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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657.

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Die Zwantzigste (Sechste)
genehmer: also fragen die Kinder dieser Welt nichts nach Geist-Lust/
Himmel-Lust/ Seelen-Lust; Vrsach/ Fleisches-Lust/ Augen-Lust/ hoffärti-
ges Leben das blendet sie/ aber es wird ihnen endlich der Glaube mit allzu-
langer Spat-Reu in die Hand kommen. Die Welt kan den Geist Gottes
nicht empfangen/ derselbe wohnet nicht in unreinen/ rohen/ sichern/ frechen
Seelen/ sondern in geängstigten und zerschlagenen Hertzen/ die in Gottes
heilsamen Ordnung begriffen/ durch Gebet seuffzen/ weinen/ geistliche
Vbung wird derselben herzu gelocket/ durch eben dieselbe Mittel fovirt und
erhalten/ aber hiervon weiß die Welt nichts.

Lasset Adrianum den Römischen Käyser ruffen/ und in diese ver-
zweifelte Wort seine Seel ansprechen: Animula, vagula, blandula, hospes
comesque corporis, quo nunc abibis in loca? pallidula, rigida, nudula,
nec ut soles dabis jocos.
O liebe/ irrende Seel/ die du ein Gast und Ge-
ferte des Leibes bist/ wo wilstu nun hinfahren? bleich/ erstarret/ nacket und
bloß/ und wirst hinfort nicht mehr schertzen/ wie du sonst pflegest. Lasset
zweifeln die Blinden im Papstumb/ da die Gewißheit der gnädigen Ver-
gebung der Sünden anathematisiret; Nemo fidelis citra peculiarem
revelationem potest aut debet fide divina certo & infallibiliter credere
sibi peccata remissa, gratiamque Dei justificantem collatam esse,
Kein
Sess. 6.
Concil.
Trid. can.
13. confer
Tanner.
tom. 2.
Theolog.
schol. disp.
6. quaest. 4.
dub. 5.
Hebr.
11, 6.
glaubiger Christ kan oder soll ausser sonderbarer Göttlicher Offenbarung
gewiß und unfehlbar nach Göttlichem (im Worte Gottes geoffenbarten)
Glauben sagen oder glauben/ daß ihm seine Sünde vergeben und die ge-
rechtmachende Gnade Gottes mitgetheilet seye. Lasset zweifeln die Zwing-
lianer/ denen es allenthalben fehlet a priori & posteriori, die Verheissung
ist particular, die Sacramenta particular, der Trieb des Heiligen Geistes
allein bey den Außerwehlten/ welche aber dieselbige seyen/ ist ungewiß; Die
Früchte des Glaubens sind Einbildungen/ wo man vom Glauben nicht
zuvor versichert/ Ohne Glauben ists unmöglich Gott gefallen;
Welche etwan den lebendigmachenden Glauben nicht fühlen/ dieselben/
so fern sie nur die Mittel der Bekehrung gebrauchen/ haben nicht zu er-
schrecken oder sich zu fürchten vor der Verdamnüß/ doch sollen sie unter-
dessen ie länger ie mehr fortfahren in der Erkäntnüß/ sollen täglich forschen
und verlangen nach der bekehrenden und widerruffenden Gnade. Aber
ihr sollts wissen/ die Kenn-Zeichen sird vorhanden.

Vnd demnach ist vonnöthen II. dokimasia reflexa, eine ver-
nünfftige Prufung;
Ein bestia oder unvernünfftiges Vieh sihet wol/
riechet/ höret etc. weiß aber nicht/ was und ob es riecht/ sihet und höret; Aber
dem Menschen ist gegeben notitia reflexa, eine solche Wissenschafft/ daß er

