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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Predigt.
der bösen Geister/ Furcht von der greulichen Gesellschafft der Mitverdam-
ten; Es wird da seyn mania, Vnsinnigkeit über sich selbst/ eine verständige
Tollheit/ es wird die Schmertzen-Ruht empfunden werden/ und der
Mensch verstehen müssen was er leidet/ daß es Ernst sey: Kein anaisthesia,
kein stupor oder thumme Vnempfindligkeit wird da statt haben.

Quo plus mundus percutitur, eo magis indurat frontem & stupescit quasi
ad sua mala. At si quis in inferno tantum sensu poenas & cruciatus sustineret,
& non intelligeret se justas poenas sustinere, tolerabiliores essent cruciatus. Si-
cut nos nostra mala nolumus agnoscere & quasi dedoluimus, sed ibi auferetur
stupor ille qui nunc obstat, quo minus videamus miseriam nostram & aperien-
tur sensus omnes, ut non solum in corpore sit sensus poenae, sed etiam in ipsa
mente sensus irae Dei & confessio, quod eam iram nostra malitia meriti simus.
Haec acuent & infinitis modis augebunt impiorum cruciatus. ita D. Luther. in
Genes. 3. fol.
60.

3. Horrore futuri; Mit Furcht und Schröcken wegen der
kunfftigen Marter/
die in alle Ewigkeit währet; Gleich wie einem ma-
leficant
en/ der zum Tod verdamt/ immer angst und bang ist/ was man sagt/
wie man ihm zuspricht/ dencket er an die künfftige herbeynahende Straffe;
Also auch ein Verdamter in der Hölle/ da er nichts als einen abyssum
malorum,
einen Abgrund der Marter und Qual für sich sihet/ uud aus
Einbildung der Vnmögligkeit/ daß ihm keine Erlassung widerfahren kan/
die Verzweifelung; Er kan nirgend Zuflucht suchen/ nicht bey Gott/
dann der ist sein Feind; nicht bey den Engeln und Außerwehlten/ dann
die sind beleidiget; nicht bey den Mitverdamten/ dann die mehren die
Qual; am allerwenigsten bey seinem eigenem Gewissen/ dann das ist sein
Hencker.

V. Vermem dolorificum & cruciantem, Einen
Schmertz- und Marter-Wurm/ der unaußsprechliche
Schmertzen verursachet;
dann das folgete auff der feurigen Schlan-
gen Biß der jenigen/ die in der Wüsten umbkamen; Was Schmertzen
mußten sie außstehen? Daher kommet das elende klagen/ Num. 21.Num. 21,
7.

Ach wir haben gesündiget/ daß wir wider den HErren und
wider dich geredt haben!
Daraus entstehet heulen und zähnklappen.
O tormentis omnibus conscientia gravior! Gewissens-Angst und Pein/Quintil.
declam.
12.

über alle Marter/ Qual und Pein; dann dieser Schmertzen wütet durch
alle affecten/ Gemüth und Willen: Er greiffet an die Freude/ den Zorn/
die Kühnheit/ Furcht/ Scham vnd Barmhertzigkeit; er wütet durch alle
Sinnen/ durch Augen und Ohren/ daß sie das böse zugelassen haben und

began-
Sechster Theil. V u u u

Predigt.
der boͤſen Geiſter/ Furcht von der greulichen Geſellſchafft der Mitverdam-
ten; Es wird da ſeyn mania, Vnſinnigkeit uͤber ſich ſelbſt/ eine verſtaͤndige
Tollheit/ es wird die Schmertzen-Ruht empfunden werden/ und der
Menſch verſtehen muͤſſen was er leidet/ daß es Ernſt ſey: Kein ἀναισϑησία,
kein ſtupor oder thumme Vnempfindligkeit wird da ſtatt haben.

Quo plus mundus percutitur, eo magis indurat frontem & ſtupeſcit quaſi
ad ſua mala. At ſi quis in inferno tantum ſenſu pœnas & cruciatus ſuſtineret,
& non intelligeret ſe juſtas pœnas ſuſtinere, tolerabiliores eſſent cruciatus. Si-
cut nos noſtra mala nolumus agnoſcere & quaſi dedoluimus, ſed ibi auferetur
ſtupor ille qui nunc obſtat, quo minus videamus miſeriam noſtram & aperien-
tur ſenſus òmnes, ut non ſolum in corpore ſit ſenſus pœnæ, ſed etiam in ipsâ
mente ſenſus iræ Dei & confeſſio, quod eam iram noſtrâ malitiâ meriti ſimus.
Hæc acuent & infinitis modis augebunt impiorum cruciatus. ita D. Luther. in
Geneſ. 3. fol.
60.

3. Horrore futuri; Mit Furcht und Schroͤcken wegen der
kůnfftigen Marter/
die in alle Ewigkeit waͤhret; Gleich wie einem ma-
leficant
en/ der zum Tod verdamt/ im̃er angſt und bang iſt/ was man ſagt/
wie man ihm zuſpricht/ dencket er an die kuͤnfftige herbeynahende Straffe;
Alſo auch ein Verdamter in der Hoͤlle/ da er nichts als einen abyſſum
malorum,
einen Abgrund der Marter und Qual fuͤr ſich ſihet/ uud aus
Einbildung der Vnmoͤgligkeit/ daß ihm keine Erlaſſung widerfahren kan/
die Verzweifelung; Er kan nirgend Zuflucht ſuchen/ nicht bey Gott/
dann der iſt ſein Feind; nicht bey den Engeln und Außerwehlten/ dann
die ſind beleidiget; nicht bey den Mitverdamten/ dann die mehren die
Qual; am allerwenigſten bey ſeinem eigenem Gewiſſen/ dann das iſt ſein
Hencker.

