ der iſt ein Greuel. Nun ein ſolcher iſt dieſer lateiniſche
in den Leyen unverſtaͤndlicher Sprach/ geuͤbte Gottesdienſt. Vnnuͤtz
iſt er zur Erbauung/ zur Beſſerung/ zur Ermahnung/ zum Troſt/ der
Ley kan nicht Amen dazu ſagen; barbariſch iſt er untentſch und un-
verſtaͤndiglich/ gleich einem Poſauniſten und Laͤrmen-Blaͤſer/ Pfeiffer
oder Harpffen Schlaͤger/ einem Organiſten ohne Text/ der ohne Sinn
daher phantaſirt/ er redet in den Lufft. Nicht weniger iſt ein ſolcher
Dienſt unſinnig/ ein Ley oder Unglaͤubiger wuͤrde er nicht ſagen/ ihr
ſeyd unſinnig? Zum Exempel/ wann man auff hieſigen Schwoͤr Tag
vom Geruͤſt herab den Muͤnſter-Brieff in Hiſpaniſcher Sprach wolt able-
ſen/ wuͤrde man nicht ſagen/ der Mann iſt toll? Sprichſtu es ſey gnug daß
es der Prieſter verſteh/ obs gleich der Ley nicht verſtuͤnde. Wie aber/ wañ
der Prieſter ein Schalck waͤre/ und taͤuffte ins Teuffels Namen? Wie man
dergleichen Exempel findet/ daß es geſchehen. Wie wann dein Advocat
ein ſupplication machte an die Obrigkeit/ und daſſelbe nicht anders/ als
in frembder dir unbekanter Sprach/ wuͤrde es dir nicht ſuſpect vorkom̃en?
Wuͤrdeſtu trauen? Jch meine nicht. Hingegen fordert der Apoſtel Rom.
12/ 1. λογικὴν λατρει̃αν einen vernuͤnfftigen Gottesdienſt.
Catechiſ.
Milch
p. 1. p. 537.
Jſt es IV. und endlich auch παράδοξον, φρικτὸν, als ein un-
glaͤubliches entſetzliches Geheimnůß. Wem aber? Dem fleiſch-
lichen Blut/ der Vernunfft/ den Hunden und Schweinen/ denen die-
ſes Heiligthum nicht gehoͤrt; aber hingegen den Glaubigen iſt es ein
hochfeyrliches Werck/ das man preiſen und verkuͤndigen ſoll. Von
Rudolpho I. dem Roͤmiſchen Kaͤyſer liſet man in Hiſtorien/ (*) daß
er/ als er noch nicht auff Kaͤyſerlichen Thron erhoben/ ſondern mehr
nicht damals/ als ein Graff von Habſpurg war/ ſeine pietaͤt in vielen
Stuͤcken von ſich leuchten laſſen: Sonderlich/ als er einsmals mit et-
lich wenig der ſeinigen auff die Jagd geritten/ da wegen Regen Wetters
der Weg und Pfad ſehr verwuͤſtet war; Sihe/ da begegnete ihm ein Prie-
ſter mit der Hoſtien/ ſo er einem Krancken zureichen willens/ und zwar
gieng der Prieſter zu Fuß/ da nun dieſes der in ſeiner Maß from̃e Graff Ru-
dolphus geſehen/ hab er ſich dermaſſen hieruͤber bewegt/ daß er non ſine
indignatiuncula aliquâ halb zornig vom Pferd herunter geſprungen/
ſagend: Me vehi, Te, qui Servatorem meum portas, pedibus ince-
dere? indecorum vel impium ſit: conſcende & equum hunc cape.
Das iſt: Jſt das nicht ein Schande/ ja wol gar ein Gottloſigkeit/ daß
ich reute/ und du Prieſter/ der du doch hier in der Hoſtien meinen Hey-
land traͤgeſt/ ſolt zu Fuß gehen? Setze dich ohn Verzug auffs Pferd und reu-
te da-
(*) vide
Juſt. Lipſii
Monita
Polit. III.
Exempl. 4.
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