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Die Zwantzigſte (Sechſte)
genehmer: alſo fragen die Kinder dieſer Welt nichts nach Geiſt-Luſt/
Himmel-Luſt/ Seelen-Luſt; Vrſach/ Fleiſches-Luſt/ Augen-Luſt/ hoffaͤrti-
ges Leben das blendet ſie/ aber es wird ihnen endlich der Glaube mit allzu-
langer Spat-Reu in die Hand kommen. Die Welt kan den Geiſt Gottes
nicht empfangen/ derſelbe wohnet nicht in unreinen/ rohen/ ſichern/ frechen
Seelen/ ſondern in geaͤngſtigten und zerſchlagenen Hertzen/ die in Gottes
heilſamen Ordnung begriffen/ durch Gebet ſeuffzen/ weinen/ geiſtliche
Vbung wird derſelben herzu gelocket/ durch eben dieſelbe Mittel fovirt und
erhalten/ aber hiervon weiß die Welt nichts.

Laſſet Adrianum den Roͤmiſchen Kaͤyſer ruffen/ und in dieſe ver-
zweifelte Wort ſeine Seel anſprechen: Animula, vagula, blandula, hoſpes
comesq́ue corporis, quò nunc abibis in loca? pallidula, rigida, nudula,
nec ut ſoles dabis jocos.
O liebe/ irrende Seel/ die du ein Gaſt und Ge-
ferte des Leibes biſt/ wo wilſtu nun hinfahren? bleich/ erſtarret/ nacket und
bloß/ und wirſt hinfort nicht mehr ſchertzen/ wie du ſonſt pflegeſt. Laſſet
zweifeln die Blinden im Papſtumb/ da die Gewißheit der gnaͤdigen Ver-
gebung der Suͤnden anathematiſiret; Nemo fidelis citra peculiarem
revelationem poteſt aut debet fide divinâ certò & infallibiliter credere
ſibi peccata remiſſa, gratiamq́ue Dei juſtificantem collatam eſſe,
Kein
Seſſ. 6.
Concil.
Trid. can.
13. confer
Tanner.
tom. 2.
Theolog.
ſchol. diſp.
6. quæſt. 4.
dub. 5.
Hebr.
11, 6.
glaubiger Chriſt kan oder ſoll auſſer ſonderbarer Goͤttlicher Offenbarung
gewiß und unfehlbar nach Goͤttlichem (im Worte Gottes geoffenbarten)
Glauben ſagen oder glauben/ daß ihm ſeine Suͤnde vergeben und die ge-
rechtmachende Gnade Gottes mitgetheilet ſeye. Laſſet zweifeln die Zwing-
lianer/ denen es allenthalben fehlet à priori & poſteriori, die Verheiſſung
iſt particular, die Sacramenta particular, der Trieb des Heiligen Geiſtes
allein bey den Außerwehlten/ welche aber dieſelbige ſeyen/ iſt ungewiß; Die
Fruͤchte des Glaubens ſind Einbildungen/ wo man vom Glauben nicht
zuvor verſichert/ Ohne Glauben iſts unmöglich Gott gefallen;
Welche etwan den lebendigmachenden Glauben nicht fuͤhlen/ dieſelben/
ſo fern ſie nur die Mittel der Bekehrung gebrauchen/ haben nicht zu er-
ſchrecken oder ſich zu fuͤrchten vor der Verdamnuͤß/ doch ſollen ſie unter-
deſſen ie laͤnger ie mehr fortfahren in der Erkaͤntnuͤß/ ſollen taͤglich forſchen
und verlangen nach der bekehrenden und widerruffenden Gnade. Aber
ihr ſollts wiſſen/ die Kenn-Zeichen ſird vorhanden.

Vnd demnach iſt vonnoͤthen II. δοκιμασία reflexa, eine ver-
nuͤnfftige Průfung;
Ein beſtia oder unvernuͤnfftiges Vieh ſihet wol/
riechet/ hoͤret ꝛc. weiß aber nicht/ was und ob es riecht/ ſihet und hoͤret; Aber
dem Menſchen iſt gegeben notitia reflexa, eine ſolche Wiſſenſchafft/ daß er