V. Vermem dolorificum & cruciantem, Einen
Schmertz- und Marter-Wurm/ der unaußſprechliche
Schmertzen verurſachet;
dann das folgete auff der feurigen Schlan-
gen Biß der jenigen/ die in der Wuͤſten umbkamen; Was Schmertzen
mußten ſie außſtehen? Daher kommet das elende klagen/ Num. 21.Num. 21,
7.

Ach wir haben geſuͤndiget/ daß wir wider den HErren und
wider dich geredt haben!
Daraus entſtehet heulen und zaͤhnklappen.
O tormentis omnibus conſcientia gravior! Gewiſſens-Angſt und Pein/Quintil.
declam.
12.

uͤber alle Marter/ Qual und Pein; dann dieſer Schmertzen wuͤtet durch
alle affecten/ Gemuͤth und Willen: Er greiffet an die Freude/ den Zorn/
die Kuͤhnheit/ Furcht/ Scham vnd Barmhertzigkeit; er wuͤtet durch alle
Sinnen/ durch Augen und Ohren/ daß ſie das boͤſe zugelaſſen haben und

began-
Sechſter Theil. V u u u
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[705/0737] Predigt. der boͤſen Geiſter/ Furcht von der greulichen Geſellſchafft der Mitverdam- ten; Es wird da ſeyn mania, Vnſinnigkeit uͤber ſich ſelbſt/ eine verſtaͤndige Tollheit/ es wird die Schmertzen-Ruht empfunden werden/ und der Menſch verſtehen muͤſſen was er leidet/ daß es Ernſt ſey: Kein ἀναισϑησία, kein ſtupor oder thumme Vnempfindligkeit wird da ſtatt haben. Quo plus mundus percutitur, eo magis indurat frontem & ſtupeſcit quaſi ad ſua mala. At ſi quis in inferno tantum ſenſu pœnas & cruciatus ſuſtineret, & non intelligeret ſe juſtas pœnas ſuſtinere, tolerabiliores eſſent cruciatus. Si- cut nos noſtra mala nolumus agnoſcere & quaſi dedoluimus, ſed ibi auferetur ſtupor ille qui nunc obſtat, quo minus videamus miſeriam noſtram & aperien- tur ſenſus òmnes, ut non ſolum in corpore ſit ſenſus pœnæ, ſed etiam in ipsâ mente ſenſus iræ Dei & confeſſio, quod eam iram noſtrâ malitiâ meriti ſimus. Hæc acuent & infinitis modis augebunt impiorum cruciatus. ita D. Luther. in Geneſ. 3. fol. 60. 3. Horrore futuri; Mit Furcht und Schroͤcken wegen der kůnfftigen Marter/ die in alle Ewigkeit waͤhret; Gleich wie einem ma- leficanten/ der zum Tod verdamt/ im̃er angſt und bang iſt/ was man ſagt/ wie man ihm zuſpricht/ dencket er an die kuͤnfftige herbeynahende Straffe; Alſo auch ein Verdamter in der Hoͤlle/ da er nichts als einen abyſſum malorum, einen Abgrund der Marter und Qual fuͤr ſich ſihet/ uud aus Einbildung der Vnmoͤgligkeit/ daß ihm keine Erlaſſung widerfahren kan/ die Verzweifelung; Er kan nirgend Zuflucht ſuchen/ nicht bey Gott/ dann der iſt ſein Feind; nicht bey den Engeln und Außerwehlten/ dann die ſind beleidiget; nicht bey den Mitverdamten/ dann die mehren die Qual; am allerwenigſten bey ſeinem eigenem Gewiſſen/ dann das iſt ſein Hencker. V. Vermem dolorificum & cruciantem, Einen Schmertz- und Marter-Wurm/ der unaußſprechliche Schmertzen verurſachet; dann das folgete auff der feurigen Schlan- gen Biß der jenigen/ die in der Wuͤſten umbkamen; Was Schmertzen mußten ſie außſtehen? Daher kommet das elende klagen/ Num. 21. Ach wir haben geſuͤndiget/ daß wir wider den HErren und wider dich geredt haben! Daraus entſtehet heulen und zaͤhnklappen. O tormentis omnibus conſcientia gravior! Gewiſſens-Angſt und Pein/ uͤber alle Marter/ Qual und Pein; dann dieſer Schmertzen wuͤtet durch alle affecten/ Gemuͤth und Willen: Er greiffet an die Freude/ den Zorn/ die Kuͤhnheit/ Furcht/ Scham vnd Barmhertzigkeit; er wuͤtet durch alle Sinnen/ durch Augen und Ohren/ daß ſie das boͤſe zugelaſſen haben und began- Num. 21, 7. Quintil. declam. 12. Sechſter Theil. V u u u

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 705. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/737>, abgerufen am 22.11.2024.