zuruͤck
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[252/0284] Die Zwantzigſte (Sechſte) genehmer: alſo fragen die Kinder dieſer Welt nichts nach Geiſt-Luſt/ Himmel-Luſt/ Seelen-Luſt; Vrſach/ Fleiſches-Luſt/ Augen-Luſt/ hoffaͤrti- ges Leben das blendet ſie/ aber es wird ihnen endlich der Glaube mit allzu- langer Spat-Reu in die Hand kommen. Die Welt kan den Geiſt Gottes nicht empfangen/ derſelbe wohnet nicht in unreinen/ rohen/ ſichern/ frechen Seelen/ ſondern in geaͤngſtigten und zerſchlagenen Hertzen/ die in Gottes heilſamen Ordnung begriffen/ durch Gebet ſeuffzen/ weinen/ geiſtliche Vbung wird derſelben herzu gelocket/ durch eben dieſelbe Mittel fovirt und erhalten/ aber hiervon weiß die Welt nichts. Laſſet Adrianum den Roͤmiſchen Kaͤyſer ruffen/ und in dieſe ver- zweifelte Wort ſeine Seel anſprechen: Animula, vagula, blandula, hoſpes comesq́ue corporis, quò nunc abibis in loca? pallidula, rigida, nudula, nec ut ſoles dabis jocos. O liebe/ irrende Seel/ die du ein Gaſt und Ge- ferte des Leibes biſt/ wo wilſtu nun hinfahren? bleich/ erſtarret/ nacket und bloß/ und wirſt hinfort nicht mehr ſchertzen/ wie du ſonſt pflegeſt. Laſſet zweifeln die Blinden im Papſtumb/ da die Gewißheit der gnaͤdigen Ver- gebung der Suͤnden anathematiſiret; Nemo fidelis citra peculiarem revelationem poteſt aut debet fide divinâ certò & infallibiliter credere ſibi peccata remiſſa, gratiamq́ue Dei juſtificantem collatam eſſe, Kein glaubiger Chriſt kan oder ſoll auſſer ſonderbarer Goͤttlicher Offenbarung gewiß und unfehlbar nach Goͤttlichem (im Worte Gottes geoffenbarten) Glauben ſagen oder glauben/ daß ihm ſeine Suͤnde vergeben und die ge- rechtmachende Gnade Gottes mitgetheilet ſeye. Laſſet zweifeln die Zwing- lianer/ denen es allenthalben fehlet à priori & poſteriori, die Verheiſſung iſt particular, die Sacramenta particular, der Trieb des Heiligen Geiſtes allein bey den Außerwehlten/ welche aber dieſelbige ſeyen/ iſt ungewiß; Die Fruͤchte des Glaubens ſind Einbildungen/ wo man vom Glauben nicht zuvor verſichert/ Ohne Glauben iſts unmöglich Gott gefallen; Welche etwan den lebendigmachenden Glauben nicht fuͤhlen/ dieſelben/ ſo fern ſie nur die Mittel der Bekehrung gebrauchen/ haben nicht zu er- ſchrecken oder ſich zu fuͤrchten vor der Verdamnuͤß/ doch ſollen ſie unter- deſſen ie laͤnger ie mehr fortfahren in der Erkaͤntnuͤß/ ſollen taͤglich forſchen und verlangen nach der bekehrenden und widerruffenden Gnade. Aber ihr ſollts wiſſen/ die Kenn-Zeichen ſird vorhanden. Seſſ. 6. Concil. Trid. can. 13. confer Tanner. tom. 2. Theolog. ſchol. diſp. 6. quæſt. 4. dub. 5. Hebr. 11, 6. Vnd demnach iſt vonnoͤthen II. δοκιμασία reflexa, eine ver- nuͤnfftige Průfung; Ein beſtia oder unvernuͤnfftiges Vieh ſihet wol/ riechet/ hoͤret ꝛc. weiß aber nicht/ was und ob es riecht/ ſihet und hoͤret; Aber dem Menſchen iſt gegeben notitia reflexa, eine ſolche Wiſſenſchafft/ daß er zuruͤck

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 6. Straßburg, 1657, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus06_1657/284>, abgerufen am 22.11.2024.